Show publication content!
Show publication content!
Show publication content!
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
134<br />
Detlef Karg<br />
Diese Erörterungen wurden – aus dem selbst Erlebten<br />
abgeleitet, gestatte ich mir die Einschätzung – noch rechtzeitig<br />
durch Forschungen zur Stadtentwicklung und Architektur der<br />
DDR begleitet. Mit bemerkenswerter Intensität widmeten sie<br />
sich auch der Gründung und dem Werden Eisenhüttenstadts.<br />
Sie schufen eine gewichtige Voraussetzung für das Verständnis<br />
des Geschaffenen gleichwohl auch für das von der Denkmalpfl<br />
ege vertretene Anliegen des Schutzes und damit der Erhaltung<br />
der Stadtanlage. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang<br />
die Arbeiten von Thomas Topfstedt, Werner Durth<br />
und Niels Gutschow, ebenso von Joachim Palutzki und Andreas<br />
Seidel. Sie haben nicht nur den Werdegang der Anlage<br />
nachvollzogen, sondern haben ihre Ergebnisse zum tatsächlichen<br />
Geschehen des Werdens Eisenhüttenstadts auch mit den<br />
Entwicklungslinien von Städtebau und Architektur in ihren vielfältigen<br />
Abhängigkeiten vor 1945 und danach abgeglichen. 1<br />
1 Thomas Topfstedt: Städtebau in der DDR 1955-1971. Leipzig<br />
1988. besonders S. 26-31.<br />
Architektur und Städtebau der fünfziger Jahre. In. Schriftenreihe<br />
des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz, Band 41,<br />
1990, insbes. Peter Goralczyk: Architektur und Städtebau der fünfziger<br />
Jahre in der DDR, S. 62-78;<br />
Klaus von Beyme, Werner Durth, Niels Gutschow, Winfried Nerdingen,<br />
Thomas Topfstedt: Neue Städte aus Ruinen. Deutscher<br />
Städtebau der Nachkriegszeit. München 1992;<br />
Werner Durth: Anmerkungen zur Planungsgeschichte. In: Vor-<br />
Ort-Semi nar Eisenhüttenstadt, 13.-19.10.1993. Dokumentation.<br />
Akademie der Künste, Abteilung Baukunst. Berlin 1994, S. I4-21;<br />
Werner Durth und Niels Gutschow: Eisenhüttenstadt, „Schöne<br />
Städte für ein schönes Leben“. In: Brandenburgische Denkmalpfl<br />
ege, Heft 1, JG. 4, 1995, S. 31-39;<br />
Joachim Palutzki: Eisenhüttenstadt als Beispiel für die “Architektur<br />
der Nationalen Bautradition”. Magisterarbeit an der Universität<br />
Köln der Phi losophischen Fakultät, Fach Kunstgeschichte. Köln<br />
1993; Andreas Seidel: Eisenhüttenstadt. Das Freifl ächensystem der<br />
Wohnkomplexe I-IV – Zielsetzungen und Gestaltungsauffassungen<br />
der frühen fünfziger Jahre. In: Brandenburgische Denkmalpfl ege,<br />
Heft 2, JG.5, 1996, S. 77-86;<br />
Werner Durth, Jörn Düwel, Niels Gutschow: Architektur und<br />
Städtebau der DDR. Band 1, Ostkreuz, Personen, Pläne, Perspektiven.<br />
Frankfurt/Main;New York 1998, insb. S. 357-431 und dies.: Architektur<br />
und Städtebau der DDR. Band 2, Aufbau, Städte, Themen,<br />
Dokumente. Frankfurt/Main;New York 19989, insb. S. 486-525;<br />
ergänzend:<br />
Kurt W. Leucht: Die sozialistische Stadt des Eisenkombinates Ost.<br />
In: Deutsche Architektur. Heft 3, 1952. S. 100-105<br />
Eine neue Stadt entsteht. Zur Entwicklung der Wohnstadt des Eisenhüttenkombinates<br />
Ost bis 1952. In: Heimatkalender für den Stadt-<br />
und Landkreis Eisenhüttenstadt 1983. Eisenhüttenstadt 1982;<br />
Eine neue Stadt entsteht. Teil II. Zur Entwicklung der Wohnstadt<br />
des Eisenhüttenkombinates Ost bis 1955. In: Heimatkalender für<br />
den Stadt und Landkreis Eisenhüttenstadt 1984. Eisenhüttenstadt<br />
1983;<br />
Detlef Karg: Stadtentwicklung am Beispiel Eisenhüttenstadt. In:<br />
Verfallen und vergessen oder aufgehoben und geschützt? Architektur<br />
und Städtebau der DDR – Geschichte, Bedeutung, Umgang,<br />
Erhaltung. Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für<br />
Denkmalschutz, Band 51, 1995<br />
Die so sichtbar gewordenen Einfl üsse, letztlich auch<br />
vermittelt durch den berufl ichen Werdegang des für Eisenhüttenstadt<br />
so wirksam gewordenen Architekten Kurt W.<br />
Leucht, stellen diese Stadt in das Spannungsfeld internationaler<br />
Stadtentwicklungen und einer in enger Anlehnung an<br />
das sowjetische Vorbild ausgerichteten neu zu entwickelnden<br />
sozialistischen Stadtbaukunst. Die sich dabei offenbarenden<br />
ideologisch motivierten und restriktiv verordneten Veränderungen<br />
während des Aufbaus der einzelnen Wohnkomplexe<br />
bezogen sich nicht nur auf den Formenapparat und die Verwendung<br />
von Architekturdetails. Sie orientierten während des<br />
Planungsprozesses auch auf städtebauliche Ordnungsprinzipien,<br />
die sich merkbar auf das Symmetrische auszurichten<br />
hatten, um, so die Annahme, durch die Verwendung nahezu<br />
barocker Gestaltungsprinzipien der zu erzielenden Repräsentation<br />
zu entsprechen. Auch dadurch sollte dem Eindruck einer<br />
Mietskasernenstadt begegnet werden. 2<br />
Als der Ministerrat am 17. August 1950 den Bau eines<br />
Stahlwerkes auf dem Areal der ehemaligen Reichswerke Hermann<br />
Göring bei Fürstenberg an der Oder beschloss, war der<br />
Wiederaufbau der Industrie und Städte nach den gewaltigen<br />
Kriegszerstörungen, den Demontagen im Rahmen der Reparationsleistungen<br />
an die Sowjetunion, aber auch im Hinblick auf<br />
den ungleichen Entwicklungsstand der Wirtschaft in Deutschland<br />
vor dem Krieg zwingend geboten. 3<br />
Sogleich folgten auch die Untersuchungen für eine diesen<br />
Industrieanlagen zugehörige Wohnstadt.<br />
Es war wohl die Gunst der Stunde, denn die Beschlüsse<br />
zum ersten Fünfjahresplan von 1951 bis 1955 auf dem III. Parteitag<br />
der SED vom 20. bis 24.Juli 1950 beinhalteten nicht nur<br />
den Wiederaufbau und die Errichtung von Zentren der Schwerindustrie,<br />
sondern ebenso das Aufbaugesetz und die „Sechzehn<br />
Grundsätze des Städtebaus“. 4 Darauf konnte dann die Aufgabenstellung<br />
für den nahezu einen Monat später gefassten Beschluss<br />
zum Aufbau des Werkes und der neuen Wohnstadt bei<br />
Fürstenberg fußen. Der damalige Minister für Aufbau, Lothar<br />
Bolz, kommentierte diesen Beschluss im Nachgang in der Presse:<br />
„Hier in Fürstenberg wird sowjetisches Erz mit polnischer Kohle<br />
zu deutschem Friedensstahl geschmolzen. Hier in Fürstenberg<br />
entsteht eine neue Stadt, deren Bewohner in unserem modernsten<br />
Hüttenwerk vorbildliche Arbeit leisten und im Zusammenhang<br />
mit dem Werk und der Wohnstadt in Verbindung mit sozialen und<br />
kulturellen Einrichtungen die Möglichkeit haben werden, beispielhaft<br />
für die politische und kulturelle Gestaltung unseres künftigen<br />
gesellschaftlichen Lebens in ganz Deutschland zu sein.“ 5<br />
2 Werner Durth und Niels Gutschow: Brandenburgische Denkmalpfl<br />
ege, Heft 1, JG.4, 1995, S. 31 ff.<br />
3 Werner Durth, Jörn Düwel, Niels Gutschow: Architektur und<br />
Städtebau in der DDR, Band 1, 1998, S. 358<br />
4 Die Sechzehn Grundsätze des Städtebaues vom 27.Juli 1950…<br />
In: Werner Durth, Jörn Düwel, Niels Gutschow: Architektur und<br />
Städtebau in der DDR. Band 1, 1998, S. 84 ff.<br />
5 Lothar Bolz: Von Deutschem Bauen, (Reden und Aufsätze). Berlin,<br />
S.32 ff. Die wichtigsten Aufgaben im Bauwesen. Beschluß des Ministerrates<br />
der DDR am 21.4.1955. In: Neues Deutschland vom 23.<br />
April 1955, S. 1