Show publication content!
Show publication content!
Show publication content!
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Die 1969 dem Publikum übergebene Urania-Weltzeituhr<br />
war und ist eine bekannte Landmarke auf dem Alexanderplatz<br />
in Ostberlin. Das kleine Bauwerk, das zugleich eine Uhrenanlage<br />
und ein Kunststück darstellt, ist bisher nicht in der<br />
Denkmalliste von Berlin verzeichnet – und denkmalrechtlich<br />
demnach auch kein Fall oder gar ein Problem für staatliche<br />
Konservatoren. Der nachstehende Beitrag möchte dies ändern<br />
und versteht sich als ein Plädoyer zur Aufnahme dieses jungen,<br />
aber denkmalwerten Bau- und Kunstwerks in das amtliche<br />
Denkmalverzeichnis des Landes Berlin.<br />
Urania-Säulen und Urania-Uhren<br />
Erbaut wurde die Urania-Weltzeituhr in wenigen Monaten<br />
zwischen Dezember 1968 und September 1969. Ihrer<br />
Anfertigung ging allerdings eine längere Vorgeschichte voraus.<br />
Am 3. März 1888 wurde die Gesellschaft Urania gegründet.<br />
Deren Hauptaufgabe war es, die neusten Erkenntnisse und<br />
Erfi ndungen der Wissenschaft mithilfe allgemein verständlicher<br />
Vorträgen und Vorführungen einem breiten Publikum zu<br />
vermitteln.1 Somit war diese statutengemäß eine „der naturwissenschaftlichen<br />
Anschauung und Belehrung gewidmeten<br />
öffentliche [..] Schaustätte“ zur „Verbreitung der Freude an<br />
der Naturerkenntnis“.2 Durch ihre Gründung entstand das<br />
erste Science Center der Welt, welches einen Meilenstein in<br />
der Geschichte populärwissenschaftlicher Bildungsanstalten<br />
darstellt. Wenig später initiierte die Gesellschaft im Jahr 1891<br />
die Aufstellung von Urania-Wetter-Säulen und strebte im übrigen<br />
an, mit ihrem Bildungsanliegen im Stadtbild von Berlin<br />
präsent zu sein. Hierzu wurde eigens die Urania-Uhren- und<br />
Säulen-Commandit-Gesellschaft mit der Unterstützung von<br />
Wilhelm Foerster gegründet. Diese hatte zum Ziel, verteilt über<br />
den Stadtraum Säulen aufzustellen, welche Auskunft über die<br />
Zeit und Witterung gaben, aber auch statistische Angaben und<br />
Verkehrsmitteilungen übermittelten.<br />
Die Finanzierung erfolgte mit Hilfe von Reklamefl ächen<br />
auf der Säule, wodurch die Urania Gesellschaft die Präsentation<br />
naturwissenschaftlicher Erkenntnisse auf eine neue Stufe hob:<br />
professionell organisiert, staatlich, kommunal und universitär<br />
unterstützt, aber privatwirtschaftlich getragen. Daraufhin<br />
1 Daum, Andreas: Wissenschaftspopularisierung im 19. Jahrhundert.<br />
München 1998; vgl. http://www.urania.de/die-urania/geschichte/<br />
– August 2008.<br />
2 Daum, Andreas: ebd., S. 180.<br />
DIE URANIA-WELTZEITUHR AUF DEM<br />
BERLINER ALEXANDERPLATZ –<br />
ZU JUNG UM EIN DENKMAL ZU SEIN?<br />
Robert Burgaß<br />
wurde am 14. Mai 1892 die erste Urania-Wettersäule in Berlin,<br />
auf der Straße Unter den Linden gegenüber vom Kultusministerium,<br />
feierlich enthüllt. Noch 17 weitere gleichartige Säulen<br />
wurden am selben Tag an verschiedenen Orten der Stadt,<br />
unter anderem auf dem Alexanderplatz, in Betrieb genommen.<br />
Außerdem sollen sich zu diesem Zeitpunkt noch 20 Säulen<br />
im Bau und weitere 300 in Planung befunden haben. Jedoch<br />
kann nicht vorbehaltlos von einer Erfolgsgeschichte gesprochen<br />
werden, denn schon bald meldete sich Kritik an den Reklamefl<br />
ächen und deren Ertrag.<br />
Der Magistrat hielt die erforderlichen Mittel zurück,<br />
und die Urania-Uhren und Säulen-Commandit-Gesellschaft<br />
ging nach Aufstellung von 30 Wettersäulen in Konkurs. Am<br />
1. April 1923 wurde der Betriebe der Urania-Wettersäulen eingestellt,<br />
da wegen der Infl ation ihre Unterhaltung nicht mehr<br />
möglich war. Die Wettersäulen wurden durch 80 Uhrenreklamesäulen<br />
ersetzt.<br />
Entwurf und Ausführung einer neuen<br />
Weltzeituhr für den Alexanderplatz<br />
Die Nachkriegsplanungen zur sozialistischen Umgestaltung<br />
der Hauptstadt der DDR hatten nach dem Mauerbau<br />
1961 einen ambitionierten Schwerpunkt im Bereich<br />
Alexanderplatz, der als zentraler Stadtraum und moderner<br />
Verkehrsknotenpunkt vom 1969 in Dienst genommenen<br />
Fernsehturm weithin sichtbar markiert und als stadträumliches<br />
Gelenk die erste „sozialistische Magistrale auf deutschem<br />
Boden“, die Stalinallee bzw. Karl-Marx-Allee, mit dem<br />
Marx-Engels-Forum verbinden sollte. 1968 kam während der<br />
Planung zur künstlerischen Ausgestaltung de rneuen Platzanlage<br />
der Gedanke auf, erneut eine Urania-Säule als Sinnbild<br />
moderner Technik und Wissenschaft zu errichten, welche<br />
einen besonderen Mittelpunkt auf dem Platz darstellen<br />
sollte. Im Sommer desselben Jahres wurde ein Gestaltungswettbewerb<br />
ausgeschrieben, an welchem sich ausschließlich<br />
Berliner Künstler beteiligten. 3 Der Beitrag des Formgestalters<br />
Erich John, zu der Zeit Dozent an der Kunsthochschule<br />
3 Für die künstlerische Oberleitung und Ausgestaltung des Neubaukomplexes<br />
Berlin-Alexanderplatz war Walter Womacka als Generalauftragnehmer<br />
verantwortlich. Er schuf dort das Mosaik am Haus<br />
des Lehrers ebenso wie den dortigen Brunnen der Völkerfreundschaft,<br />
vgl. auch seine Autobiographie Walter Womacka: Farbe<br />
bekennen, Berlin 2004.