carl christian friedrich von brockhausen - v. Bruchhausen
carl christian friedrich von brockhausen - v. Bruchhausen
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Andererseits müßte Champagny ein Meister der Lüge und Verstellung gewesen<br />
sein, wenn er bei aller Freundlichkeit und weitgehender Zuvorkommenheit, <strong>von</strong><br />
feindlichen Absichten Napoleons überzeugt, mit Brockhausen ein falsches Spiel<br />
gespielt hätte, indem er ihn immer wieder zu beruhigen suchte. Es darf auch nicht<br />
vergessen werden, daß die Empfänge Brockhausens in den Kaiserlichen Cercles<br />
keineswegs aus dem Rahmen der sonstigen Behandlung der Gesandten<br />
herausfielen und die Empfänge beim König <strong>von</strong> Neapel und dem Vizekönig <strong>von</strong><br />
Italien einen fast freundschaftlichen Eindruck hinterließen 302) . Hiernach ist die An-<br />
nahme nicht ganz unberechtigt, daß, wenn nach Brockhausens Vorschlägen bis<br />
zur restlosen Aufklärung der ganzen Angelegenheit mit der Abberufung gewartet<br />
worden wäre, vielleicht doch Napoleon schließlich nicht unbedingt darauf<br />
bestanden hätte.<br />
Soviel jedenfalls steht fest, daß Brockhausen persönlich irgendein Verschulden<br />
nicht zur Last gelegt werden kann. Dies bezeugt auch König Friedrich Wilhelm III.<br />
selbst durch eigenhändigen entsprechenden Zusatz zu der Kabinettsordre vom<br />
24.12.1809.<br />
Im Gegenteil kann die Forderung der Abberufung Brockhausens <strong>von</strong> Seiten<br />
Napoleons nur als eine Ehre für den Gesandten angesehen werden. Es ist ein<br />
Zeichen dafür, daß Brockhausen in vollem Maße seine Pflicht als preußischer<br />
Patriot erfüllt hat.<br />
In erster Linie ist die Abberufung doch wohl zurückzuführen auf den dringenden<br />
Wunsch König Friedrich Wilhelms, nunmehr in Abkehrung vom bisherigen System,<br />
alle, aber auch alle Wünsche Napoleons gleichsam unbesehen zu befriedigen.<br />
Bezeichnend dafür ist, daß der General Lestocq, gegen den Napoleon sich im<br />
Gespräch mit Krusemark gleichfalls scharf geäußert hatte, durch den sehr wohl<br />
gelittenen Grafen Kalkreuth als Gouverneur <strong>von</strong> Berlin abgelöst wurde 303) .<br />
Friedrich Wilhelm ließ damals durch St. Marsan an Champagny melden: „Ich<br />
hoffe, einen Tatbeweis meiner Erkenntlichkeit und Anhänglichkeit gegeben zu<br />
haben, indem ich allen Versuchen widerstand, die das Haus Österreich un-<br />
ternommen hat, mich in seine Sache einzubeziehen.“<br />
Goltz hatte kurz vorher St. Marsan gestanden, daß viele <strong>von</strong> den gegenüber<br />
Krusemark geäußerten Vorwürfen Napoleons berechtigt seien, daß er selbst sogar<br />
sich ähnlich geäußert habe 304) . Graf Goltz schwankte eben, wie Ranke sehr richtig<br />
ausführt, zwischen zwei Extremen. Er hatte zu einer Allianz mit Österreich<br />
vorwärts getrieben und die allgemeine Agitation in diese Bahn zu leiten gedacht.<br />
Da aber hierbei Preußen sich kompromittiert hatte, während Österreich zu einem<br />
einseitigen Frieden gezwungen wurde, so war es nun Goltz, der jetzt einen Bruch<br />
mit Napoleon über alles fürchtete und, um demselben zu entgehen, dazu<br />
entschlossen war, dessen Forderungen bis ins letzte zu bewilligen 305) .<br />
Es war schon so, wie Duncker sagt 306) : „Das Ungeschick der Nachfolger Steins<br />
hatte den Staat an diesen Abgrund geführt. Nun mußten Opfer gebracht werden,<br />
um das Ärgste zu verhüten.“<br />
Ein solches Opfer war auch Brockhausen, auf dessen Abberufung man vielleicht in<br />
Paris nicht unbedingt bestanden hätte, wenn man preußischerseits unter anderen<br />
Umständen die Dinge hätte an sich kommen lassen können.<br />
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