Der Großvater Ein Lebensbild gezeichnet von AZ - Licht und Recht
Der Großvater Ein Lebensbild gezeichnet von AZ - Licht und Recht
Der Großvater Ein Lebensbild gezeichnet von AZ - Licht und Recht
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
117 Unfehlbarkeitserklärung <strong>und</strong> Krieg 1869 <strong>und</strong> 1870.<br />
Gemüter fühlen den Ernst der St<strong>und</strong>e. Da schreitet der König seiner Wohnung zu, sieht mich <strong>und</strong><br />
bleibt bei mir stehen: eine Zeit, die ich in meiner Bescheidenheit auf 15 Minuten, Andere viel länger<br />
anschlagen. Als nun in voller Gala der König weiter schritt, da grüßten die Prinzen <strong>und</strong> Generale<br />
<strong>und</strong> besonders General Herwarth wollte sich nicht weniger Zeit nehmen für mich, als der König getan<br />
hatte. – <strong>Der</strong> König, sehr bewegt, hatte meine <strong>Ein</strong>ladung zur Eröffnung der Rheinbrücke sehr<br />
freudig aufgenommen <strong>und</strong> wollte nur den Tag zu bestimmen sich vorbehalten. Am Abend spaziere<br />
ich in der Promenade. Gegen acht erschien Seine Majestät mit großem Gefolge, wandelte mit einer<br />
der Damen der fürstlichen Herrschaften, sah mich, übergibt die Dame an einen seiner Adjutanten,<br />
nimmt mich am Arme, geht mit mir an einen etwas zurückliegenden Ort der Promenade <strong>und</strong> spricht<br />
mit mir länger als am Morgen. Am Mittwoch schriftliche Endverhandlung mit dem Hofmarschallamt;<br />
am Donnerstag früh auf der Promenade Verabschiedung <strong>von</strong> Seiner Majestät. ‚Sie wollen verreisen?<br />
Ach, die Dinge haben sich sehr bedenklich, sehr dunkel gestaltet; man ist nicht zufrieden<br />
mit der Entsagung des Erbprinzen; man will meine Demütigung. Das kann ich nicht hinnehmen; es<br />
ist ja möglich, dass die Vermittlung befre<strong>und</strong>eter Mächte noch eine Beilegung erreicht; aber es<br />
scheint, dass man den Kampf will; es wird ein Kampf sein auf Leben <strong>und</strong> Tod; man will den Untergang<br />
Preußens; soll es untergehen, es wird mit Ehren untergehen, aber ich vertraue auf den Herrn!‘<br />
‚Nun, Majestät – erwiderte ich auf diese mit bewegter Stimme, zuletzt mit Tränen gesprochenen<br />
Worte – Ihr Vertrauen auf den lebendigen Gott, dessen Arm Eure Majestät die Ehre gaben nach den<br />
großen Siegen der letzten Jahre, <strong>und</strong> das Gebet <strong>und</strong> Flehen Ihres Volkes wolle nicht zu Schanden<br />
werden. Angeschrieben sei in dem Herzen des Gottes Ihrer <strong>und</strong> unserer Väter, dass Er das Haus der<br />
Hohenzollern wert geachtet hat, eine Bergung zu sein Seinem verfolgten, verzagten Volk, angeschrieben<br />
sei der Thron der Hohenzollern bei Ihm, dass er ihn befestige für <strong>und</strong> für. Unverzagt vertraue<br />
Ew. Majestät auf Gott!‘<br />
Hier wandte sich der König tief bewegt, ich weinte auch. ‚Leben Sie wohl‘ – <strong>und</strong> ich ging nach<br />
Hause, mein Bündel zu schnüren.“<br />
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _<br />
Am 18. Juli 1870 schrieb der <strong>Großvater</strong> also an den König:<br />
Großmächtigster König!<br />
Allergnädigster König <strong>und</strong> Herr!<br />
Die König-Wilhelms-Rhein-Eisenbahn-Brücke, über deren Eröffnung vor wenig Tagen Eure Majestät<br />
meinen alleruntertänigsten Vortrag huldvoll entgegenzunehmen geruheten, wird am 20. d. M.,<br />
übermorgen mit einem Geleise, am 24. mit zweien Geleisen für den Truppentransport bereit sein.<br />
Dieser erste Dienst des großen Werks, wie gewaltig verschieden <strong>von</strong> der beabsichtigten Feier,<br />
dennoch eine Eröffnung im ernsten Sinn mit Gott für König <strong>und</strong> Vaterland.<br />
Gott segne Eure Majestät mit Kraft <strong>und</strong> Sieg!<br />
Stärke sich des Königs Zuversicht in den herrlichen Geschichten der Kapitel 36 <strong>und</strong> 37 des Propheten<br />
Jesajas; <strong>und</strong> in den Erinnerungen der großen Taten <strong>von</strong> 1813, 1864, 1866!<br />
Mit Ehrfurcht ersterbe ich Euer Königlichen Majestät<br />
Elberfeld, am 18. Juli 1870.<br />
alleruntertänigster treugehorsamster,<br />
Daniel <strong>von</strong> der Heydt,<br />
Geheimer Commercienrat.