Der Großvater Ein Lebensbild gezeichnet von AZ - Licht und Recht
Der Großvater Ein Lebensbild gezeichnet von AZ - Licht und Recht
Der Großvater Ein Lebensbild gezeichnet von AZ - Licht und Recht
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Der</strong> reformierte Presbyter. 34<br />
„Mitten unter der friedlichen Ausübung eines Gottesdienstes, dessen segensreiches Bestehen uns<br />
bis nahe auf die reformatorische Zeit zurückführt, eines Gottesdienstes, dessen mit dem Geiste des<br />
Protestantismus im vollen <strong>Ein</strong>klang stehende erhabene <strong>Ein</strong>fachheit unserer reformierten Gemeine<br />
zu allen Zeiten ebenso ehrwürdig, wie teuer war, eines Gottesdienstes, nach dessen köstlichen Gebräuchen<br />
unsere Väter <strong>und</strong> Mütter getauft, in den Heilswahrheiten unserer allerheiligsten Religion<br />
unterrichtet, konfirmiert, <strong>und</strong> im Heiligen Abendmahl mit dem gesegneten Brot <strong>und</strong> Wein gespeiset<br />
<strong>und</strong> getränkt wurden, eines Gottesdienstes, nach dessen Ritus unsere teure Kirche dann in ihrem<br />
schönsten Schmucke prangte, wenn je <strong>und</strong> je in ihren ehrfurchtgebietenden Mauern die Herzen <strong>von</strong><br />
allem Sinnlichen hinweg auf das allein <strong>und</strong> vollkommen <strong>und</strong> gültig stellvertretende Opfer unseres<br />
hochgelobten Herrn <strong>und</strong> Heilandes Jesu Christi hingewiesen wurden, – eines Gottesdienstes, dessen<br />
Erhaltung aus tausend Gründen uns um keinen Preis <strong>und</strong> um keinerlei Ehre feil sein darf, so lange<br />
uns nicht mit göttlicher Autorität ein anderer dargeboten wird, der für die Ehre des dreieinigen Gottes<br />
feuriger, geistvoller eifert, <strong>und</strong> seinen hochheiligen Befehlen gemäßer ist, – unter dem friedlichen<br />
Genusse eines solchen Gottesdienstes, sage ich, drängt sich der bedrängten reformierten Kirche<br />
dieser Lande gewaltsam ein Kultus auf, <strong>von</strong> dessen Wesen <strong>und</strong> Folgen sie in banger Erwartung<br />
seit beinahe zwei Jahrzehnten erschrickt. Vergebens aber sind unsere Erklärungen <strong>und</strong> Protestationen<br />
gewesen, vergebens der Abscheu unserer Gemeine, vergebens unsere Wünsche, das zu behalten,<br />
was wir haben, um es unsern Kindern unangetastet, unverkümmert so zu hinterlassen, wie wir<br />
es <strong>von</strong> unsern zum Teil in Gott ruhenden Vätern überkamen – unser Widerstand vergebens.<br />
In unsern geliebten Bergen, deren Besitz nach glücklichem Siege über den fremden Zwingherrn<br />
<strong>und</strong> damals zuerst seit der Reformation <strong>von</strong> katholischer Botmäßigkeit auf Preußens protestantische<br />
Krone überging, wo aber die alte Jülich-Bergische Kirchenordnung seit dritthalb Jahrh<strong>und</strong>erten<br />
rechts- <strong>und</strong> vertragsmäßig bestehet, soll <strong>von</strong> nun an – so lautet der Königliche Befehl – aufgehoben<br />
sein, was bestehet, <strong>und</strong> nicht in Übereinstimmung ist mit der neuen Kirchenordnung, die <strong>von</strong><br />
Staatswegen oktroyirt wird.<br />
Teure Kollegen! Lassen sie uns in dieser hochwichtigen Angelegenheit eine Prüfung derjenigen<br />
Gefühle nicht unterdrücken, die sich unser bei der K<strong>und</strong>e <strong>von</strong> dem Königl. Erlass zunächst bemeisterten!<br />
War es etwa das Gefühl, einem unzweifelhaften Bedürfnis, wie die Ordre besagt, werde<br />
nun abgeholfen? Wenn wir der Proklamation des landesherrlichen Befehls durch das Amtsblatt unseres<br />
Regierungsbezirks voraneilend, auf nicht offiziellem Wege durch die Zeitungen Kenntnis <strong>von</strong><br />
dessen Inhalt suchten, war es Ungeduld, das mit Dankestränen zu lesen, was unsere Gottesdienste<br />
verschönern, unsere <strong>Recht</strong>e <strong>und</strong> Freiheiten, wo nicht erweitern, so doch gesetzlich anerkennen,<br />
einen etwa unterbrochenen äußeren Frieden mit der anderen protestantischen Konfession wiederherstellen<br />
sollte, – oder war es nicht vielmehr das Herandrängen des Entsetzens, welches mit einem<br />
Male das kaum Geglaubte, den ganzen Zusammenhang der verhängnisvollen Botschaft zu wissen<br />
begehrt: wie unser Gottesdienst entheiligt (so nenne ich es, wenn Kreuzschlagen, Kruzifix <strong>und</strong> Kerzen,<br />
obgleich vorläufig erlassen, im Hintergr<strong>und</strong> unser warten –), wie unser <strong>Recht</strong> mit Füßen getreten,<br />
die protestantische Kirche ihres Salzes beraubt werden soll!<br />
So stehen wir denn nun an einem Abgr<strong>und</strong>, dessen schauerliche Tiefe mich entsetzt! Ich übersehe<br />
den blümigten Strand, die verführerischen Blüten am Abhang, <strong>und</strong> bin feierlich verpflichtet, in meinem<br />
Innern genötigt, als einer der Vertreter unserer Gemeine, zu ermessen, wo heute der Fuß stehet,<br />
<strong>und</strong> in welchen Abgr<strong>und</strong> wir hinabstürzen sollen. Wenn uns auch heute unser Bekenntnisname nicht<br />
geraubt wird, wenn auch unser Gottesdienst (welcher durchaus nicht wie früher bestehen, sondern –<br />
der Landesherr gebeut es – umgeformt werden soll) eine geraume Zeit, so viel wird nachgegeben,<br />
nicht allen Bestimmungen des, Gesetzes augenblicklich angepasst werden soll, so liegt doch die Zu-