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Der Großvater Ein Lebensbild gezeichnet von AZ - Licht und Recht

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41 Dr. Friedrich Kohlbrügge.<br />

jetzigen Lage nicht zu verwalten. An Schmähungen in der streitsüchtigen Stadt gegen die „Kohlburen“<br />

fehlte es natürlich nicht.<br />

<strong>Der</strong> Gedanke, Kohlbrügge zum Hilfsprediger oder fünften Prediger an der alten Gemeine zu machen,<br />

trat nun bei dem Presbyterium in immer ernstere Betrachtung. Man hoffte so den Riss auszugleichen.<br />

Kohlbrügge selbst war zu allem bereit, nur nicht zur Annahme der Agende <strong>und</strong> der Kirchenordnung.<br />

Man hoffte auch im Presbyterium selbst bei dieser Gelegenheit die lästigen Zeichen<br />

der Union loszuwerden. Superintendent Ball selbst gab Kohlbrügge den Rat, sich nur unter dem<br />

Vorbehalt aufnehmen zu lassen, dass er sich nicht auf die Neuerungen verpflichte. Ohne seinen<br />

Fre<strong>und</strong>en etwas mitzuteilen, meldete sich am 2. November Kohlbrügge zur Annahme in die große<br />

Gemeine mit der Bedingung, dass er zu nichts verpflichtet werde, was im Gottesdienst <strong>und</strong> in der<br />

Regierung der Kirche dem reformierten Bekenntnis entgegen wäre. Bald erwachte die Bewegung,<br />

die seine Annahme nicht wünschte <strong>und</strong>, ohne die Ältesten mithinzuziehen, erwarteten ihn die Pastoren<br />

allein am folgenden Mittwoch Abend im Waisenhause, um mit ihm zu verhandeln. Nach einem<br />

Gebet <strong>und</strong> Verlesung <strong>von</strong> Joh. 17. wurde Kohlbrügge aufgefordert, sich über das Gesetz, die Empfängnis<br />

des Herrn <strong>und</strong> über die Kindertaufe zu erklären. Seine feierliche Erklärung über die ewige<br />

Bedeutung des Gesetzes griff in die Gewissen. Dann brachte man sein Buch über Matth. 1. <strong>und</strong> forderte<br />

wegen eines Passus Widerrufung. Kohlbrügge sagte: „Das tu ich nicht,“ <strong>und</strong> gab eine Auseinandersetzung<br />

über die falsche Lehre, welche die Sünde in der Materie suche. Dann kam es zur Verhandlung<br />

über Thamar <strong>und</strong> auch hier gaben die Pastoren zu, dass Thamar <strong>Recht</strong> <strong>und</strong> Gerechtigkeit<br />

gesucht habe. Weiter fragte man: warum er seine Kinder nicht habe taufen lassen, warum er nicht<br />

kirchlich getraut sei? Kohlbrügge gab eine Schilderung der traurigen Zustände in Holland <strong>und</strong> erklärte,<br />

dass ein Domine aus Menschenfurcht ihm die kirchliche Trauung versagt habe. Zuletzt beantwortete<br />

er drei Fragen aus dem Formular <strong>und</strong> man gab ihm die Hand <strong>und</strong> nahm ihn in die Gemeine<br />

auf. Kohlbrügge betete dann ergreifend für die Kirche <strong>von</strong> Elberfeld. In der Stadt herrschte<br />

große Freude. F. W. Krummacher sagte am nächsten Sonntag der Gemeine: „Liebe Gemeine, freue<br />

dich! du hast ein gutes Werk getan; ihr habt den Gottesmann, der 17 Jahre unterdrückt <strong>und</strong> verfolgt<br />

wurde, diese Woche in euren Schoß aufgenommen!“ Unter seinen Fre<strong>und</strong>en fand Kohlbrügge indessen<br />

kein Verständnis. Sie schrieben ihm die seltsamsten Gründe zu. Endlich brachte er sie zu der<br />

Überzeugung, dass er diesen Schritt aus Liebe zur ganzen Stadt getan habe, die in Massen zu seinen<br />

Predigten drang.<br />

In allen diesen Bemühungen, Kohlbrügge für die große Gemeine zu gewinnen, herrschte keine<br />

wirkliche Lauterkeit <strong>und</strong> Wahrheit. Man benützte gleich den Übertritt desselben, um die lästigen<br />

Sonntagsversammlungen zu unterdrücken. Als er fragte: wo sollen aber die bleiben, die mich berufen<br />

haben? antwortete man: in der Kirche. Ja, erwiderte Kohlbrügge, doch nicht ohne Bedingungen,<br />

dann muss zuvor eine alle zufriedenstellende Vergleichung geschehen. „Nein, das tun wir nicht,<br />

dann hieße es, wir hätten gesündigt.“ Kohlbrügge erklärte dann in großem Ernst, dass er seine Verpflichtungen<br />

gegen die Getrennten erfüllen werde, dass er nicht allein stehe, <strong>und</strong> lediglich darum<br />

gekommen sei, um die Last <strong>von</strong> allen Gewissen zu nehmen, <strong>und</strong> dass er so lange den Seinen dienen<br />

werde, bis dass aller Anstoß beseitigt sei <strong>und</strong> das alte Vertrauen wiederhergestellt. <strong>Ein</strong> Pastor besuchte<br />

ihn dann <strong>und</strong> drohte ihm mit Wegweisung aus Elberfeld. Man wollte die Agende nun wieder<br />

nicht fallen lassen. Kohlbrügge war ruhig in der Empfindung: <strong>Der</strong> Strick ist zerrissen, wir sind frei,<br />

unsere Hilfe steht in dem Namen des Herrn, der Himmel <strong>und</strong> Erde gemacht hat <strong>und</strong> der hoch erhaben<br />

ist über alle Wogen <strong>und</strong> Wellen. Die Palmblätter schrieben: Dass jede Tendenz einer Sektenbildung<br />

Dr. Kohlbrügge fremd ist, ist nunmehr hinreichend konstatiert. Dem Presbyterium wurde die<br />

schwierige Sache endlich unangenehm <strong>und</strong> es gab dieselbe mit 8 gegen 9 Stimmen ganz in die Hän-

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