Der Großvater Ein Lebensbild gezeichnet von AZ - Licht und Recht
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133 <strong>Ein</strong> Jubiläum.<br />
den letzten Tag, da ich Elberfeld verließ: Da hast du Psalm 113: er setzt die Bedrückten unter die<br />
Fürsten seines Volkes.<br />
In Holland ließ Gott mich alsbald wieder eine zweite Ehegattin finden, aus dem höchsten Adel<br />
des Landes, ein wahrhaftes Kind Gottes voll brennender Fragen nach dem Heil ihrer Seele. Gott der<br />
Herr gibt Gnade <strong>und</strong> Ehre.<br />
Meine Bestimmung aber blieb nach Elberfeld. Dreimal reiste ich den Rhein hinauf, aber nach Elberfeld<br />
konnte man mich nicht bringen. Ich sagte: das tu’ ich nicht, ich will nicht nach Elberfeld!<br />
ich habe daselbst zu viel gelitten. Es sind zwar etliche Aufrichtige da, daneben aber viel unreines<br />
Zeug; ich komme nicht mehr dorthin. Ich blieb in Utrecht, wo die Regierung wieder alles tat, um<br />
mich auf die Kanzel zu bekommen. Es half aber nicht, es konnte die mächtige Synode nicht dazu<br />
veranlasst werden. Ich wurde wieder krank <strong>und</strong> so krank, dass es beinah um mein Leben geschehen<br />
war. <strong>Der</strong> Arzt wusste keinen andern Rat als: gehen Sie nach Godesberg <strong>und</strong> trinken Sie da den<br />
Brunnen. Da wurden die Koffer gepackt <strong>und</strong> ich kam nach Godesberg mit meiner lieben Frau <strong>und</strong><br />
meiner Tochter Anna, während meine Söhne, der eine auf der Militärakademie war, der andere Ökonomie<br />
studierte. In Godesberg suchten mich meine lieben alten Fre<strong>und</strong>e auf; auch unser lieber Bruder<br />
Daniel <strong>von</strong> der Heydt, für den ich mich freue, dass er dies alles noch mit erlebt hat. Da kam<br />
denn wieder die Bitte an mich: ich sollte nach Elberfeld kommen. Ich wollte es nicht, denn ich<br />
wollte keine besondere Gemeine haben. Da hat mich aber Gott durch eine lächerliche Sache aus Utrecht<br />
vertrieben. Ich ging nach Elberfeld wider meinen Willen. Als ich in Düsseldorf war, bat mich<br />
Jemand, ich solle preußischer Untertan werden, sonst würden die Gensdarmen mich über die Grenze<br />
bringen; aber ich erwiderte: Lass sie nur kommen, es wird mich freuen; dass ich gehe ist Gottes<br />
Weg <strong>und</strong> wo es Gottes Weg ist, bringt ein ganzes Regiment mich nicht fort.<br />
In Elberfeld angekommen, hab’ ich einen traurigen Zustand gesehen. Merket auf Ihr jungen Leute!<br />
Eure Eltern kamen nicht mehr zur Kirche, denn die Agende, wenn auch nur die kleine, war eingeführt<br />
worden. Manche arbeiteten sogar am Sonntag <strong>und</strong> weil keine Predigt des Wortes Gottes da<br />
war, war auch Streit da. <strong>Der</strong> <strong>Ein</strong>e hatte diese eigentümliche Ansicht, der Andere jene – das war<br />
schrecklich! Nun ging ich zu den Pastoren <strong>und</strong> sagte: Ich bin gekommen, um der zerstreuten Schafe<br />
willen, die sehe ich als meine Schafe an, mit denen bin ich seit 1833 verb<strong>und</strong>en. Sie müssen gesammelt<br />
werden: helft mir dazu! Nehmt mich auf als Glied Eurer Gemeine, aber eines sage ich: ich protestiere<br />
gegen Union <strong>und</strong> Agende <strong>und</strong> so müsst Ihr mich aufnehmen. Da nahmen sie mich dann auf,<br />
aber als ich aufgenommen war, hieß es alsbald: ich müsse aus Elberfeld fort. ‚Nein,‘ sagte ich, ‚das<br />
nicht! ich möchte es gerne tun, denn ich hasse <strong>von</strong> Herzen jede besondere Gemeine <strong>und</strong> liebe <strong>von</strong><br />
Herzen die evangelisch-reformierte Gemeine Elberfelds. Aber ich gehe nicht weg. Sind denn die<br />
Schafe der großen Gemeine treu <strong>und</strong> bewährt? Ja. Nun gut, dann nehme ich die verlassenen Schafe<br />
für mich! nur verfolgt mich nicht!‘<br />
Nun sehe ich Euch alle vor mir. Ich bin seit 25 Jahren in Eurer Mitte. Das hätte ich damals nicht<br />
gedacht – in einem Alter <strong>von</strong> 68 Jahren, <strong>und</strong> ihr seht, Gott der Herr stärkt mich ganz besonders.<br />
Aber nun <strong>Ein</strong>es: heiße Wünsche sind an mich herangekommen, Gott möge mich Euch erhalten.<br />
Meine Wünsche aus väterlichem Herzen gehen an Euch: wandelt in der Furcht des Herrn! bleibet<br />
bei der Wahrheit, welche ich Euch mitgeteilt habe, auf welcher ich lebe <strong>und</strong> sterbe, <strong>und</strong> wo<strong>von</strong> ich<br />
weiß, dass es das ist, was alle Jahrh<strong>und</strong>erte hindurch die Kirchenväter <strong>und</strong> Reformatoren auf Gr<strong>und</strong><br />
des Wortes Gottes gelehrt haben. Ich sterbe darauf <strong>und</strong> widerrufe <strong>von</strong> allem was ich geschrieben<br />
<strong>und</strong> was Ihr in Händen habt, kein Titel <strong>und</strong> Jota. Ich weiß, dass es Gottes Wort ist in reinem Gold<br />
<strong>und</strong> Silber, denn nicht habe ich es aus dem Ärmel geschüttelt, sondern aus tiefstem Leiden heraus<br />
habe ich es Euch mitgeteilt. Nun hört mich, namentlich Ihr jungen Leute – denn die meisten der Al-