Festivalkatalog der Ruhrtriennale 2021-V3
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03
Was ist der wichtigste Satz oder Moment in Paisajes para
no colorear für dich?
CONSTANZA Für mich steht unvermeidlich der Tod
von Lizette Villa im Vordergrund. Neben dem Gefühl
der Verzweiflung, jemanden zu verlieren, erlebe ich den
Schmerz des Unrechts und der Schutzlosigkeit.
DANIELA Ich glaube, einer der wichtigsten Momente in
dem Stück ist, als Sofia, die aufblasbare Puppe, Selbstmord
begeht. Denn für mich ist das ein Beispiel dafür,
wie eine patriarchale und adultozentrische Gesellschaft,
die die Jugendlichen verdinglicht und vergewaltigt,
unser Leben zugrunde richten kann. Jugendsuizid
ist in unserem Land und in aller Welt ein drängendes
Thema. Und niemand hat sich dieser Situation angenommen,
um diesen jungen Menschen wirklich zu
helfen, ihnen zuzuhören und sie so zu unterstützen,
wie sie es brauchen.
Fredderick Undomiel Vásquez Petrone
ist ein 16-jähriger transgender Junge. Er wusste nie viel über sich
selbst, aber es war ihm immer klar, dass er von der Kunst leben
will, dass dort sein Platz ist. Zusammen mit dem wunderbaren Team
von Paisajes para no colorear ist dieser Traum Wirklichkeit geworden.
IGNACIA Ich habe viel über Gender, Sexualität, gesellschaftliche
Veränderungen, genderbasierte Gewalt
und tausend Sachen mehr gelernt. Während ich mich
selbst veränderte, veränderten sich auch meine Familie
und mein enger Freundeskreis, denn ich habe sie
informiert und dadurch manche Haltung verändert, die
heute wirklich nicht mehr »cool« ist.
Für mich ist es eine Ehre, auf der Bühne stehen zu
können, um ein so wichtiges Thema wie die genderbasierte
Gewalt und die Lebenswirklichkeit von Jugendlichen
in der heutigen Welt sichtbar zu machen. Eine
Verantwortung, weil du ja versuchst, tausende Generationsgenossinnen
zu vertreten, und das bestmöglich.
Und es ist ein riesiges Glücksgefühl, weil es nichts
Schöneres gibt, als auf die Bühne zu kommen, zu
spielen und die Reaktionen des Publikums zu spüren,
während man eine Botschaft wie diese verbreitet.
ANGELINA Der bewegendste Teil des Stücks ist für
mich der Schluss, wo wir uns an den Händen fassen
und dankbar sind, dass die Erwachsenen uns endlich
zuhören, ohne dass wir unterbrochen werden, und wir
ihnen klarmachen, dass wir viel zu besprechen, mitzureden
und zu erkämpfen haben, dass wir selbst über
unsere Körper verfügen und nie wieder Angst haben
werden.
IGNACIA Ein wichtiger Satz in dieser Szene lautet:
»Nie hat eine Gruppe Erwachsener uns so lange zugehört,
ohne dass wir unterbrochen wurden.« Dieser
Satz benennt den in der Welt herrschenden Adultozentrismus
und wie wir Teenager-Mädchen ständig
zum Schweigen gebracht werden, weil wir angeblich
»weniger wissen«.
Ignacia Atenas
16 Jahre, interessiert sich für Politik, die Welt und Feminismus. Ihr
Traum ist es, Präsidentin von Chile zu werden. Ihre Leidenschaften
sind rhythmische Sportgymnastik – wo sie zu den Besten in Chile
gehört – und Theater. Paisajes para no colorear ist das erste Stück,
an dem sie mitwirkte.
ALMENDRA MENICHETTI Dieses Stück hat mir geholfen,
meine ganzen Ängste auszugraben, meinen
ganzen Hunger und meinen Wunsch, die Wut rauszulassen,
für mich und alle meine Mitstreiterinnen.
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