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Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte - booksnow ...

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568 Referate.des Aufstandes. Letztere, als rein politische Aktion, interessiert unshier weniger. Die strenge Geltendmachung der staatlichen KirchenhoheitBayerns führte zu einer Reihe von Konflikten, obwohl die KirchenpolitikMaria Theresias <strong>und</strong> noch mehr die Josephs IL seinerzeit ganzähnUche Ziele verfolgt hatte wie jetzt jene Bayerns. Das findet aberzum Teil schon darin seine Erklärung, daß nach dem Tode Josephs ILdie österreichische Regierung, was kirchliche Fragen anbelangt, wiederin konservative Bahnen eingelenkt war. Die strenge Geltendmachungdes placetum i-egium sowie die Forderung unbedingten Gehorsams derSeelsorggeistlichkeit gegenüber Anordnungen der Regierung rief einelebhafte Opposition der Geistlichkeit hervor, namentlich in den beidenDiözesen Trient <strong>und</strong> Chur, wo es schließlich zur Deportation derBischöfe kam. Das mitunter recht kleinliche Vorgehen der bayrischenRegierung gegen volkstümliche Andachtsformen zog die breitestenVolksschichten unmittelbar in den Kirchenkampf herein.Die Einleitung der Militärstellung endlich stieß auf umso heftigerenWiderstand, als Tirol bisher sein Landesregiment nur durch freiwilligeAnwerbung oder strafweise Rekrutenzuweisung ergänzt hatte. Bedeutetedie Einführung der Rekrutierung nur die Gleichstellung Tirols mit denübrigen zu Bayern gehörigen Gebieten, so war doch der Zeitpunkt <strong>für</strong>ihre Einführung angesichts des bevorstehenden Krieges mit Osterreichhöchst unglücklich gewählt. Der Umstand aber, daß man seitensBayerns in Ansehung des heftigen Widerstandes, der gegen die Rekrutierungzutage trat, deren weitere Durchführung verschob, erschüttertedas moralische Ansehen der Regierung erheblich <strong>und</strong> ermuntertedie Anhänger gewaltsamen Umsturzes.Die tirolische Erhebung ist, nach ihren Ursachen <strong>und</strong> ihren Zielenbetrachtet, eine wesentlich im konservativen, ja noch richtiger im reaktionärenSinn wirkende Revolution <strong>und</strong> in dieser Hinsicht vergleichbarmit andern bäuerlichen Revolutionen, so jener des Jahres 1525.Man kann diese Bewegungen insofern als reaktionäre bezeichnen, alssie nicht so sehr auf eine Neugestaltung des politischen oder dessozialwirtschaftlichen Lebens gerichtet waren, sondern vielmehr auf eineWiederherstellung vergangener, zum Teil auch überlebter Zustände <strong>und</strong>Verhältnisse. Die Wiederherstellung der guten alten Zeit ist das Zielsolcher Erhebungen; „stara pravda", das alte Recht, wollten die slowenischenBauern Innerösterreichs im Jahre 1519 mit gewaffneter Handwiederhergestellt wissen; die alte Kirchenverfassung, die Wiederherstellungder bisherigen politischen Verhältnisse sowie der äußeren Bedingungen<strong>für</strong> das Wirtschaftsleben verlangten in ähnlicher Weise dietirolischen Bauern im Jahre 1809. Ebensowenig wie die Bauernerhebungzu Beginn der Neuzeit vermochte der Aufstand der Tirolersein Ziel in dieser Hinsicht vollständig zu erreichen. Was veraltet<strong>und</strong> überlebt war, vermochte auch die zähe Anhänglichkeit der Bauernnicht wieder zu beleben selbst die so heiß ersehnte Rückkehr der österreichischenHerrschaft war nicht imstande, die bäuerlichen Erwartungenvollkommen zu erfüllen, obwohl das Regiment Kaiser Franz I. einerVorliebe <strong>für</strong> Neuerungen wahrlich nicht geziehen Averden konnte.Innsbruck.Hermann Wopfnee.

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