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Pavillons, das Motel von Tihany, das später mit dem Hotel<br />
Tihany erweitert wurde, errichtet. Wenig später kam es zum<br />
Bau der Hotelreihe in Siófok und große Hotels wurden in Balatonfüred<br />
und Balatonalmádi fertiggestellt. Das Ensemble<br />
von Tihany gehört heute schon der Vergangenheit an: An<br />
der Stelle des Motels steht heute ein Urlaubsdorf. Das wohlproportionierte<br />
und schön gegliederte Hotel Tihany (1963,<br />
Arch.: Attila Kun), das sich in seiner Form und selbst hinsichtlich<br />
der Farbwirkung seiner Vorhänge sorgsam in die Landschaft<br />
eingefügt hatte, wurde ein Vierteljahrhundert später<br />
in seiner Gebäudemasse verdreifacht, die Fassadengliederung<br />
wurde zerstört und die Farben verpfuscht. Hohe Qualitäten<br />
offenbart das Hotel Annabella in Balatonfüred (1965–1968;<br />
Arch.: Margit V. Pázmándi). Einen charakteristischen Typus<br />
von Gebäuden für den Fremdenverkehr stellen auch einige<br />
kleinere Pavillons aus der Zeit um 1960 dar: Die Hafengebäude<br />
von Tihany mit ihrer gewagten Stahlbetonschale (1962;<br />
Arch.: István Bérczes, Béla Szittya und Miklós Gnädig) sowie<br />
die Kassengebäude der Fähren von Tihanyrév und Szántód<br />
(1959–1962 bzw. 1963; Arch.: János Dianóczki) sollten als<br />
schützenswert vermerkt werden – auch wenn ihr gegenwärtiges<br />
Erscheinungsbild sich ihren ursprünglichen Qualitäten<br />
gegenüber nicht immer als würdig erweist.<br />
Die Bürogebäude-Architektur der 1960er Jahre in Budapest<br />
ist zweifellos besonders gut gelungen, aber auch häufi g<br />
besonders gefährdet. Selbst nach internationalen Maßstäben<br />
war der Budapester Firmensitz der Außenhandelsfi rma Chemolimpex<br />
(1960–1963; Arch.: Zoltán Gulyás) (Abb. 4) einer<br />
ihrer modernen Repräsentanten. Das Unternehmen, das im<br />
Gleichschritt mit der sich dynamisch entfaltenden chemischen<br />
Industrie expandierte, wuchs bald über das Gebäude<br />
hinaus, das sich durch eine besonders gute Raumnutzung auszeichnete,<br />
eine aufwendige Fassadengestaltung aufwies und<br />
das Stadtbild prägte. Die Entscheidungsträger der Hauptstadt<br />
hielten in den 1970er Jahren die die ursprüngliche Form in<br />
Ehren und die Bebauung des zur Straße offenen Hofes über<br />
das untere Flachgebäude nicht, so dass das Unternehmen dem<br />
Platzmangel nur mit andernorts errichteten, neuen Gebäuden<br />
abhelfen konnte. Im Sommer 1992, vor der Privatisierung des<br />
Gebäudes, erhielten die Zuständigen im ungarischen Denkmalamt<br />
einen Hinweis über den geplanten Verkauf. Weil<br />
man sich aber auf das Prinzip „Schöpfungen noch lebender<br />
Architekten schützen wir nicht“ und auf die Notwendigkeit<br />
einer vorherigen landesweiten Untersuchung berief, unterblieben<br />
schnelle Schritte. Der Käufer folgte prompt der Alltagsmode<br />
und überdachte den Hof mit einer von der Straße<br />
her gut sichtbaren, ausdruckslosen Glaspyramide, ersetzte die<br />
ursprüngliche Fassadenverkleidung aus schwarzem Granit<br />
durch rötliches Material und gestaltete den Eingangsbereich<br />
vollkommen neu. (Dies alles erfolgte übrigens mit Zustimmung<br />
des Architekten, der das Gebäude als geistiger Urheber<br />
entworfen hatte.)<br />
An einem anderen charakteristischen Bürohaus, das<br />
unter Verwendung der damals als Neuheit geltenden hydrau-<br />
Zwischen Ablehnung und Anerkennung – denkmalpfl egerische Probleme in Ungarn<br />
163<br />
lischen Konstruktions- und Montagetechnik errichtet worden<br />
war, nämlich an dem der Margaretheninsel gegenüberliegenden<br />
„Alutröszt“-Gebäude (1964–1967; Arch.: Olga Mináry),<br />
wurde die typische metallfarbene Aluminium-Vorhangwand,<br />
die auf die Tätigkeit des ursprünglichen Erbauers in der Aluminiumindustrie<br />
verwies, durch eine neue, blaue Verkleidung<br />
ersetzt. Diese stellt einen brutalen Einschnitt in die einheitliche,<br />
eine helle Farbskala aufweisende Gebäudereihe zwischen<br />
Margit-Brücke und Árpád-Brücke dar. (Gegen den Umbau<br />
hatte die Architektin vergeblich protestiert.) Im Denkmalverzeichnis<br />
sind diese beiden Bürogebäude gar nicht mehr zu<br />
ersetzen.<br />
Das – bereits erwähnte – im Jahre 1991 unter Denkmalschutz<br />
gestellte MOM-Kulturhaus stand in direkter<br />
Verbindung mit dem in unmittelbarer Nähe errichteten Fabrikgelände<br />
der Ungarischen Optischen Werke. Das qualitativ<br />
hochwertige Bürohaus der Werke (1954; Arch.: László<br />
Kiss und Pál Csiszár) konnte man nur unter größten technischen<br />
Anstrengungen abreißen, um dann an seiner Stelle<br />
eine Bebauung mit einem Einkaufszentrum, Bürozentren<br />
und Wohnhäusern treten zu lassen, in die das niveauvolle<br />
Gebäude funktionell gut hätte eingepasst werden können.<br />
Hierdurch hätte zugleich auch die Qualität der anspruchslos<br />
geplanten neuen architektonischen Umgebung aufgewertet<br />
werden können.<br />
Die Statuenreihe (Abb. 5) neben dem Volksstadion<br />
(Népstadion; 1947–1953; Arch.: Károly Dávid jun. und Mitarbeiter),<br />
das wohl die Welt der 1950er Jahre unter unseren<br />
Bauwerken am komplexesten verkörpert, konnte – trotz der<br />
Ansprüche, die eine Leichtathletik-Europameisterschaft an<br />
das Umfeld stellte – nach großen Kraftanstrengungen an ihrem<br />
ursprünglichen Ort verbleiben. Der radikale Umbau des<br />
Stadions selbst – wenn nicht sogar sein vollständiger Abriss –<br />
steht aber immer wieder auf der Tagesordnung, zumal es bisher<br />
nicht unter Denkmalschutz gestellt wurde. Eine umfangreiche<br />
Dokumentation zum Schutze des Stadions, die im<br />
Laufe der Diskussionen erarbeitet und vorgelegt worden war,<br />
wurde zuerst nur zu den Akten gelegt und ging dann - während<br />
einer Übergabeprozedur, die wegen der Reorganisation<br />
des für Denkmalschutz zuständigen Ministeriums notwendig<br />
wurde – als einzige unter allen Dokumenten zu laufende Angelegenheiten<br />
„verloren“. Das daraufhin erneut ausgearbeitete<br />
und vorgelegte Material ist nun schon vom dritten Ministerium<br />
zurückgewiesen worden und zwar mit dem Hinweis,<br />
dass große Weltmeisterschaften geplant seien – also gerade<br />
solche Veranstaltungen, für die das Ensemble einst errichtet<br />
worden war. Das Volksstadion ist übrigens kein Einzelfall. In<br />
den vergangenen Jahren wurden infolge eines ministeriellen<br />
Vetos auch mehrere bedeutende Schöpfungen des Budapester<br />
Historismus nicht unter Denkmalschutz gestellt. Die politische<br />
Führung fürchtete sich nämlich vor den Folgen, die eine<br />
durch den Denkmalschutz bedingte Einschränkung für die<br />
Verwirklichung ökonomischer Projekte haben könnte. Aus<br />
ähnlichen Erwägungen heraus wurde auch die Absicht, das