Der Großvater Ein Lebensbild gezeichnet von AZ - Licht und Recht
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69 Die öffentliche Tätigkeit.<br />
gentümliche Verbindung nicht lebensfähig <strong>und</strong> jedenfalls den Anforderungen jener schweren Zeit<br />
nicht gewachsen. Nach einjährigem Bestehen musste sie, unter allgemeiner Verwirrung <strong>und</strong> Schulden,<br />
aufgelöst werden, <strong>und</strong> die Zentral-Wohltätigkeits-Anstalt trat für die ganze Stadt in das Leben.<br />
34 Jahre lang, bis zum Jahre 1853, hat dieselbe mit wenigen Änderungen in der Verfassung als ein<br />
rein bürgerliches Institut bestanden. Dem Gesetze gemäß war sie unabhängig <strong>von</strong> den städtischen<br />
Verwaltungs- <strong>und</strong> Polizei-Behörden; tüchtige, opferwillige Kräfte waren in ihr tätig; jahrelang hielt<br />
man auch die <strong>Ein</strong>sammlung freiwilliger Gaben aufrecht. Aber das Institut vermochte sich vor dem<br />
<strong>Ein</strong>dringen jenes toten Wesens, welches ich oben als den gefährlichen Feind der bürgerlichen Armenpflege<br />
geschildert habe, nicht zu bewahren. Die freiwilligen Gaben wurden <strong>von</strong> Jahr zu Jahr geringer<br />
<strong>und</strong> alljährlich musste ein bedeutender Mehrbedarf im Steuerwege aufgebracht werden; zuletzt<br />
verweigerten auch die Willigsten ihre Gaben, weil sie nicht geneigt waren, nach Leistung des<br />
vollen, ihren Verhältnissen entsprechenden Betrages, bei der Steuerumlage noch einmal zu bezahlen<br />
<strong>und</strong> diejenigen zu übertragen, welche freiwillig nichts oder zu wenig gegeben hatten. Die <strong>Ein</strong>sammlungen<br />
hörten daher auf <strong>und</strong> der ganze Bedarf wurde auf die städtischen Steuern genommen. Dabei<br />
wuchs die Summe dieses Bedarfs <strong>und</strong> die Zahl derer, welche Unterstützung erhielten oder suchten,<br />
in erschreckender Weise. In keinem Jahre genügte der Voranschlag dem Bedürfnis; alljährlich mussten<br />
Etatsüberschreitungen in großen Beträgen, bald im Wege der Kollekte, bald durch eine nachträgliche<br />
Steuer, gedeckt werden. Das ganze Finanzwesen der Stadt geriet darüber in Verwirrung,<br />
<strong>und</strong> man musste endlich erkennen, dass eine vollständige Änderung des Systems notwendig sei,<br />
wenn einer Zerrüttung des städtischen Wohlstandes vorgebeugt werden solle.<br />
<strong>Ein</strong>gedenk des alten Gutes, welches man so ungern verloren hatte <strong>und</strong> nach dessen Wiedererlangung<br />
sich so viele Herzen sehnten, richteten sich die Blicke zunächst wieder auf die Kirche. Im<br />
März 1850 bekannte sich der gesamte städtische Gemeinderat zu dem Inhalte einer Denkschrift,<br />
worin ausgeführt wurde, dass in der Zurückgabe der Armenpflege an die kirchlichen Gemeinden der<br />
einzige Weg zu gründlicher <strong>und</strong> nachhaltiger Besserung gegeben sei, <strong>und</strong> beauftragte den Vorsitzer,<br />
mit den Gemeinden darüber in Verhandlung zu treten. Es wurde darauf an dieselben zunächst die<br />
Frage gerichtet: ob sie die Aufbringung der zur Armenpflege erforderlichen Mittel im Wege freiwilliger<br />
Gaben für möglich hielten <strong>und</strong> ob sie dieselbe versuchen wollten? Diese Frage wurde jedoch<br />
nur <strong>von</strong> der kleinen, etwa tausend Seelen zählenden niederländisch-reformierten Gemeinde bejaht,<br />
welche seit ihrer Gründung im Jahre 1847 eine vollständige kirchliche Armenpflege gehabt <strong>und</strong> bewahrt<br />
hat. Von allen übrigen wurde dieselbe entweder unbedingt verneint oder doch nur unter der<br />
unerfüllbaren Bedingung bejaht, dass die freiwilligen Gaben, falls ihr Betrag nicht ausreiche <strong>und</strong><br />
daher eine ergänzende Steuer umgelegt werden müsse, auf dieselbe angerechnet werden dürften.<br />
Darauf erbot sich die Stadt, die nötigen Mittel im Steuerwege selbst zu beschaffen <strong>und</strong> den Presbyterien<br />
zur Spende zu übergeben. Auch hierauf ging nur eine der drei großen Gemeinden ein <strong>und</strong><br />
schon nach 2½ Jahren löste sie das Verhältnis wieder auf. Die zweite lehnte das Anerbieten ab, weil<br />
„eine kirchliche Armenpflege dem Prinzip <strong>und</strong> Wesen nach nur diejenige sein könne, welcher eine<br />
kirchliche unabhängige Armenzucht zu üben freistehe <strong>und</strong> welche die Verwalterin des christlichen<br />
Almosens, der freiwilligen Gabe christlicher Liebe sei; in dem Angebotenen sei nicht etwa eine Anbahnung<br />
oder ein Übergang zu wahrer kirchlicher Armenpflege, sondern ein Fehlweg zu erkennen,<br />
auf welchem dieses Ziel nicht zu erreichen sei.“ Diesen Ablehnungsgründen gegenüber machte die<br />
städtische Behörde noch ein Zugeständnis, indem sie zur Wahrung der kirchlichen Zucht es der Kirchengemeinde<br />
frei stellte, solche dürftige Personen, welchen sie, ihres hartnäckig sündhaften Wandels<br />
halber, die kirchliche Gabe vorenthalten zu müssen glaube, der weltlichen Obrigkeit zur Verpflegung<br />
zu überweisen. In Betreff des zweiten Punktes, der Aufbringung der Mittel durch Liebes-