Der Großvater Ein Lebensbild gezeichnet von AZ - Licht und Recht
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5. <strong>Der</strong> Aufruhr in Elberfeld <strong>und</strong> der Besuch des Königs. <strong>Der</strong> Patriot.<br />
Die in den ersten Monaten 1849 stattgef<strong>und</strong>enen Beschlüsse der deutschen National-Versammlung<br />
zu Frankfurt a/M. hatten auch in Elberfeld <strong>und</strong> Umgegend große Aufregung hervorgerufen.<br />
Die Auflösung der preußischen Kammer, das Gerücht <strong>von</strong> der <strong>Ein</strong>berufung der Landwehr vermehrten<br />
dieselbe. Versammlungen der Landwehr <strong>von</strong> Elberfeld <strong>und</strong> benachbarten Orten, welche erklärten,<br />
dass sie allein dem Rufe der National-Versammlung zu Frankfurt Folge leisten würden, erhoben<br />
die Fahne der Revolution. Als der Oberbürgermeister <strong>von</strong> Carnap die Hilfe der Bürgerwehr zur Aufrechthaltung<br />
der Ordnung in Anspruch nahm <strong>und</strong> die Nachricht <strong>von</strong> dem Anzuge des Militärs sich<br />
verbreitete, wurde er, als er sich zum Bahnhof begab, um dem Kommandanten des etwa einrückenden<br />
Militärs Kenntnis <strong>von</strong> den Zuständen der Stadt zu geben, mit Heulen, Schreien <strong>und</strong> Steinwürfen<br />
verfolgt <strong>und</strong> flüchtete sich mit Mühe vor den wütenden Volksmassen. Als am 9. Mai Nachmittags<br />
wirklich ein Bataillon Infanterie nebst einer Abteilung Ulanen <strong>und</strong> zwei Geschützen in die Stadt<br />
einrückten, begann das Bauen der Barrikaden. Das Haus des Oberbürgermeisters wurde völlig demoliert.<br />
Er selbst flüchtete in den Saal der niederländisch-reformierten Gemeine <strong>und</strong> versteckte sich<br />
in der Kanzel. Aus roten Fenstergardinen machte man Fahnen <strong>und</strong> ließ sie an Stangen geb<strong>und</strong>en<br />
oben auf der Barrikade flattern. Das Arresthaus <strong>und</strong> die für Gefangene bestimmte Stadtwaage wurden<br />
erbrochen, die Insassen für den Aufstand geworben, die Mobilien zerstört <strong>und</strong> gestohlen. Auch<br />
das Rathaus stürmte man <strong>und</strong> raubte die dortigen Waffen. In einigen Gegenden der Stadt kam es<br />
auch an jenem Abend zu einem ernstlichen Zusammenstoß mit dem Militär; es fielen einige Bürger<br />
<strong>und</strong> an der großen Barrikade vor dem Trümmerhaufen des <strong>von</strong> Carnap’schen Hauses wurde der<br />
Hauptmann <strong>von</strong> Uttenhoven erschossen. Das fortwährende Schießen, die ertönenden lauten Rufe<br />
um Hilfe für die ermordeten Brüder machten einen schauerlichen <strong>Ein</strong>druck. In der folgenden Nacht<br />
heulte das Sturmgeläute durch die wildbewegte Stadt <strong>und</strong> rief bewaffnete Zuzüge aus der Umgegend<br />
herbei. Das Militär verließ auf empfangene Ordre die Stadt – doch brachte das keine Ruhe. Es<br />
bildete sich ein Sicherheits-Ausschuss, der eine neue Annäherung des Militärs verhindern sollte. <strong>Ein</strong><br />
besonderer Militär-Ausschuss sollte die reinen Militärangelegenheiten verwalten. Von Münster wurde<br />
ein ehemaliger Leutnant <strong>von</strong> Mirbach herbeigerufen, der den Schutz der Stadt gegen die Soldaten<br />
des Königs in die Hand nehmen sollte, <strong>und</strong> der viele Barrikaden bauen ließ, auch die <strong>Ein</strong>wohner<br />
<strong>und</strong> die herzuströmenden Fremden mit gewaltsam requirierten Waffen <strong>und</strong> Montierungen ausrüstete.<br />
Er brachte es zur Bildung <strong>von</strong> 14 Compagnien. Höchst gewaltsam <strong>und</strong> herrisch trat der Sicherheits-Ausschuss<br />
auf <strong>und</strong> verausgabte während seiner achttägigen Herrschaft etwa 11000 Taler. Er<br />
veröffentlichte einen amtlichen Bericht über die Vorfälle in Elberfeld <strong>und</strong> schrieb in alle Welt hinein:<br />
die Stadt gleicht einer Festung, Barrikaden reihen sich an Barrikaden <strong>und</strong> mehrere Lazarette<br />
sind eingerichtet. Zuzüge aus der Umgegend <strong>von</strong> nah <strong>und</strong> fern haben den ganzen Tag zahlreich<br />
stattgef<strong>und</strong>en. In der ganzen Bewegung spricht sich nur der eine Gedanke aus, dass man ein einiges,<br />
freies Deutschland will etc.<br />
Um seine Unterwürfigkeit unter die Nationalversammlung in Frankfurt zu beweisen, sandte man<br />
einen Bürger als Boten dorthin ab.<br />
Wahnsinnige Beschlüsse <strong>und</strong> Proklamationen steigerten immer mehr die Anarchie: „<strong>Der</strong> Augenblick<br />
ist gekommen, wo Elberfeld durch sein moralisches Übergewicht, anerkannt <strong>von</strong> allen Parteien,<br />
den Ausschlag geben müsste, wo es die Aufgabe Elberfelds war, dem Lande Brüder zu erhalten,<br />
Ströme Bluts in den Adern zurückzuhalten, die sonst in Bächen die Straßen durchfließen, in Lachen<br />
das Land düngen müssten. Die Landwehr Elberfelds hat ihre Aufgabe erkannt; der Dank des Vaterlandes,<br />
der Ruhm der Nachwelt, der Segen <strong>von</strong> Millionen ist an ihre Füße geknüpft.“