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Der Großvater Ein Lebensbild gezeichnet von AZ - Licht und Recht

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89 <strong>Der</strong> Pastor <strong>und</strong> der Kirchmeister.<br />

Mehreres da<strong>von</strong> mit Augen gesehen <strong>und</strong> mit Händen getastet haben in Teplitz, wie der Herr der Gemeine<br />

Gebete unter anderem auch für unseren Prinzen den Regenten erhört hat.<br />

Fretum Deo Angeli curant.<br />

In brüderlicher Liebe <strong>und</strong> Ehrerbietung<br />

Ihr dankbarster<br />

Pastor Kohlbrügge.<br />

Nach dem Tode <strong>von</strong> Professor Wichelhaus in Halle folgte Kohlbrügge einer <strong>Ein</strong>ladung des Dompredigers<br />

Neuenhaus, der ihn bat, mit einem Besuche in Halle ungleich eine Predigt in der Domkirche<br />

zu verbinden. Es war dies für Kohlbrügge ein Ereignis <strong>von</strong> großer Bedeutung, denn seit dem<br />

Jahre 1834 hatte er keine Kanzel in der Landeskirche Preußens betreten. Niemand hatte ihn dazu<br />

aufgefordert. In Halle <strong>und</strong> Umgebung fand er manche Fre<strong>und</strong>e, unter den Studenten <strong>und</strong> Kandidaten<br />

noch einige Schüler <strong>von</strong> Wichelhaus. Mit großer Bewegung predigte er am 25. April 1858 über<br />

Apostelgeschichte 10, V. 42 <strong>und</strong> 43 – für Manche wohl schwer verständlich, für Alle aber eine<br />

hochwürdige, eigentümliche Erscheinung, –<br />

Nach der Predigt berichtete er an seinen Elberfelder Ältesten in dieser Weise: „Es ist geschehen!<br />

Habe wirklich gepredigt in Halle in der Schloss- <strong>und</strong> Domkirche. Viele Studenten waren gegenwärtig,<br />

auch Professoren der Universität. Das Singen des Liedes: „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ erklang<br />

wie Engelruf durch den Dom <strong>und</strong> hatte mich mächtig ergriffen. Es ist das Lied meines Knabenalters.<br />

Sang es oft mit meinem seligen Vater. Die Liebe <strong>und</strong> Zuvorkommenheit Vieler hier geht<br />

über alle Beschreibung. Die Studenten unseres seligen Johannes habe ich einen Abend bei mir gehabt<br />

<strong>und</strong> verließen mich dieselben hochbeglückt. Donnerstag war ein Essen mit zwei Superintendenten<br />

<strong>und</strong> zwei Predigern, die mich wirklich behandelten, als wäre ich ihr Papa. Im Gedächtnis an<br />

unseren Johannes empfand ich bei der Predigt, dass es einen Namen gibt hoch über alle Namen <strong>und</strong><br />

ein Wort, das mächtiger ist, als alle Vernunft mit ihrer Kritik <strong>und</strong> Philosophie. Zum Schluss erzähle<br />

ich Ihnen noch einen Spaß. Ich traf in Giebichenstein bei Pastor Zahn Professor Leo <strong>und</strong> band mit<br />

ihm ein wenig an. Er hat dann gesagt: er habe einen groben Holzschnitt in mir erwartet, habe aber<br />

einen feinen Kupferstich gef<strong>und</strong>en. Gestern sahen wir in der Marien-Bibliothek ein Wachskonterfei<br />

<strong>von</strong> Dr. Martin Luther an, <strong>von</strong> dem treuen Zeugen genommen, da seine Leiche in der Kirche übernachtete.<br />

Er saß bedeckt mit der Doktorkappe in einem Talar vor seinem Tisch, darauf eine Bibel.<br />

So muss er ausgesehen haben. Sehr lange blieb ich vor dem Bilde stehen! Das tat mir wohl – o so<br />

wohl! Auch ich, auch ich werd’ einst erlöset sein! Ich umarme Sie in der Treue der Liebe, womit ich<br />

Sie so sehr liebe in dem Herrn.“<br />

Als Kohlbrügge <strong>von</strong> dieser ihn so beglückenden Reise nach Elberfeld zurückgekehrt war, traf ihn<br />

bald darauf die Nachricht <strong>von</strong> dem Tode seines geliebten Sohnes Jakob, der als Hauptmann in holländischen<br />

Diensten in Java am Fieber in der Blüte seiner Jahre gestorben war. Tief erschüttert <strong>und</strong><br />

zermalmt hielt er damals die gewaltigen Predigten über Ps. 118. So wechselt im Leben der Gläubigen<br />

beseligende Freude <strong>und</strong> tief beugender Schmerz.<br />

Nach der Verheiratung <strong>von</strong> Anna Kohlbrügge mit dem Privatdozent Dr. Böhl in Basel, Ostern<br />

1861, konnte der <strong>Großvater</strong> wieder sein gütiges Sorgen <strong>und</strong> Walten gegen das Pastorenhaus offenbaren,<br />

<strong>und</strong> als dann im nächsten Jahre Kohlbrügge nach Basel zu seinen Kindern reiste <strong>und</strong> dort im<br />

Verkehr mit Riggenbach, Hagenbach <strong>und</strong> dem ehrwürdigen Antistes Preiswerk viel Anregung <strong>und</strong><br />

angenehmen Verkehr fand, auch dort über Jesus <strong>und</strong> Nathanael predigen konnte, bewirkte dies, wie<br />

immer, die wärmste Teilnahme des Fre<strong>und</strong>es, der in Elberfeld die Vertretung zu besorgen <strong>und</strong> die

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