Rebhuhn. Schlussbericht 1991–2000 - BAFU
Rebhuhn. Schlussbericht 1991–2000 - BAFU
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Diese vier Grundsätze wurden aus unserer Sicht erfüllt, aus fachlicher Hinsicht<br />
schien uns daher ein Aussetzungsversuch begründet. Die ersten Resultate bestätigen<br />
jedoch, dass es sehr schwierig ist, eine verschwundene Tierart wieder einzubürgern,<br />
selbst wenn die Habitatqualität zumindest in Teilgebieten als ausreichend beurteilt<br />
werden kann. Erste Probleme ergaben sich bei der Beschaffung geeigneter Rebhühner.<br />
Wir verfolgten das Ziel gegen 100 wilde Rebhühner aus der Region Süddeutschland<br />
auszusetzen. Auf Vögel aus Zuchtpopulationen sollte nur dann zurückgegriffen<br />
werden, wenn nicht genügend wilde Rebhühner beschafft werden<br />
konnten. Trotz grosser Bemühungen konnten in den ersten beiden Aussetzungsjahren<br />
lediglich 36 wilde Rebhühner (Details siehe 4.1.3.2) freigelassen werden. Weitere<br />
Vögel erhielten wir aus einer empfohlenen Zuchtstation in Nordrhein-Westfalen.<br />
Es stellte sich jedoch heraus, dass die Zuchttiere sowohl physisch, physiologisch<br />
wie ethologisch degeneriert waren und sich in keiner Weise für eine Aussetzung<br />
eigneten.<br />
Für den Aussetzungsversuch konnten wir auf die langjährigen Erfahrungen renommierter<br />
Wissenschaftler zurückgreifen. Da jedoch gewisse Hinweise darauf deuteten,<br />
dass die Technik der Besenderung in gewissen Fällen die Mortalität der Rebhühner<br />
negativ beeinflussen kann, entwickelten wir eine eigene Fixiertechnik der<br />
Sender, die sich in der Folge als sehr erfolgreich herausstellte. Hinsichtlich der<br />
Sterblichkeit konnten zwischen besenderten und unbesenderten Rebhühnern keine<br />
Unterschiede festgestellt werden.<br />
Kleine Populationen sind grundsätzlich einem hohen Aussterberisiko ausgesetzt.<br />
Sie sind empfindlicher gegenüber Katastrophen und Störungen, weil mit abnehmender<br />
Individuenzahl die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass zumindest einige Individuen<br />
einen solchen Einbruch überleben. Die Gefahr eines Fehlschlags ist bei Aussetzungen<br />
deshalb als sehr hoch einzustufen, da insbesondere die Anfangsphase<br />
einen extrem kritischen Zustand darstellt (HALLE 1996). Dies wurde in unserem<br />
Fall durch zwei einschneidende witterungsbedingte Ereignisse bestätigt. Der völlig<br />
unerwartete grosse Schneefall im Februar 1999 hatte zur Folge, dass die kurz zuvor<br />
ausgesetzten wilden Rebhühner aus Bayern innerhalb weniger Tage ums Leben<br />
kamen. Sie fanden sich im Gegensatz zu den bereits angesiedelten Rebhühner mit<br />
den herrschenden Habitatbedingungen nicht zurecht und wurden eine leichte Beute<br />
von Füchsen und Mäusebussarden. Hinzu kam, dass wegen schlechten Witterungsbedingungen<br />
1999 keines der brütenden Paare erfolgreich Junge produzierte. Ein<br />
sehr schlechter Bruterfolg wurde 1999 auch im süddeutschen Raum festgestellt. Da<br />
Rebhühner eine jährliche Sterblichkeit von etwa 80% haben (durchschnittliche Lebenserwartung<br />
knapp mehr als 1 Jahr), reduzierte sich der ausgesetzte Bestand bis<br />
auf wenige Vögel.<br />
Der Aussetzungsversuch zeigt mit aller Deutlichkeit wie vielschichtig und komplex<br />
solch ein Projekt ist und wie unvorhersehbar die Entwicklung sein kann. Man ist oft<br />
gezwungen, das Management kurzfristig neuen Erkenntnissen anzupassen. Dies gilt<br />
sowohl für fachliche Bereiche (v.a. Methodik) wie für nach aussen gerichtete Bereiche<br />
(Öffentlichkeit, Kommunikation). Dies setzt voraus, dass man sich immer aktiv<br />
<strong>Rebhuhn</strong>. <strong>Schlussbericht</strong> <strong>1991–2000</strong> 107