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Revolution in Nordafrika? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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<strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Nordafrika</strong>?<br />

rechtmäßigen“ zu unterscheiden. Die Internationale Arbeiter-Assoziation (die 1., von<br />

Marx gegründete Internationale) habe zurecht „Internationale“, nicht „Ant<strong>in</strong>ationale“<br />

geheißen. „Das System enger Beziehungen zwischen den Nationen, das die Internationale<br />

anstrebt, setzt die Existenz von Nationen, ke<strong>in</strong>esfalls aber deren Vernichtung<br />

voraus. Wenn ich mich nicht mit der Verletzung rechtmäßiger Interessen –<br />

und noch weniger mit der Vernichtung irgende<strong>in</strong>er der e<strong>in</strong>zelnen Nationen – e<strong>in</strong>verstanden<br />

erklären soll, so folgt daraus, dass ich nicht das ger<strong>in</strong>gste Recht habe, die<br />

rechtmäßigen Interessen me<strong>in</strong>es eigenen Landes zu missachten.“ Dann argumentierte<br />

er mit der „Vaterlandsverteidigung“ der deutschen Sozialdemokratie: „Die organisierten<br />

deutschen Arbeiter haben auf dem Altar des Imperialismus nicht nur<br />

unzählige Opfer, ihre Freiheit und ihr Hab und Gut geopfert. Sie haben ihn auch<br />

noch mit e<strong>in</strong>er prächtigen Girlande ihrer eigenen imperialistischen Begierde geschmückt.“<br />

Die wirkliche Sachlage sei, „dass es den organisierten deutschen Arbeitern,<br />

die Scheidemann und Legien und Co. folgen, durchaus nicht gleichgültig ist,<br />

ob ihr Land als Sieger<strong>in</strong> aus dem jetzigen <strong>in</strong>ternationalen Zusammenstoß hervorgeht:<br />

Ihnen ist es bedeutend angenehmer, die Rolle von Ausbeutern zu spielen als<br />

die von Ausgebeuteten, die den Besiegten im imperialistischen Krieg unvermeidlich<br />

zufallen wird... Doch gerade weil den Besiegten unvermeidlich die unangenehme<br />

Rolle der Ausgebeuteten zufallen wird, ist es den Arbeitern der anderen Länder, z.B.<br />

Russlands, auch nicht e<strong>in</strong>erlei, auf wessen Seite sich das Kriegsglück wendet.“ (Georgi<br />

W. Plechanow: 1917 – zwischen <strong>Revolution</strong> und Demokratie, Berl<strong>in</strong>er Debatte<br />

Wissenschaftsverlag 2001.) Damit befürwortete Plechanow die Fortsetzung des<br />

Krieges durch die Provisorische Regierung Russlands gegen die Position Len<strong>in</strong>s und<br />

der Bolschewiki, e<strong>in</strong>seitig aus dem Krieg auszutreten – was dann ja nach der Oktoberrevolution<br />

erfolgte. Plechanows Argumentation ist hier deshalb aufschlussreich,<br />

weil sie zeigt, wie aus e<strong>in</strong>er sozialistischen Rabulistik heraus, die sich sogar auf<br />

Marx bezieht, die Kriegspolitik der Herrschenden unterstützt werden kann. Und die<br />

Logik der „Vaterlandsverteidigung“ der e<strong>in</strong>en wird zum Argument für die „Vaterlandsverteidigung“<br />

der anderen. Die Argumentationsfigur lässt sich unendlich fortsetzen,<br />

sie funktioniert aber nur, wenn man <strong>in</strong> der Logik der Herrschenden, die die<br />

Kriege führen, verbleibt. Damals hieß die Girlande, die um den imperialistischen<br />

Krieg gewunden wurde, „Vaterland und Nation“, heute heißt sie „Demokratie und<br />

Menschenrechte“ bzw. „Schutz der Zivilbevölkerung“.<br />

Erst jenseits der Logik der Kriegsherren kann e<strong>in</strong> kritischer Standpunkt e<strong>in</strong>genommen<br />

werden, der mit der Befürwortung des Kriegs bricht. Das hat beispielsweise<br />

Leo Trotzki getan, als er die Balkankriege 1912/13, die dem ersten Weltkrieg unmittelbar<br />

vorangegangen waren, analysierte. Er verurteilte die Unterstützung des bulgarischen<br />

Nationalismus ebenso, wie die des serbischen oder griechischen. Der<br />

rumänische war für ihn wie e<strong>in</strong>e fette Wanze, die den bulgarischen auszusaugen<br />

versucht, nachdem der durch die Kriege geschwächt war. Die Unterstützung des<br />

russischen Nationalismus und Imperialismus war ebenso ausgeschlossen, wie die<br />

Österreich-Ungarns. Das Proletariat Russlands könne nicht Romanow <strong>in</strong> den Kampf<br />

gegen Österreich schicken, Österreich sei ke<strong>in</strong> Fe<strong>in</strong>d und Romanow ke<strong>in</strong> Freund der<br />

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