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Der Großvater Ein Lebensbild gezeichnet von AZ - Licht und Recht

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23 Das Familienleben.<br />

Schönheitssinn, der ihn alles Liebliche gleich erblicken <strong>und</strong> aufs vollste gemessen <strong>und</strong> staunend bew<strong>und</strong>ern<br />

ließ, hatte in dem Garten, seinem Warm- <strong>und</strong> Kalthause eine Weide vielfachen Genusses.<br />

Die rednerische Gabe, die ihm eigen war, das tiefe, mächtige Gefühl für Wohllaut <strong>und</strong> Wohlklang<br />

tritt poetischreich in den Schilderungen seines Gartens hervor:<br />

„Solltest die Pracht meiner Camelias sehen! 10-20 volle Blüten an einem Baum. Farben<br />

weiß, rosa, feuerrot, rot mit weiß gesprengt, rot mit weißen Streifen. Auch blüht Musa Oavendisteii<br />

in grotesk schöner Form <strong>und</strong> auffallender Fülle. Meine Salvien blühen wie ein Trompeterchor<br />

im feurigen Scharlach. – – – – – – –<br />

<strong>Der</strong> Garten ist herrlich. Keine Nachtigall, aber ein vielstimmiger Chor süßer Vögel tönt in<br />

unseren erinnerungsreichen Bäumen sein lockendes Lied. Ich habe in den ‚Täglichen‘ einen<br />

Aufsatz über ‚Schutz den Vögeln – Tod den Katzen‘ einrücken lassen.“<br />

Neben diesem Garten war nicht weniger großartig <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>lich die Anlage hinter dem Kirchhofe,<br />

der nach dem Tode der Großmutter gestiftete Buchenpark <strong>von</strong> einem Gartenkünstler in aus<strong>gezeichnet</strong>er<br />

Weise hergestellt <strong>und</strong> mit üppig wachsenden Koniferen <strong>und</strong> Zedern vom Libanon <strong>und</strong><br />

anderem edlem Holz verschönt. Hier wandelte der Kirchmeister der Gemeine öfter in der Kühle <strong>und</strong><br />

Stille des Abends <strong>und</strong> gedachte in Mitten der still friedlich beleuchteten Waldnatur, die alles Geräusch<br />

der tobenden <strong>und</strong> schaffenden Stadt verdeckte, an die, die vor ihm heimgegangen waren, an<br />

die Not des Lebens, die einmal ein Ende hat, <strong>und</strong> dass in Allem der Frieden Gottes höher ist als alle<br />

Vernunft. Über Bilder der Heimat, die er einst seinen Kindern sandte, schreibt er:<br />

„Dass ich dir so viele Freude mit den Bildern der Heimat machte, wie es wirklich geschehen<br />

ist, das wagte ich nicht mal zu hoffen.– Mein Bruder August war eben mit Bernhard bei<br />

mir im Garten – um mich hüpfte Bertha – Abends vorher um 11½ <strong>von</strong> Bonn mit Dorchen,<br />

nein <strong>von</strong>, Morsbroich, lachend <strong>und</strong> rufend zu meiner Überraschung angekommen: ‚die Mama<br />

hat mir erlaubt, ein paar Tage bei dir zu sein; das war mir viel lieber, als in M. bleiben,‘ – da<br />

sagte – Vorm. 10 Uhr – August: ‚Komm, setzen wir uns, auch uns soll er aufnehmen.‘ Die<br />

Sonne brannte, das grelle <strong>Licht</strong> bringt sonderbare Effekte, besonders das Weiß der Wäsche.<br />

Natürlich bekam mein Bruder das erste Abbild.“<br />

<strong>Ein</strong> Blick in seine Briefe zeigt, wie er auf die Leiden <strong>und</strong> Freuden, die <strong>Ein</strong>fälle <strong>und</strong> Spiele, das<br />

ganze Tun <strong>und</strong> Treiben seiner Kinder <strong>und</strong> Enkel mit der feinsten Mitempfindung einging <strong>und</strong> so<br />

auch bei den Fernen immer in ihrer Mitte war. Seine Kinder versammelte er namentlich am Montage,<br />

am Familientage um sich, um an seinem reichen Tisch seine Liebe zu empfinden, <strong>und</strong> ihn, den<br />

Alten, einfältig mit den kleinen Enkeln beten, <strong>und</strong> froh scherzen zu sehen. Dann saß er obenan unter<br />

den schönen Landschaften, die ihn an Italien erinnerten, wo er einst seine Lehr- <strong>und</strong> Wanderjahre<br />

verleibt, <strong>und</strong> blickte mit Freude <strong>und</strong> wärmstem Herzen, oft in neckendem Scherzwort sich äußernd,<br />

auf den manchmal großen Kreis, der sich vor ihm ausdehnte <strong>und</strong> in dem die frischeste Jugend heranwuchs.<br />

An solchen Tagen hat er viel Glück genossen <strong>und</strong> sich seines Geschlechtes im Sinne der<br />

göttlichen Verheißung gefreut, dass der Same des Gerechten mächtig auf Erden sein werde. Gerne<br />

ließ er sich <strong>von</strong> den Kindern am Schluss des Mahles, wie <strong>von</strong> einem Kranze umschlingen <strong>und</strong><br />

sprach mit ihnen: „Danket dem Herrn, denn er ist fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> seine Güte währet ewiglich.“<br />

Weil er für Alles sorgte, musste er auch Alles wissen. Er zürnte, wenn er nicht Briefe <strong>und</strong> Nachrichten<br />

genug bekam. Man sollte ebensoviel schreiben, wie er selbst schrieb. Welch eine Fülle <strong>von</strong><br />

Gaben <strong>und</strong> Geschenken hat er auf die Seinen ausgeschüttet! An ihre besonderen Liebhabereien <strong>und</strong><br />

Studien dachte er <strong>und</strong> sorgte für herrliche Conchilien 3 <strong>und</strong> seltene Prachtwerke in die Sammlungen<br />

3 Vergl. E. Lischke: Japanische Meeres-Conchilien 1. 2. 2. Kassel. 1889-1874.

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