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Festivalkatalog der Ruhrtriennale 2021-V3

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Gesang ist so flüchtig wie Rauchkringel. Er lässt sich nicht konservieren oder im

Museum ausstellen, er existiert nur im Augenblick. Deshalb braucht es Zeitreisende wie

die Sänger:innen des belgischen Huelgas Ensembles, die uns Zuhörende in die Geheimnisse

der frühen Musikgeschichte einweihen. Wer einmal in den Bann ihrer überirdischen

A-cappella-Netze gezogen wurde, will tiefer hinabsteigen in das Reich der Vokalpolyphonie.

Paul Van Nevel, der musikalische Leiter des Ensembles, hat archäologische Pionierarbeit

auf diesem Gebiet geleistet und zahlreiche mehrstimmige Werke von Mittelalter

bis Frühbarock ausgegraben, über deren Komponisten man heute oft kaum mehr als

eine Grabinschrift kennt. Sein Programm für die Ruhrtriennale versammelt die freien

Radikale der Alten Musik, jene Regelverstöße und waghalsigen Experimente, die – wie

so oft – Innovationen in die Wege geleitet haben. Ein Organum aus Winchester von

1050 etwa gilt als erster Hinweis auf die Einführung einer zweiten Melodiestimme, die

das gängige Notationssystem sprengte; Pérotins frühes vierstimmiges Viderunt omnes

inspirierte indessen die Minimal Music des 20. Jahrhunderts; und das nahezu psychedelische

altfranzösische Rondo Fumeux fume par fumée deutet musikalisch aus, was die

mysteriös verschlungenen Worte verströmen.

Singing is as ephemeral as curls of smoke. It cannot be preserved or exhibited in a

museum: it exists only in the moment. That’s why we need time travellers like the singers

of the Belgian Huelgas Ensemble to initiate us into the secrets of the history of early

music. Anyone who has ever fallen under the spell of their other-worldly a capella

textures will find themselves exploring the profound depths of vocal polyphony. Paul

Van Nevel, the ensemble’s Musical Director, has conducted pioneering archaeological

work in this field, unearthing numerous polyphonic works dating from the Middle Ages

to the early Baroque period, whose composers are often recorded in little more than an

inscription on a gravestone. His programme for the Ruhrtriennale brings together the

free radicals of ancient music: rule-breakers and daring experimentalists who – as is

so often the case – paved the way for innovation. An organum from Winchester from

around 1050 is regarded as the first evidence of a second melodic voice that blew apart

the established system of notation: Pérotin’s early four-part Viderunt omnes inspired the

minimal music of the 20th century; and the almost psychedelic ancient French rondo

Fumeux fume par fumée expresses what its mysteriously convoluted lyrics resonate in

musical form.

Salzlager, UNESCO-Welterbe

Zollverein, Essen

Fr 24. September________20.00 Uhr

Sa 25. September________ 17.00 Uhr

Tickets: 22 / 32 / 42 €,

ermäßigt ab 11 €

Mit freundlicher Unter stützung

durch die RAG-Stiftung

www.ruhr3.com/fume

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