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Denkmalwerte Volksparkanlagen in Ost und West. Grünplanung in Berlin zwischen Kriegsende und Mauerbau<br />

maßgeblich die Handschrift des bedeutenden Gartenarchitekten<br />

Willy Alverdes, der 1950 Leiter der Tiergartenverwaltung<br />

- und von 1954-61 Gartenamtsleiter des Bezirks Tiergarten<br />

war. Sie kündet noch von den sozialen Intentionen<br />

Alverdes, der angenehme Aufenthaltsräume zur Erholung,<br />

Entspannung und als Treffpunkte für mehrere soziale Schichten<br />

und Altersgruppen in abgeschirmter Lage vom städtischen<br />

Getriebe schaffen wollte. Der östliche Bereich, eine<br />

der letzten von Alverdes gestalteten Anlagen, stellt mit seiner<br />

Gestaltung den Typus des „öffentlichen Wohngartens“ dar.<br />

Die geometrischen Sondergärten mit ihrem Blumenschmuck<br />

und den künstlerisch bedeutenden, mit seinem Mitarbeiter<br />

Nimmann entworfenen Wasserbassins, Wasserspielen und<br />

Brunnen, den Hauptakzenten der Anlage, sind fast völlig erhalten.<br />

Der stadtbildprägende Kleine Tiergarten gehört damit<br />

zu den wenigen Beispielen besonders aufwändig gestalteter<br />

öffentlicher Gärten, die im Wettstreit der Systeme zur Zeit<br />

des Kalten Krieges entstanden. Ein Wiederherstellungs-, Pfl ege<br />

und neues Nutzungskonzept unter Beachtung heutiger Anforderungen<br />

sind dringend geboten.<br />

Der Volkspark am Weinbergsweg<br />

in Berlin-Mitte<br />

Der etwa 4,3 Hektar große Volkspark befi ndet sich auf<br />

dem Gelände eines ehemaligen, schon seit dem 17. Jahrhundert<br />

nachweisbaren Weinbergs. Hier an der Hangkante des<br />

Barnimplateaus wurden im 18. Jahrhundert auch Maulbeerbäume<br />

kultiviert und ein Kaffeehaus betrieben. Seit 1801<br />

waren Gut und Gartenlokal, auch die 1875 errichtete Villa<br />

nebst großem Garten am Weinbergsweg 15 im Besitz der<br />

Familie Wollank. Seit etwa 1870 wurde der östliche Teil des<br />

Weinbergs parzelliert. Hier entstand rasch eine dichte Bebauung.<br />

An der Veteranen- und Brunnenstraße folgten bis 1981<br />

zahlreiche Mietshäuser. Nach dem 1912 erfolgten Abriss des<br />

Gutshauses errichtete man südlich davon neben dem „Walhallatheater“<br />

weitere Vergnügungsstätten. Im Zweiten Weltkrieg<br />

wurden die Villa, die Theater sowie die Wohngebiete<br />

im Umfeld des ehemaligen Weinbergs stark zerstört. Lediglich<br />

ein Gärtnerhaus und der schon 1938 für die Öffentlichkeit<br />

frei gegebene „Wollankpark“ der Villa auf dem 13,5 Meter<br />

höheren Gipfel der Anhöhe waren überliefert. Dieses Areal<br />

mit seinem alten Baumbestand und weitere Grundstücke enteignete<br />

der Magistrat, weil man es in einen 1953 geplanten<br />

„Kulturpark“ einbeziehen wollte. Nach der Enttrümmerung<br />

der zukünftigen Parkfl ächen zwischen Brunnen-, Veteranen-,<br />

Fehrbelliner Straße und Weinbergsweg und Vorentwürfen<br />

unterschiedlicher Autoren konnte sich 1954 der Gartenarchitekt<br />

Helmut Kruse schließlich mit seinem Entwurf für einen<br />

abwechslungsreich gestalteten Volkspark auf kleinstem Raum<br />

durchsetzen. Die Finanzierung erfolgte durch das Nationale<br />

Aufbauwerk.<br />

Der 1954-56 gestaltete Volkspark am Weinbergsweg<br />

stellt ein seltenes Beispiel einer stilistisch in eigenständiger<br />

formaler Gestalt geschaffenen Neuanlage dar. Auch in diesem<br />

Park spiegelt sich das Bedürfnis nach vielfältigen Erholungsund<br />

Nutzungsangeboten in der grünfl ächenarmen Stadtmit-<br />

193<br />

te, gewissermaßen einem Hausgartenersatz für Erwachsene<br />

und vielfältigen Spiel- und Tummelplätzen für Kinder und<br />

Jugendliche. „Der Wunsch der Bevölkerung war es, ein Gartenrestaurant,<br />

einen großen Kinderspielplatz, einen Teich<br />

mit Wasserpfl anzen und Goldfi schen zu schaffen. Genügend<br />

Blumen und wirkungsvolle Gehölze sollten nicht fehlen.“ 28<br />

Kruse entwickelte unter Ausnutzung der bewegten Geländemodellierung<br />

ein Raumprogramm für alle Ansprüche. Er<br />

schuf am Rande einer großen Liegewiese am Hang sowie auf<br />

der Anhöhe differenzierte Gartenräume und Sitzplätze mit<br />

Ausblicken in die Umgebung, getrennt durch Mauern, Treppenanlagen<br />

und zeittypischen Anpfl anzungen. Typisch für die<br />

Entstehungszeit zeigte die Anlage überwiegend frei komponierte<br />

Formen, geschwungene Wege und Pfade. Sie war durch<br />

mehrere Sichten mit dem Stadtumfeld verbunden. Ein Café<br />

mit Tanzfl äche und erhöhter, ummauerter Aussichtsterrasse<br />

platzierte er optimal auf einem Plateau im Parkzentrum. Das<br />

1958 nach Entwürfen von H. Jähring und M. Kowohl errichtete<br />

Café vermittelt durch seine verglaste Fensterfront, die<br />

dem Schwung der Terrasse folgt und das überkragende Dach<br />

Leichtigkeit und Transparenz. Von hier führt ein geschwungener<br />

Weg an einem Heidegarten vorbei zum nierenförmigen<br />

Teich am tiefsten Punkt der Anlage nahe der Brunnenstraße.<br />

Das ursprünglich nicht von Platten, sondern natürlich<br />

mit einem Ufersaum aus Stauden und Rasen ausgebildete Teichufer<br />

hatte zunächst an der Nordspitze einen nicht mehr erhaltenen<br />

Zufl uss durch einen Bachlauf. An der Brunnenstraße<br />

und dem Veteranenweg verbindet ein Weg zwei polygonale,<br />

nahezu trichterförmige Eingangsplätze. Die hier vor niedrigen<br />

Mauern aufgereihten Bänke bieten Sichten über den Teich,<br />

den Wiesenhang zum Café und auf den bildkünstlerischen<br />

Höhepunkt der Anlage das bronzene Heinrich-Heine-Denkmal<br />

am Veteranenweg. Im Zentrum des erhöhten Platzes sitzt<br />

die überlebensgroße Figur des Dichters nach einem Modell<br />

von Waldemar Grzimek entspannt deklamierend auf einem<br />

Hocker, der auf kubischem Sockel über rechteckiger Plinthe<br />

steht. Ein Bronzerelief am Sockel stellt fi gürliche Szenen aus<br />

Heines Werken dar. Den Auftrag zu diesem Werk erteilte<br />

1954 der Kulturfond des Magistrats. 29 1963 wurden weitere<br />

Bronzeplastiken im Park aufgestellt, ein sitzender „Jüngling“<br />

von Theo Balden und die Gruppe „Schwestern“ von Christa<br />

Sammler.<br />

Geplant war eine besonders anspruchsvolle Parkgestaltung<br />

mit teuren Materialien, so kam Löbejüner Porphyr<br />

für Mauern, Abdeckplatten und Stufen, Porphyrsplitt zum<br />

28 Kruse, Helmut: Der Volkspark am Weinbergsweg. In: Garten<br />

und Landschaft 65 (1955), S. 9-11; Eckert, Reinald: Volkspark<br />

am Weinbergsweg in Berlin-Mitte. Parkentwicklungskonzept,<br />

Bd.1 und 2. Gutachten i. A. des Bezirksamtes Mitte von Berlin,<br />

Naturschutz- und Grünfl ächenamt, Berlin 1995.<br />

29 Das 1955 gegossene Denkmal war für den Platz am Maxim-Gorki-<br />

Theater bestimmt, kam aber hier zunächst nicht zur Aufstellung.<br />

Seit 2002 steht am Festungsgraben eine Zweitfassung. Pietzsch,<br />

Detlev; Kuhn, Jörg; u. a.: Fachgutachten zur kunsthistorischen<br />

und restauratorischen Bewertung der Denkmale und Brunnen in<br />

Berlin-Mitte, im Auftrag des Bezirksamtes Mitte von Berlin 2008.

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