Der Großvater Ein Lebensbild gezeichnet von AZ - Licht und Recht
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25 Das Familienleben.<br />
anhänglichsten Jüngerinnen des Wortes. Frau Professor Wichelhaus erhielt das Gedächtnis ihres<br />
teuren Mannes in der Gemeine <strong>und</strong> war durch die Feinheit <strong>und</strong> Bildung ihres Geistes ein geehrter<br />
Gast in dem Hause des <strong>Großvater</strong>s, der manche zarte Angelegenheit vermittelte <strong>und</strong> nicht ohne <strong>Ein</strong>fluss<br />
auf ihn war. Auch unter den Männern der Gemeine gab es einige, zu denen sich der <strong>Großvater</strong><br />
persönlich hingezogen fühlte, wie der vertraute Arzt des Hauses Dr. Keller, der alte Friedrich Thiel,<br />
ein einfacher aber wohlgegründeter Weber, Abraham Hold, Wilhelm Greeff, Peter Schumacher, den<br />
er auch einmal mit P. Kohlbrügge in Wermelskirchen besuchte, es war vor der Siegesfeier 1866, wo<br />
es dann ein sehr fröhliches Zusammensein in dem gastfreien Hause gab, das auf einer der Höhen<br />
des waldig-hügeligen Landes eine herrliche Anlage besitzt, die bald darauf eine sehr willkommen<br />
geheißene Zweiglinie der Bergisch-Märkischen Eisenbahn durchschnitt.<br />
Die geistvolle, muntere <strong>und</strong> originelle Frau Lütge, eine Holländerin, kam auch viel ins Haus, um<br />
mit der Großmutter ein Plauderstündchen zu verbringen. Die Großmutter fand das tiefste Verständnis<br />
für alles Geistliche bei ihr. Es bestand zwischen beiden Fre<strong>und</strong>innen ein Geben <strong>und</strong> Nehmen,<br />
wie es selten gef<strong>und</strong>en wird. Herr Lütge, der einst um seines Glaubens willen aus dem Seminar in<br />
Wolfenbüttel gestoßen war <strong>und</strong> auf die <strong>Ein</strong>ladung <strong>von</strong> Karl v. d. Heydt hin sich nach Elberfeld gewandt<br />
hatte, war der beliebte <strong>und</strong> treue Lehrer der Kinder, ja fast der ganzen Stadt in den Anfangsgründen<br />
des Wissens. Dieser fre<strong>und</strong>liche, liebevollste Mann hatte ein Leben voll Arbeit <strong>und</strong> ein<br />
Ende voll Sieg des Glaubens. Seine Schüler erkannten nach seinem Tode seine Verdienste durch die<br />
Stiftung einer großen Summe an, die der Witwe die ausreichenden Mittel zur theologischen Bildung<br />
ihres jüngsten Sohnes bot.<br />
Mit seinen Hausgenossen, mit den Herren im Comptoir Delosea, Rittershaus, dem Pfleger des<br />
Gartens, Thiel <strong>und</strong> dem alten Daniel Hoffmann, mit seinem alterprobten Diener Friedrich, der<br />
Haushälterin Frl. Dorchen Corts <strong>und</strong> dem treuen Bröcker verkehrte der <strong>Großvater</strong> gütig <strong>und</strong> maßvoll<br />
<strong>und</strong> wusste sie mit bew<strong>und</strong>ernswertem Geschick zu leiten <strong>und</strong> anzustellen. <strong>Ein</strong> Hausmädchen<br />
Amalie Murmann mit ihrer Schwester Ida leisteten ihm bis in den Tod die treusten Dienste. Thiel<br />
starb jung. <strong>Der</strong> <strong>Großvater</strong> schreibt <strong>von</strong> ihm:<br />
„Mein Fre<strong>und</strong> Thiel, um welchen meine Seele voll Bekümmernis ist, wurde am Sonntag<br />
früh <strong>von</strong> seiner Mutter weinend angetroffen: ‚Schmerzt dich etwas?‘ fragte die zärtliche Mutter<br />
den Sohn; denn die Seite <strong>und</strong> der Rücken sind w<strong>und</strong> vom Durchliegen, aber auch nicht mit<br />
einem Laut oder Gebärde ist seit der Krankheit ein Klagen, Ungeduld, Murren hervorgetreten.<br />
‚Ach!‘ sagte der heimgehende liebe Jüngling, ‚ich weine nicht um Schmerzes willen; die Tränen<br />
der Freude müssen ja hervorbrechen bei solcher Barmherzigkeit, Fre<strong>und</strong>lichkeit <strong>und</strong><br />
Güte, womit unser Heiland solch einen armen Menschen erquickt. Ja, die Heimgegangenen<br />
des Erlösers, die haben es gut, bei dem Lamm auf ewig grüner Weide!‘ – – – – – –<br />
Dein weiterer Bericht über Professor N. ist, erschütternd. Welch ein Gegensatz zu solchem<br />
Weisen <strong>und</strong> Klugen, zu solchem Manne der Wissenschaft, dieser falschen Göttin, wenn im<br />
Dienste des ungehorsamen <strong>und</strong> abtrünnigen Menschen, welcher jedoch das ganze Heer der<br />
Gelehrten Gottesdienst tut oder den Gottesdienst nicht versagt wissen will, <strong>und</strong> zu solchem<br />
Ansehen <strong>und</strong> Ruhm – die stille <strong>Ein</strong>falt eines unmündigen Schafes der Herde des guten Hirten,<br />
welches in Frieden entschläft, getröstet <strong>von</strong> seinem Heilande. Welch ein Gegensatz ein Leben<br />
– vor den Menschen – der Wahrheit, der Treue, der Ehren, der Tugenden herrlicher Art voll,<br />
während diese einfältige Seele im Gefühl der Heiligkeit des Gesetzes Gottes, seines Gerichts<br />
<strong>und</strong> seines Namens rang <strong>und</strong> flehte um Vergebung <strong>und</strong> um deren Gewissheit, <strong>und</strong> seliglich erhört<br />
wurde. Die Züge, welche ich noch <strong>von</strong> den Eltern höre aus dem Leben dieses Jünglings,<br />
sind lieblich <strong>und</strong> erhebend. Seine Gehaltsgelder brachte er stets der Mutter; sie gab ihm dann