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120<br />
Ingolf Herbarth<br />
Anatomisches Institut am Eingang der Liebigstraße<br />
Foto: Ingolf Herbarth, Mai 2010<br />
Sowjetischer Pavillon auf<br />
dem Alten Messegelände [9]<br />
Architekt: Oskar Pusch und Carl Crämer<br />
Bauzeit der Werkzeugmaschinenhalle: 1923/24<br />
Umbauten zum Sowjetischen Pavillon:<br />
1950: Architekt unbekannt 32<br />
1952: VEB (Z) Projektierung Sachsen, Zweigstelle Leipzig,<br />
unter Leitung des Hauptarchitekten Walter Lucas<br />
1976 bis 1980: Muster- und Experimentalbüro der<br />
Deutschen Bauakademie Berlin<br />
Adresse: Straße des 18. Oktober<br />
Das Gelände wurde erstmals vor dem Ersten Weltkrieg<br />
für eine Baufachausstellung genutzt, bevor sich hier ab 1920<br />
die Technische Messe ansiedelte. Nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
dienten die noch bestehenden Hallen der Messe für Ausstellungszwecke.<br />
Die kriegsbeschädigte Werkzeugmaschinenhalle – als<br />
größte noch bestehende Halle – baute man im Jahr 1950 zum<br />
Sowjetischen Pavillon um. Die Sowjetunion war auf der Leipziger<br />
Frühjahrsmesse 1950 der größte Aussteller aus dem Ausland<br />
und nutzte die Messe zum Auftritt für politische Propaganda.<br />
Der Halle ist ein kubischer Aufbau, der mit schlankem<br />
Spitzhelm mit Sowjetstern betont wurde, aufgesetzt worden.<br />
Der Eingang wurde durch ein Allunionswappen der UdSSR<br />
akzentuiert. 33 Anfang der 1950er Jahre plante man einen Gesamtbebauungsplan<br />
für das Messegelände. Aus den eingereichten<br />
Entwürfen des daraus folgenden Architekturwettbewerbs<br />
im Frühjahr 1950 wird deutlich, dass der Sowjetische Pavillon<br />
32 Topfstedt, Architektur der Verheißung, in: Bentele u.a., Leipzigs<br />
Messen, Teilband 2, S. 645.<br />
33 Arnold, Leipzig. 1954-1979, S. 13; Topfstedt, Architektur der Verheißung,<br />
in: Bentele u.a., Leipzigs Messen, Teilband 2, S. 643ff ;<br />
Engmann, Bauen für die Ewigkeit, S. 152.<br />
in der ehemaligen Werkzeugmaschinenhalle nur als Provisorium<br />
gesehen wurde.<br />
Doch weil die Sowjetunion weiterhin auf der Nutzung<br />
dieser Halle für ihre Ausstellung bestand, wurde in Vorbereitung<br />
der Leipziger Herbstmesse im Jahr 1952 die Eingangsfassade<br />
mit glasierten Meißner Keramikplatten verkleidet. Die<br />
Verkleidung ähnelte der der Wohnbauten in der Stalinallee in<br />
Berlin. Allerdings betraf der Umbau nur den Kopfbau der Halle.<br />
Man veränderte hier den Rhythmus der Pfeilerstellungen<br />
und baute den Mittelteil der Fassade zum Risalit um. Somit<br />
dominierte das Ausstellungsgebäude städtebaulich und architektonisch<br />
das Messegelände. Die Entwurfsbearbeitung ist<br />
nach sowjetischen Vorgaben vom VEB (Z) Projektierung Sachsen,<br />
Zweigstelle Leipzig, unter Leitung des Hauptarchitekten<br />
Walter Lucas ausgeführt worden. Der neue 36 Meter hohe mit<br />
Goldmosaik verkleidete Turmhelm wurde mit dem aus Rubinglas<br />
gefertigten Sowjetstern auf der Spitze zum Point de vue der<br />
Straße des 18. Oktober. 34<br />
Die nächste größere bauliche Veränderung kam erst in<br />
den Jahren von 1976 bis 1980 zustande. Ziel war es, die Fassade<br />
in zeitgenössische Formen umzubauen, da Dekorationen<br />
der Stalin-Ära nun als unzeitgemäß empfunden wurden. So entwickelte<br />
im Auftrag des sowjetischen Bauherren das Muster-<br />
und Experimentalbüro der Deutschen Bauakademie Berlin das<br />
Umbauprojekt. Auffälligste Veränderung war die neue keramische<br />
Ganzverkleidung. 35 Mit dem Umzug der Leipziger Messe<br />
auf das Neue Messegelände im Jahr 1996 verlor die Halle ihre<br />
Nutzung und steht seit Dezember 1999 leer. 36<br />
34 Man versuchte den Sowjetischen Pavillon dann als Prototyp für<br />
eine neue sozialistische Ausstellungsarchitektur zu erklären. Engmann,<br />
Bauen für die Ewigkeit, S. 152f; Topfstedt, Architektur<br />
der Verheißung, in: Bentele u.a., Leipzigs Messen, Teilband 2,<br />
S. 645ff .<br />
35 Engmann, Bauen für die Ewigkeit, S. 154; Topfstedt, Architektur<br />
der Verheißung, in: Bentele u.a., Leipzigs Messen, Teilband 2,<br />
S. 653.<br />
36 Topfstedt, Architektur der Verheißung, in: Bentele u.a., Leipzigs<br />
Messen, Teilband 2, S. 654.