Rebhuhn. Schlussbericht 1991–2000 - BAFU
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Orpheusspötter<br />
Im Milchreifestadium stehende Getreidefelder (v.a. Sommergetreide, LILLE 1996)<br />
sowie Zuckerrüben- und Kartoffeläcker (BIBER 1993b) können jedoch für die Goldammer,<br />
zumindest kurzzeitig, wichtige Nahrungshabitate darstellen.<br />
Die Goldammer hat einen Raumnutzungsradius von 250–300 m (BIBER 1993b,<br />
LILLE 1996). Unsere Beobachtungen zeigen, dass die Goldammer ökologische Ausgleichsflächen<br />
ohne grössere Vertikalstrukturen, wie junge Buntbrachen, nur dann<br />
nutzt, wenn diese innerhalb von 250–300 m vom Nest entfernt liegen. LILLE (1996)<br />
stellte in einer Norddeutschen Knicklandschaft fest, dass spontan begrünte Brachflächen<br />
in der Nähe einer Hecke bei der ersten Jahresbrut bis zu 200mal häufiger<br />
zur Nahrungssuche aufgesucht werden als Wintergetreidefelder. Brachflächen erreichten<br />
den höchsten Nutzungsgrad aller Habitattypen. Ebenfalls bevorzugt aufgesucht,<br />
jedoch in weit geringerem Mass als Brachflächen, wurden Haferfelder und<br />
Säume. Eine signifikante positive Korrelation zwischen der Gewichtsentwicklung<br />
der Nestlinge und der Nutzung von Brachflächen unterstreicht die nahrungsökologische<br />
Bedeutung dieser ökologischen Ausgleichsflächen (LILLE 1996). Die Goldammer<br />
zeigt im Winterhalbjahr wie andere samenfressende Arten eine starke Bevorzugung<br />
von Stoppelbrachen und aus Stoppelbrachen spontan entstandenen<br />
Stilllegungsflächen (BAUER & RANFTL 1996, WILSON et al. 1996). Raps- und Getreidefelder<br />
werden im Winter praktisch nicht genutzt (STOATE & SZCZUR 1997).<br />
Aufgrund unserer Erhebungen und den zitierten Literaturangaben lässt sich zeigen,<br />
dass die Goldammer selbst in einer offenen, jedoch aufgewerteten Ackerlandschaft<br />
gute Brutbedingungen finden kann. Obwohl die Goldammer mittlerweile im Klettgau<br />
auch in strauchlosen Buntbrachen brütet, ist es ideal, wenn Buntbrachen mit<br />
Strauchgruppen oder Einzelsträuchern bereichert werden und die Brachstreifen insgesamt<br />
ein Netz von Saumbiotopen bilden, welches naturnahe Flächen ausserhalb<br />
der landwirtschaftlichen Nutzfläche integriert. Interessanterweise haben die Aufwertungsmassnahmen<br />
in der Champagne genevoise nicht zu einer Bestandszunahme<br />
der Goldammer geführt, obwohl die Art zwischen 1977 und 1982 im Kanton<br />
Genf recht weit verbreitet war (GÉROUDET et al. 1983).<br />
Der Orpheusspötter bewohnt Nordafrika und den Südwesten Europas. Die Art dehnt<br />
derzeit ihr Areal nach Nordosten aus. In der Schweiz besitzt er nur in den Kantonen<br />
Genf, Wallis und Tessin grössere Bestände. Er bewohnt sonnenexponierte Pionierstandorte.<br />
Im Kanton Genf sind die Kiesgrubenböschungen und Ruderalflächen mit<br />
dichtem Kraut- und Strauchbewuchs, häufig in Kombination mit Brombeergestrüpp,<br />
bevorzugte Lebensräume (GÉROUDET 1977, LANDENBERGUE & TURRIAN<br />
1982, TURRIAN & LARDELLI in SCHMID et al. 1998). Aufgrund der Ansprüche des<br />
Orpheusspötters an seinen Lebensraum konnte eine Besiedlung der Brachstreifen<br />
erwartet werden. Innert weniger Jahre stieg der Bestand von 4–5 auf 38 Reviere an.<br />
Dies war möglich, weil der Orpheusspötter auch an Orten ohne Strauchvegetation<br />
Reviere besetzte.<br />
116 <strong>Rebhuhn</strong>. <strong>Schlussbericht</strong> <strong>1991–2000</strong>