Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte - booksnow ...

48 Johannes MüllerAber der Erfolg der zweiten Unterredung war kein besserer alsder der ersten. Schlüsselfelder berief sich gegenüber Derrers undHallers Ermahnungen, daß er durch seine Weigerung seine Ratspflichtverletze, darauf, daß doch auch früher einzelnen Ratsmitgliederneine Mission, die ihnen zugedacht worden, auf ihreindringliches Bitten erlassen worden sei, und daß der Rat ihnschon deshalb mit der Sache verschonen möchte, da seine Mitbürgerihm nachredeten, daß er die hässige Auflage auf dieBahn gebracht habe. Schließlich eröffnete Schlüsselfelder seineuzwei Amtskollegen unter ausbrechenden Zähren, die ihm dieAufregung über diesen seinen Leib und seine Seele zermarterndenHandel auspresste, seine innerste Meinung; er möchte, seitdemer die letzte Stadtrechnung gesehen, lieber tot als lebendigsein, denn er sehe gemeiner Stadt gänzliches Verderben vorAugen. Es wäre der Stadt bei einer solchen Schuldenlast nichtmehr zu helfen, auch nicht mit dem hässigen Getreideaufsatz.Alles wolle er auf sich nehmen, was ihm der Rat an Strafenzuerkenne, sich lebenslang auf den Turm sperren lassen; abersein sich selbst gegebenes Wort, zu diesem Werk sich nichtbrauchen zu lassen, niemals brechen.Der Rat, dessen Lage durch das Ruchbarwerden der vorhabendenMaßregel in der Stadt und durch die aufreizendenPredigten des Pfarrers Johann Schelhammer bei St. Lorenzeninzwischen noch schwieriger geworden war^), ließ sich von demeinmal beschrittenen Weg durch die angedeuteten Hindernissenicht abbringen, ordnete dem Ph. Geuder und Endr. Imhof alsdritten Verordneten den Hieron. Baumgärtner bei und suchte zunächstDeckung beim Rat der Genannten. Zur Begründung derMaßregel vor dem Genannten-Kollegium, dem das Vorhaben desStadtregimentes anfangs Januar eröffnet wurde, wurde neben derallgemeinen prekären Finanzlage der Stadt vor allem der Umstandherangezogen, daß dem Rat und der Stadt aus der Herbei-1) Pfarrer Schelhammer hatte in seiner Nenjahrspredigt 1576 dem ZweifelAusdruck gegeben, ob der Eat die Nahrung der Armen, wie das Gerüchtgehe, mit einem Ungeld belegen werde; sollte es aber wirklich geschehen,so würde er solch ein unchristliches Verfahren ans dem Wort Gottes strafen.Manual der Herreu Älteren Nr. G, Fol. 80.