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Denkmalwerte Volksparkanlagen in Ost und West. Grünplanung in Berlin zwischen Kriegsende und Mauerbau<br />

Ausnahmen bilden die Pionier- und Jugenderholungslager 9<br />

oder auch Gedenkstätten wie z. B. das Sowjetische Ehrenmal<br />

im Treptower Park, dem letzten der drei bedeutenden<br />

Volksparke des Stadtgartendirektors Gustav Meyer, der 1876<br />

begonnen und 1888 von Meyer Nachfolger, Hermann Mächtig,<br />

vollendet wurde. Auch das Vorbild der sowjetischen Kulturparke<br />

wurde zunächst aufgenommen und maßgeblich von<br />

Reinhold Lingner befördert, unterschied sich aber dennoch<br />

deutlich etwa vom Moskauer Gorki-Park.<br />

Lingner leitete von 1951-58 die Abteilung Grünplanung<br />

am Institut für Städtebau der Deutschen Bauakademie<br />

zu Berlin mit der zentralen Projektierungswerkstatt. Er verfasste<br />

bereits 1954 Richtlinien für die Anlage von Kulturparks. 10<br />

Zwei Jahre später legte er einen Gestaltungsvorschlag für einen<br />

„Kulturpark Treptow“ vor, an dem der Gartenarchitekt Erhard<br />

Stefke mitgewirkt hatte. Der Vorschlag baute auf einem Entwurf<br />

von Walter Hinkefuß beim Ost-Berliner Chefarchitekten<br />

auf. Den Kern der Anlage sollte Gustav Meyers Volkspark mit<br />

dem anstelle des hippodromförmigen Spielplatzes eingefügten<br />

Sowjetischen Ehrenmal bilden. Die zentrale Gedenkstätte für<br />

die während der Endkämpfe des Zweiten Weltkriegs gefallenen<br />

Sowjetsoldaten war 1946-49 unter Schonung der vorhandenen<br />

Parkstruktur angelegt worden. Axial zum Eingang des<br />

Ehrenmals hatte Lingner einen geometrischen Rosengarten<br />

mit einem Wasserbecken in der Hauptachse geplant. Hier entstand<br />

in den 1960er Jahren ein Rosengarten nach Entwurf<br />

von Hubert Matthes. Der benachbarte Plänterwald sollte als<br />

Waldpark erschlossen – und durch eine Raumfolge großer von<br />

Ost nach West verlaufender Parkwiesen mit dem Treptower<br />

Park verknüpft werden. Zur geplanten Ausstattung gehörten<br />

ein Kulturhaus und als neue Dominante ein Freilichttheater<br />

für 25.000 Besucher, das am Spreeufer etwa in Höhe der Bulgarischen<br />

Straße gelegen, einen Bezugspunkt für eine neue<br />

leicht geschwungene Erschließungsachse des Plänterwaldes<br />

darstellen sollte. Hier waren folgende Einrichtungen vorgesehen:<br />

Hallen- und Freibad, im Süden ein Strandbad und Bootshäuser,<br />

Kinderpark, Schaugärtnerei, Konzertgarten, Lesegarten,<br />

Schach und Skatplätze, ein grünes Auditorium und ein<br />

weiteres Freilufttheater. In den Kulturpark integriert wurden:<br />

das alte Eierhäuschen an der Spree, die Gaststätte Zenner, die<br />

9 Die Pionier- und Jugenderholungslager, angeregt durch vergleichbare<br />

Institutionen in der UdSSR dienten vordergründig der<br />

ideologischen Erziehung der Kinder und Jugendlichen. Die Pionierrepublik<br />

Wilhelm Pieck am Werbellinsee im Norden Berlins entstand<br />

möglicherweise nach dem Vorbild des Pionierlagers Artek<br />

auf der Krim. Lingners Planung ab 1950 zielte auf einen Park für<br />

die Erholung und Bildung schulpfl ichtiger Kinder ab. Er soll sich<br />

später distanziert zum fast militärischen Drill im Lager geäußert<br />

haben. Siehe Nowak, S. 92; Reinhold Lingner: Park der Kinder am<br />

Werbellinsee bei Berlin, in: Garten und Landschaft, 67. Jg. 1957,<br />

H. 2, S. 34f.<br />

10 Ders.: Vorläufi ge Richtlinien für die Anlage von Kulturparks, in:<br />

Probleme der Gartenarchitektur, Deutsche Architektur, Sonderheft<br />

1, 1954, S. 47f.; ders.: Vorschläge für die Einrichtung und<br />

Anlage zentraler Parkanlagen, in: Deutsche Architektur, 1957,<br />

H. 3, Sonderbeilage, S. 3-5.<br />

187<br />

Insel der Jugend, das Rathaus Treptow, das Planetarium und<br />

neue Ausstellungspavillons.<br />

Rummelplätze wollte Lingner nicht mit Kulturparken<br />

verbinden. Ein lärmintensiver Vergnügungspark war deshalb<br />

an der Nordspitze des Rummelsburger Sees in Nähe des S-<br />

Bahnhofs Ostkreuz vorgesehen. Die Halbinsel Stralau – mit<br />

den Spreeuferwiesen Ort des traditionellen Stralauer Fischzuges<br />

– sollte durch den wiederhergestellten Spreetunnel mit<br />

dem Treptower Park - und eine Fußgängerbrücke mit dem<br />

Nordostufer des Rummelsburger Sees verbunden werden, wo<br />

wieder ein Strandbad konzipiert war. Von Uferwegen sollte<br />

man stadträumlich dominante Gebäude, etwa die Dorfkirche<br />

Stralau und das Kraftwerk Klingenberg erleben. Dieser Plan,<br />

der Grundzüge der Volksparkgestaltung des 19. Jahrhunderts<br />

wie die Auenlandschaft an der Spree und die Sichtbezüge zum<br />

Fluss und zur Halbinsel Stralau berücksichtigte, blieb eine<br />

Utopie. 11<br />

In den Folgejahren wurde jedoch versucht, durch zusätzliche<br />

Attraktionen mehr Besucher anzulocken. 1957 fand<br />

erstmals auf den Spreewiesen mit großem Erfolg eine Dahlien-<br />

und Skulpturenschau statt. Ein Jahr später begann man<br />

hier mit der Ausführung einer Planung von Georg Pniower,<br />

mit dem Lingner seit den Auseinandersetzungen um die gegensätzlichen<br />

Pläne zum Tiergarten und zum Projekt „Stadtlandschaft“<br />

zeitlebens in scharfer Distanz stand. Pniowers<br />

Entwurf zeigt eine elegant geschwungene Linienführung des<br />

Geländes an der Spree in Mischung mit geometrischen Strukturen.<br />

Sein Plan für die periodische Ausstellung „Blume und<br />

Plastik im Treptower Park“, die alle zwei Jahre unter internationaler<br />

Beteiligung stattfand, wurde unter Mitwirkung von<br />

S. Sommer jedoch nur teilweise im Rahmen des „Nationalen<br />

Aufbauwerks“ verwirklicht. 12 Die letzte, 1960 von ihm unterzeichnete<br />

Gesamtfassung weist trapezförmige Beete, mehrere<br />

Bassins und ein Wassertheater am Rande einer großen<br />

Wiese auf.<br />

Interessant sind die enge Verfl echtung der Vegetationsfl<br />

ächen mit den befestigten Flächen, etwa der Plattenwege<br />

und rhytmisierenden trapezförmigen Sitzplätze aus polygonalen<br />

Schieferplatten, die hinter einem bepfl anzten Wall am<br />

Spreeufer angelegt wurden oder die Öffnung der Ufermauern<br />

am Spreeuferweg. Derartige Gestaltungen setzten auch<br />

renommierte Gartenarchitekten wie Herta Hammerbacher<br />

oder Hermann Mattern in Westberlin ein, etwa im Rahmen<br />

der Internationalen Bauausstellung 1957 im neu aufgebauten<br />

Hansaviertel ein. Im Gegensatz zu Lingners Kulturparkplanung,<br />

der die Auenlandschaft des Volksparks aufnahm, lassen<br />

der später ausgeführte Wall, die Anpfl anzungen und Mauern<br />

11 Ders.: „Kulturpark Treptow“, in: Deutsche Architektur, 1957,<br />

H. 3, S. 138f.<br />

12 Joachim Wolschke-Bulmahn / Peter Fibich, 2004, s. Anm. 6, S. 105;<br />

Helmut Giese / Siegfried Sommer: Prof. Dr. Georg Béla Pniower<br />

Leben und Werk eines bedeutenden Garten- und Landschaftsarchitekten<br />

- eine Dokumentation, Schriftenreihe des Institutes für<br />

Landschaftsarchitektur Bd. 3, Dresden 2005, S. 83f., Abb. 90-92,<br />

S. 206-208.

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