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Der Großvater Ein Lebensbild gezeichnet von AZ - Licht und Recht

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71 Die öffentliche Tätigkeit.<br />

nen <strong>und</strong> dankbar annehmen lernen, welche sich ihm, ohne seine Berührung zu scheuen, liebevoll<br />

entgegen streckt <strong>und</strong> alles, was sie an, ihm tut, sei es Gabe, Rat, Ermahnung oder Strafe, nur um des<br />

Gebots der Liebe willen verrichtet.<br />

Jede Vermittelung zwischen dem Pfleger <strong>und</strong> dem Armen, sei es, dass der dritte die ersten Erk<strong>und</strong>igungen<br />

einzieht oder die spätere Kontrolle übt, oder das Almosen überbringt, muss nicht bloß die<br />

richtige Erkenntnis der besonderen. Lage des Falles <strong>und</strong> seiner Entwickelung trüben <strong>und</strong> mangelhaft<br />

machen, sondern sie muss auch das Bewusstsein der Nächstenpflicht bei dem Pfleger <strong>und</strong> das<br />

Gefühl des dankbaren Vertrauens bei dem Armen zurückdrängen <strong>und</strong> endlich den amtlichen Charakter<br />

des Verhältnisses mit allen seinen verderblichen Folgen wieder in den Vordergr<strong>und</strong> treten lassen.<br />

Dieser persönliche Verkehr mag wohl überall vorgeschrieben sein; aber ich zweifle, dass er an<br />

vielen Orten in dem ganzen vorbezeichneten Umfange fortgesetzt <strong>und</strong> ausnahmslos geübt wird.<br />

2. In allen mir bekannten Armen-Ordnungen ist das <strong>Recht</strong> der Almosen-Bewilligung, mit Ausnahme<br />

der zur Beseitigung der augenblicklichen <strong>und</strong> dringendsten Not erforderlichen Gaben, nicht<br />

in die Hand derjenigen Personen, welche die Verhältnisse des Armen unmittelbar zu prüfen haben,<br />

sondern eines angeordneten Kollegiums, sei es der obersten Verwaltungsbehörde oder einer Abteilung<br />

derselben, oder einer Bezirksbehörde, gelegt. Die Absicht hierbei ist offenbar gewesen: Willkür<br />

<strong>und</strong> Verschiedenartigkeit im Verfahren zu verhindern. Aber man hat damit zugleich die Entscheidung<br />

aus der Hand <strong>Der</strong>jenigen genommen, welchen allein die volle Kenntnis des Sachverhaltes<br />

<strong>und</strong> der aus unmittelbarer Anschauung hervorgegangene <strong>Ein</strong>druck beiwohnt; man hat gleichzeitig,<br />

was schlimmer ist, dem Pfleger einen Quell der Freudigkeit, deren er in seinem mühevollen<br />

Amte so dringend bedarf, verschlossen, indem man ihn, dem man die ganze Tat der persönlich hingebenden<br />

Liebe zumutet, zum bloßen Antragsteller <strong>und</strong> Vermittler gemacht hat. Ganz abweichend<br />

hie<strong>von</strong> überlässt die neue Armen-Ordnung die definitive Beschlussnahme über alle Almosen lediglich<br />

dem Bezirks-Kollegium der Pfleger selbst, <strong>und</strong> diese <strong>Ein</strong>richtung hat sich vollständig bewährt.<br />

Die einzelnen Pfleger <strong>und</strong> Bezirke wetteifern miteinander in pünktlicher Befolgung der vorgeschriebenen<br />

allgemeinen Normen, <strong>und</strong> die eingeführten, mit Sorgfalt <strong>und</strong> Festigkeit gehandhabten<br />

Kontroll-Maßregeln haben sich als vollständig ausreichend erwiesen, um die vereinzelten Abweichungen<br />

wieder zur Regel zurückzuführen <strong>und</strong> die <strong>Ein</strong>heit der Verwaltungs-Gr<strong>und</strong>sätze zu wahren.<br />

3. Wenn ich den ersten Punkt, die persönliche Hingebung der Pfleger, als denjenigen bezeichnen<br />

musste, welcher der Sache nach am wesentlichsten sei, so gilt dasselbe in formeller Beziehung <strong>von</strong><br />

dem dritten Punkte, der Beschränkung des Pflegers auf ein kleines Arbeitsfeld. Ja hierin liegt die alleinige<br />

Möglichkeit zur nachhaltigen Durchführung des ganzen Systems.<br />

Die früheren Pflegebezirke umfassten in Elberfeld zuweilen 50 <strong>und</strong> mehr Familien, ähnlich wird<br />

es an vielen Orten sein. Es ist aber einleuchtend, dass die Bewältigung eines so ausgedehnten Wirkungskreises<br />

für einen Menschen überhaupt schwierig, ganz unmöglich aber für Jeden ist, welcher<br />

den größten Teil seiner Zeit einem anderweiten Lebensberufe zu widmen hat. Es wird dem Pfleger<br />

bei dem besten Willen kaum gelingen, gelegentlich einen flüchtigen Blick auf die Verhältnisse einer<br />

solchen Menge <strong>von</strong> Personen zu werfen. Von einer genauen Untersuchung der Ursachen der Not<br />

<strong>und</strong> der zu gründlicher Abhilfe vorhandenen Mittel oder gar <strong>von</strong> einer fortgesetzten Beobachtung<br />

der Entwickelung der Verhältnisse kann gar keine Rede sein. Die Hilfe muss notwendig auf das Äußerlichste<br />

beschränkt bleiben, häufig ganz unnütz an Unberechtigte oder in unrichtiger Weise gewährt<br />

werden; die einmal gewährten Gaben müssen stetige, das <strong>Ein</strong>treten vermittelnder oder aushelfender<br />

amtlicher Organe muss unvermeidlich werden. Man darf <strong>und</strong> soll keinem Menschen, auch

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