Festivalkatalog der Ruhrtriennale 2021-V3
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Barbara Frey
ganz Konkretes, Unsentimentales damit: Das alles
ist nun vorbei? Oder gibt es eine Romantisierung des
Vergangenen?
UCS: Das lässt sich sicherlich nicht pauschal beantworten.
Es hat sich zuerst bei jenen, deren Werke stillgelegt
wurden, eine Haltung ausgeprägt, die sich beschreiben
lässt mit: »Hau weg die Scheiße!« Zunehmend zeigen wir
unsere besondere Form von Kulturlandschaft mit Freude:
Wir fahren mit unserem Besuch zur Jahrhunderthalle oder
auf Zollverein. Junge Leute eignen sich schon lange die Industrieorte
als Treffpunkte an. Was dann schon wieder zu
Konflikten führt, wenn es Lärm gibt und vermeintlich alles
vermüllt wird. Und dann gibt es die Kulturschaffenden, die
sich – wie Sie – künstlerisch mit Geschichte, Gegenwart
und Zukunft der Region auseinandersetzen.
BF: Mich interessiert etwas Ästhetisches.
»Winzige Pilze überzogen das ganze Äußere und hingen
in feinem verworrenem Netzwerk von den Dachtraufen.«
Poe beschreibt eine Hochzeit des Mauerwerks mit der
Natur. Das Haus ist von Menschenhand gebaut worden
und jetzt holt die Natur es sich wieder zurück.
Im Landschaftspark Duisburg-Nord zum Beispiel kann
man auf Spaziergängen sehen, wie Pflanzen in die Industrieruinen
hineingezüchtet werden. Man sieht Kultur
und Natur nebeneinander und damit den Wunsch
der Menschen, dass sich die Natur alles zurückholte.
Nachdem wir zuvor alles kaputt gemacht haben. Eine
widersprüchliche, verschrobene Romantik. Bei Poe
steht das verfallende Schloss für den Verfall der einsamen
Seele. Roderick Usher ist eins geworden mit dem
Mauerwerk. Das ist reine Literatur.
Was dringt in unsere Seele ein, wenn wir auf Industrieruinen
blicken, in denen Blumenbeete wachsen?
UCS: Ja, eine riesige Skulptur!
ICH BIN FASZINIERT,
WENN ICH MIR EINE
ZECHE ANSCHAUE
ODER DEN HOCHOFEN
IM LANDSCHAFTSPARK
VON AUSSEN
BETRACHTE, DIESES
GEWIRR VON ROSTIGEN
ROHREN. JE LÄNGER
ICH HINSCHAUE,
DESTO MEHR SEHE
ICH IRGENDWANN
EIN GIGANTISCHES
KUNSTWERK.
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