Der Großvater Ein Lebensbild gezeichnet von AZ - Licht und Recht
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Die öffentliche Tätigkeit. 72<br />
wenn er vom lebendigsten Eifer beseelt ist, mehr zumuten, als er auf die Dauer ohne Überanstrengung<br />
seiner Kräfte <strong>und</strong> ohne Vernachlässigung seiner sonstigen Pflichten verrichten kann; andernfalls<br />
kann die Erschlaffung oder das allmähliche Zurücktreten hinter jene anderen, sich mit Kocht<br />
wieder geltend machenden Pflichten nicht ausbleiben. <strong>Ein</strong>e Armenpflege, wie ich sie oben geschildert<br />
habe, ist nur dann möglich, wenn man <strong>Ein</strong>richtungen trifft, durch welche die Teilnahme einem<br />
Jeden, der bereit ist, sich der Arbeit helfender Liebe zu unterziehen, welchen Berufes <strong>und</strong> Standes er<br />
sei, möglich gemacht wird. Dies wird aber nur dann der Fall sein, wenn man ihm ein Gebiet überweist,<br />
so klein, dass er dasselbe ohne übermäßige Anstrengung in den ihm freigelassenen St<strong>und</strong>en<br />
vollständig <strong>und</strong> nachhaltig durcharbeiten kann.<br />
Ich zweifle nicht, dass diese Ansicht sich auch anderweit geltend gemacht hat, weil sie ja auf die<br />
Natur der Sache selbst gegründet ist <strong>und</strong> sich wohl überall erfahrungsmäßig aufgedrängt hat. Allein<br />
eine so große Anzahl <strong>von</strong> Pflegebezirken, wie sie bei einer Beschränkung derselben auf wenige Armenfamilien<br />
in großen Städten erforderlich wird, setzt die Bereitwilligkeit einer eben so großen<br />
Menge <strong>von</strong> geeigneten <strong>und</strong> zu dem, unter allen Umständen schwierigen <strong>und</strong> mühevollen Amte der<br />
Armenpflege bereiten Männern voraus. Es scheint in der Tat, dass man anderenorts nicht geglaubt<br />
hat, dieselben finden zu können; denn es ist mir nicht bekannt geworden, dass entsprechende <strong>Ein</strong>richtungen<br />
getroffen worden sind. Auch in Elberfeld, wo 252 Pflegebezirke einzurichten waren,<br />
wurden deshalb mannigfache Bedenken laut. Aber die Zweifler sind beschämt worden, <strong>und</strong> es gereicht<br />
mir zu ganz besonderer Freude, hier sagen zu können, dass sich seit dem nunmehr 6jährigen<br />
Bestehen der neuen Verwaltung unausgesetzt eine größere Anzahl der tüchtigsten Kräfte freiwillig<br />
zur Verfügung gestellt hat, als wirklich benutzt werden, konnte. Zunächst erklärten sich einige Männer<br />
<strong>von</strong> entschiedener Hingebung an die der neuen Organisation zu Gr<strong>und</strong>e liegende Idee, – teils<br />
unbesoldete Mitglieder der städtischen Behörden, teils Bürger, – willig, das an die Spitze der ganzen<br />
Verwaltung zu setzende Kollegium zu bilden; dieselben haben die Arbeit der <strong>Ein</strong>- <strong>und</strong> Durchführung<br />
der neuen Gr<strong>und</strong>sätze geleitet <strong>und</strong>, ungeachtet der vielfachen <strong>und</strong> umfangreichen Geschäfte<br />
ihres bürgerlichen Berufes, die Verwaltung seither mit starker Hand zusammengehalten. Für die<br />
zahlreichen Ämter der Bezirksvorsteher <strong>und</strong> Pfleger aber erbat sich die städtische Behörde, um der<br />
<strong>Ein</strong>richtung <strong>von</strong> vorne herein dem Geist zu sichern, in welchem sie gedacht <strong>und</strong> geschaffen war, die<br />
Vorschläge der kirchlichen Presbyterien. Unter den solchergestalt gewählten Männern sind fast alle<br />
Stände vertreten: Beigeordnete <strong>und</strong> Stadtverordnete, Direktoren <strong>und</strong> Lehrer der höheren Schulen,<br />
Elementarlehrer, große <strong>und</strong> kleine Kaufleute <strong>und</strong> Fabrikanten, Rentner, Handlungsgehilfen, Webermeister<br />
<strong>und</strong> andere Handwerker. Alljährlich haben seitdem die regelmäßigen Ergänzungswahlen<br />
stattgef<strong>und</strong>en. Jedesmal aber hat die große Mehrzahl derjenigen, welche nach dreijähriger Amtsdauer<br />
ausscheiden konnten, auf dieses <strong>Recht</strong> verzichtet <strong>und</strong> sich freudig zur Fortführung des Amtes bereit<br />
erklärt. Wirklich ausgetreten sind fast nur solche, welchen es ihre sonstigen Verhältnisse ganz<br />
unmöglich machten, im Amte zu verbleiben. Für die Wiederbesetzung der eröffneten Stellen aber<br />
hat es, wie gesagt, nie an bereiten <strong>und</strong> geeigneten Männern gefehlt. Bei der Auswahl derselben ist,<br />
wie ich ausdrücklich bemerke, ohne irgend eine Ausschließlichkeit in Bezug auf Bekenntnis verfahren<br />
worden. Nur darnach ist gefragt worden, ob nach ihrem Wandel angenommen werden könne,<br />
dass sie bereit seien, sich dem Amte mit persönlicher Hingebung zu unterziehen <strong>und</strong> mit Treue darin<br />
auszuharren. Dieses vorurteilsfreie Verfahren in der Heranziehung Aller zur gemeinsamen Liebesarbeit<br />
hat wesentlich dazu beigetragen, die Achtung vor dem neuen Institute <strong>und</strong> die Dienstwilligkeit<br />
gegen dasselbe bei der gesamten Bürgerschaft zu befestigen; es hat der Verwaltung die tüchtigsten<br />
Kräfte gewonnen <strong>und</strong> gleichzeitig diesen Kräften die Bahn einer Tätigkeit eröffnet, deren segensreiche<br />
Rückwirkung auf das eigene Innere vielfach empf<strong>und</strong>en <strong>und</strong> bezeugt worden ist.