Der Großvater Ein Lebensbild gezeichnet von AZ - Licht und Recht
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Das Familienleben. 30<br />
Zu Mittag war große Table d’hôte im Salon, wohl an 80-100 Menschen, sehr interessant all die<br />
vielen fremden Gesichter, hauptsächlich Engländer, aber sehr third rate. – Sehr gutes Essen – Geschwirre,<br />
Geklirre – dann ging ich wieder hinauf, denn die Gegend wurde immer schöner, alle meine<br />
Erwartungen übertreffend. –<br />
Alle Viertelst<strong>und</strong>en neue Bilder, – Felsen mit kühn darauf gebauten Burgen, alte Ruinen – liebliche<br />
Weinberge – Andernach, Boppard, Stolzenfels – endlich die Loreley – Alles, Alles, was sich die<br />
Phantasie nur ausmalen kann. Schade nur, dass ein kalter Wind mich immer wieder vom Verdeck<br />
vertrieb <strong>und</strong> dass zuletzt Herz <strong>und</strong> Augen so müde vom Sehen <strong>und</strong> Bew<strong>und</strong>ern wurden, dass ich<br />
mich entschieden im Salon niederlassen musste <strong>und</strong> weiter nichts tun konnte, als ruhen. – Nur als<br />
wir uns Bingen näherten, rief mich Herr v. d. Heydt hinauf <strong>und</strong> so sah ich denn noch den Mäuseturm.<br />
–<br />
Es wurde jetzt immer dunkler <strong>und</strong> kälter, nach <strong>und</strong> nach suchten Alle den warmen Salon auf.<br />
<strong>Licht</strong>er wurden angezündet. – Draußen schlug der Regen gegen die Fenster – gegen 10 Uhr langten<br />
wir in Mainz an. In strömendem Regen gingen wir ans Land <strong>und</strong> fuhren nach dem Hotel de Hollande.<br />
Hier war schon vorher Quartier bestellt. –<br />
Wir wurden in der Bel-Etage in einen blendend eleganten Salon geführt – mit prächtigen Tapeten,<br />
Alles voll Goldleisten – rotdamastne Möbel – zwei vielarmige Leuchter brannten auf dem<br />
Tisch. <strong>Ein</strong>ige aßen noch zu Abend, die Anderen, unter denen ich mich befand, gingen gleich zu<br />
Bett. Ich schlief auch gleich ein <strong>und</strong> wachte erst wieder auf, als die Sonnenstrahlen in die Stube<br />
schienen.<br />
Vor den Fenstern war erst Straße, dann Eisenbahn <strong>und</strong> dann der breite Rhein – gegenüber Castell.<br />
3. Tag.<br />
Von Mainz nach Elberfeld.<br />
So waren wir denn in Mainz, so nah <strong>von</strong> Süddeutschland! – Nach dem üppigen Frühstück benutzten<br />
der Domprediger, Frl. <strong>von</strong> Jena <strong>und</strong> ich noch die Zeit, um etwas auf die Brücke zu gehen,<br />
die Mainz mit Castell verbindet. Von hier aus konnten wir die Stadt sehen – nicht fern lag der Taunus<br />
mit seinen bläulichen Höhen. Es war mir so w<strong>und</strong>erbar zu Mute – ein kurzer Tag hatte uns in so<br />
andere Gegenden gebracht, die Aussicht eröffnet auf den Süden – <strong>und</strong> wiederum ein kurzer Tag<br />
brachte uns zurück nach dem Norden.<br />
Die Rheinluft umwehte uns frisch <strong>und</strong> der Wind vertrieb mehr <strong>und</strong> mehr die Wolken. Wir gingen<br />
wieder in die Stadt <strong>und</strong> besahen das große Zeughaus, vor dem Haufen <strong>von</strong> Kugeln verschiedener<br />
Größe aufgeschichtet lagen.<br />
Dann bestiegen wir wieder unseren „Humboldt“. Auch heute waren die Flaggen, sowohl auf dem<br />
Schiff, als wie am Landungsplatze aufgezogen.<br />
Die Fahrt war viel schöner, als die gestrige. Sonnenblicke lagen auf den grünen Bergen <strong>und</strong> erhellten<br />
die schönen, wechselvollen Ufer. Wir saßen hinten am Schiff, im Schutze des Salons, <strong>und</strong><br />
ließen uns <strong>von</strong> der warmen, wohltuenden Sonne bescheinen! –<br />
Dann wanderte ich lange, lange umher, stand bald hier, bald dort an geschützten Stellen <strong>und</strong> betrachtete<br />
die malerische Landschaft <strong>und</strong> die Passagiere, unter denen heute auch interessantere waren,<br />
als gestern. Lange sah ich auch der heißen, mühevollen Arbeit derer zu, die das Feuer unterhielten.<br />
– Nach 1 Uhr war wieder Table d’hôte – nun ging es schnell rheinabwärts. Nach 3 Uhr ließen