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Der Großvater Ein Lebensbild gezeichnet von AZ - Licht und Recht

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<strong>Der</strong> Pastor <strong>und</strong> der Kirchmeister. 98<br />

lich geworden sein; sah sich aber immer nach ihm um, bis er es wieder über sich gewann, ihm sein<br />

Händchen zu reichen <strong>und</strong> ihn beim Abschiede sogar zu grüßen. Es ist ein lieblich kräftig Kind <strong>und</strong><br />

meine Sorge, seine geistige Entwickelung möchte wegen der außerordentlichen Korpulenz noch zurücktreten,<br />

war unnötig, denn es geht beides Schritt für Schritt. <strong>Der</strong> gütige Gott behüte das liebe<br />

Kind.<br />

So in der Stille den Tag des Herrn vor mir, überschaue ich die ganze gegenwärtige Entwickelung<br />

in Kirche <strong>und</strong> Staat. Wohl lag <strong>und</strong> liegt die Welt immer im Argen, wir selbst aber leben in der Gegenwart<br />

<strong>und</strong> so tritt mir der furcht- <strong>und</strong> offenbare Abfall der ganzen Christenheit, besonders in Europa<br />

erschütternd entgegen. So es möglich wäre, würden auch die Auserwählten mit versinken. Da<br />

gedenke ich auch an eure Gemeinde <strong>und</strong> das in derselben heranwachsende junge Geschlecht; möge<br />

Bruder Kohlbrügge, mit Kraft aus der Höhe angetan, sie weiden <strong>und</strong> bauen!<br />

Grüße ihn herzlich <strong>von</strong> mir <strong>und</strong> auch alle deine lieben Kinder in der Nähe <strong>und</strong> Ferne.<br />

Es hat Gott gefallen, mich auf die Seite zu setzen, <strong>und</strong> es harret Seiner Güte<br />

Giebichenstein, den 5.1.1866.<br />

dein dich liebender Bruder<br />

Bei der Nähe des Todes <strong>von</strong> Zahn schrieb der <strong>Großvater</strong>:<br />

Zahn.<br />

Ich denke in Liebe <strong>und</strong> Ehrerbietung an den Kranken; habe mich gefragt, ob ich gen Halle<br />

ziehen <strong>und</strong> vor seinem Abschied ihn noch sehen möchte. Aber das wäre doch wohl nur Zeichen<br />

einer Liebe, welche, wurzelnd in dem gemeinsamen Bekenntnis des im Wort geoffenbartea<br />

versöhnenden Gottes, hinweist auf den ewigen B<strong>und</strong> der Gnade, aufgerichtet <strong>von</strong> Gott<br />

zwischen Ihm <strong>und</strong> den Seinen <strong>und</strong> ihren Kindern nach ihnen, nämlich wenn sie, die Seinen,<br />

entschlafen. Friede ihm, dem lieben Bruder! <strong>Der</strong> Friede Gottes, höher als alle Vernunft, hauche<br />

seiner Seele ungestörten Genuss der Gnade zu. Aber was ist in solcher Zeit ein Mensch<br />

mit all seiner Liebe? Gott, welcher auf Seinen Armen das müde Lamm trägt, entbrennt in eine<br />

Liebe, da<strong>von</strong> wir nur ein Wörtlein vernehmen, dieses Wörtlein, das einzige mit uns durch den<br />

Tod <strong>und</strong> in den Tod gehende Gut, welches wir aber nicht ermessen noch verstehen können.<br />

Ich bin mit Herz <strong>und</strong> Seele an dem Lager des Leidenden; <strong>und</strong> danke Gott, der uns nahe zusammengeführt<br />

<strong>und</strong> unsere Kinder in Ihm selbst verb<strong>und</strong>en hat. – Nochmal, mein lieber Bruder,<br />

Handschlag <strong>und</strong> Kuss. –<br />

In Giebichenstein lernte er bei seinen Besuchen auch Leo kennen <strong>und</strong> dieser war so fre<strong>und</strong>lich,<br />

ihm eine Rezension eines Schriftchens eines rheinischen Schulrates zu senden, der häufig Gast in<br />

<strong>Großvater</strong>s Hause war. Wir lassen dieselbe hier folgen, da sie Leos Eigentümlichkeit treffend wiedergibt<br />

<strong>und</strong> ein Beweis ist, wie der <strong>Großvater</strong> überall nach rechtem Urteil <strong>und</strong> Wahrheit suchte.<br />

Es sind viel allgemeine Sätze in der Abhandlung, die lediglich auf dem Gebrauche nicht scharf umrissener Abstraktionen<br />

ruht, sogar was eigentlich unter „ethischem Prinzip“ verstanden werden soll, ist mehr zu ahnen als präzis<br />

ausgedrückt. Das Verständnis solcher Abstraktionen wird vorausgesetzt, während dasselbe sehr dehnbar ist <strong>und</strong><br />

deshalb leicht zu hohlen Sätzen führt. Wollte man <strong>von</strong> verschiedenen Standpunkten aus diese allgemeinen Abstraktionen<br />

in ganz scharfen Bestimmungen aufnehmen, so würden sich sogar einzelne Widersprüche nachweisen<br />

lassen. Sie sind aber in vager Dehnsamkeit gebraucht, so dass ein dialektisches Verhältnis derselben gegen einander<br />

abgelehnt werden kann; aber sie bedeuten deshalb auch nichts <strong>Recht</strong>es. Dass die Zustände der Gegenwart etwas<br />

anderes seien als das Bewusstsein der Gegenwart darüber, wird doch durch die Erklärung S. 5: dass sie zuweilen<br />

mit Vorbedacht (also bewusst) herbeigeführt seien, wieder zur vagen Phrase – denn ein scharfes: Wo das?

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