Show publication content!
Show publication content!
Show publication content!
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Denkmalwerte Volksparkanlagen in Ost und West. Grünplanung in Berlin zwischen Kriegsende und Mauerbau<br />
zunehmend für Großveranstaltungen, etwa das Pressefest des<br />
Zentralorgans „Neues Deutschland“ (ND) umgebaut. 16<br />
Das zunächst nur für Enttrümmerungsarbeiten vorgesehene<br />
Nationale Aufbauwerk, in dem Freiwillige unentgeltliche<br />
Arbeitsstunden leisteten, wurde später auch für die Wiederherstellung<br />
oder Neuanlage von Grünanlagen eingesetzt. In<br />
der Folge waren Qualitätsminderungen in den Anlagen zu verzeichnen.<br />
Wegen der Mangelwirtschaft und fehlender Fachkräfte,<br />
aber auch aufgrund organisatorischer Probleme bei der<br />
Projektierung und Ausführung der Anlagen entstanden nur<br />
wenige öffentliche Neuanlagen in Ost-Berlin. Dazu gehörte<br />
das zum Pfi ngsttreffen der Deutschen Jugend 1950 eröffnete<br />
Walter-Ulbricht-Stadion in Mitte nach Entwurf von Selman<br />
Selmanagic´ und Reinhold Lingner, auch der 1954 begonnene<br />
Tierpark im ehemaligen Schlosspark Friedrichsfelde, weiter<br />
ab 1953 die Promenaden und Grünanlagen der Stalinallee,<br />
der Weberwiese und des Strausberger Platzes von Reinhold<br />
Lingner und Helmut Kruse. An den Entwürfen zu architektonisch<br />
gestalteten Partien der Stalinallee ist erstmals schon die<br />
Trendwende zu einer Gartenkunst der „Nationalen Traditionen“<br />
ablesbar. 17<br />
Zur Grünplanung der 1950er<br />
Jahre in Westberlin<br />
Der erste nach dem Krieg neu gestaltete Park war der<br />
Heinrich-von-Kleist-Park in Schöneberg. Schon im Juli 1945<br />
beauftragten die Amerikanischen Streitkräfte Georg Pniower,<br />
für den Alliierten Kontrollrat im ehemaligen Kammergericht<br />
eine repräsentative Grünanlage zu gestalten. Pniower beachtete<br />
dabei jedoch die vorhandene Raumstruktur des 1910-<br />
12 von Stadtgartendirektor Albert Brodersen (1857-1930)<br />
16 Gabriele Schulz: Grün- und Freifl ächen, in: Baudenkmale in Berlin<br />
Bezirk Friedrichshain, Berlin 1996, S. 70-85; Joachim Greiner: Der<br />
Volkspark Friedrichshain – aus seiner Entwicklung zwischen 1945<br />
und 1973, in: Großstadtdenkmalpfl ege Erfahrungen und Perspektiven,<br />
Jahrbuch 1996, Beiträge zur Denkmalpfl ege in Berlin,<br />
H. 12, Berlin 1998, S. 148-154; Ingrid Bartmann-Kompa: Der<br />
Märchenbrunnen im Friedrichshain, ebd., S.154-159, Susanne<br />
Kähler: Von der Verwandlung des Froschkönigs: Der Märchenbrunnen<br />
im Volkspark Friedrichshain, in: Der Bär von Berlin,<br />
Jahrbuch 2007 des Vereins für die Geschichte Berlins, 56. Folge,<br />
Berlin / Bonn 2007, S. 101-122.<br />
17 Die Stalinallee war für Lingner ein negatives Beispiel für die zu<br />
späte Einbeziehung der Grünplanung in die städtebaulichen Planung.<br />
Die Bauten standen z. T. schon, als mit der Freifl ächenplanung<br />
begonnen wurde. Reinhold Lingner: Komplexe Projektierung<br />
verbilligt das Bauen, in: Deutsche Architektur, 1955, H. 2, S 82f.<br />
Als Universitätsprofessor von 1961 bis Ende 1967, hob Lingner<br />
herausragende historische Gartenkünstler wie etwa Peter Joseph<br />
Lenné, Hermann Pückler, Eduard Petzold, Gustav Meyer oder<br />
Erwin Barth, Georg Potente, Leberecht Migge und Harry Maasz<br />
hervor. Wie etwa Karl Friedrich Schinkel in der Baukunst, galt für<br />
ihn Lenné als besonderes Vorbild in der Gartenkunst. Reinhold<br />
Lingner: Die Bedeutung Peter Josef Lennés für die moderne Gartenarchitektur,<br />
in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität<br />
zu Berlin, 1967, H. 3, S. 361-370. Siehe Anm. 8, Nowak,<br />
S. 102f.<br />
189<br />
angelegten Parks mit den hierher versetzten Königskolonnaden<br />
und den alten Baumbestand, der noch teilweise aus dem<br />
alten Botanischen Garten stammte. Seine Mitarbeiter waren<br />
Eva Wedel und Michael Mappes. Eine weiterer schon frühzeitig<br />
wiederhergestellter Park ist der Humboldthain, nachdem<br />
die Begrünung des Trümmerberges unter Wittes Mitwirkung<br />
abgeschlossen war.<br />
Im März 1950 wurde West-Berlin auf Beschluss des<br />
Deutschen Bundestages zum Notstandsgebiet erklärt. Die<br />
Westalliierten verzichteten auf weitere Demontagen. Das<br />
Mitte April ins Leben gerufene Notstandsprogramm, das<br />
„Berliner Aufbauprogramm“ diente vor allem zur Eindämmung<br />
der Arbeitslosigkeit. Neben Enttrümmerungs- , Tiefbau<br />
und Wohnungsbauarbeiten wurden auch zahlreiche Parks<br />
und Grünanlagen im Rahmen des Programms wiederhergestellt<br />
und einige neu angelegt. Der schon erwähnte Fritz Witte,<br />
Leiter des Westberliner Hauptamtes für Grünplanung, das<br />
er von Ende 1948-1965 führte, hatte große Verdienste bei der<br />
Wiederherstellung der Berliner Parks und öffentlichen Gärten<br />
im Rahmen des Programms. Mit seiner Unterstützung gelang<br />
es, den Großen Tiergarten in das Notstandsprogramm<br />
aufzunehmen. Ab 1949 wurde dieser älteste Berliner Park auf<br />
der Grundlage eines Entwurfs der Arbeitsgemeinschaft Fritz<br />
Witte, Hans Migge und Eva Wedel von 1949/50 und eines<br />
weiteren Entwurfs des Gartenamtsleiters von Tiergarten<br />
Willy Alverdes von 1952 als weitläufi ger naturnaher Landschaftspark<br />
wiederhergestellt, ohne allerdings die charakteristischen<br />
Alleen und Plätze einzubeziehen. Die Neuanpfl<br />
anzungen kamen mit Unterstützung zahlreicher Spenden<br />
u. a. anderer deutscher Städte zustande. Angeregt durch den<br />
britischen Stadtkommandanten Bourne entstand 1951-52 im<br />
südlichen Teil des Schlossparks Bellevue der Englische Garten<br />
nach Entwurf von Willy Alverdes unter Mitwirkung von<br />
Fritz Witte und Mr. I. Thrower aus Shrewsbury in England.<br />
Angelegt wurden ein Natur-, Teich-, und ein Steingarten sowie<br />
das streng formale Gartenparterre und die Terrassenanlage<br />
um das Parkhaus. 18<br />
Der ehemals bedeutende Volkspark Humboldthain<br />
von Gustav Meyer wurde 1948-51 nach einem Konzept des<br />
Weddinger Gartenamtsleiters Günther Rieck (1903-1961) neu<br />
gestaltet. Geschickt nutzte er die Trümmerberge für die neue<br />
Raumkomposition und das erweiterte Programm der Anlage,<br />
sodass nunmehr der Eindruck eines weiten Wiesentals mit<br />
lockerem Baumbestand, umgeben von dicht bepfl anzten Anhöhen<br />
entstand. Den neuen Nutzungsanforderungen sollten<br />
ein Schwimmbad mit Restaurant im ehemaligen Hippodrom,<br />
18 Folkwin Wendland: Der Große Tiergarten in Berlin. Seine Geschichte<br />
und Entwicklung in fünf Jahrhunderten, Berlin 1993,<br />
S. 246ff.; Katrin Lesser-Sayrac: Willy Alverdes - sein Werk als Gartenarchitekt<br />
und seine Verdienste für den Großen Tiergarten in<br />
Berlin, in: Der Berliner Tiergarten, Vergangenheit und Zukunft.<br />
Beiträge zur Denkmalpfl ege in Berlin 1996, H. 9, S. 34-53. Klaus<br />
von Krosigk: Der Große Tiergarten, in: Denkmaltopographie<br />
Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Berlin: Bezirk Mitte<br />
Ortsteile Moabit, Hansaviertel und Tiergarten, Petersberg 2005,<br />
S. 91-97.