Zwölf Messianische Psalmen erklärt. - Licht und Recht
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Psalm 72. 171<br />
Geringen <strong>und</strong> Armen, ihm Etwas nachsehen, d. h. sich seiner erbarmen. Die Präposition ל`ע passt<br />
trefflich zu dieser Metapher.<br />
ל`ד] vergl. Ps. 41,2; es ist nach dem Etymon eigentl. ein schlaffes Herabhängen, also ein Matter,<br />
ein Geplagter, <strong>und</strong> hat mithin ähnlichen Sinn wie י[נdע im vorigen Verse, welches von הנע „niederbeugen“<br />
kommt, ja es nimmt als Synonymum zu י[נdע dieses Wort aus dem vorigen Verse wieder auf,<br />
ganz wie ןויrבvא] das ןויrבvא des vorigen Verses repetiert. ׳א ist von הdבא (verwandt mit הוא) nach etwas<br />
begierig jappen, begehren. Diese Wörter sind zunächst physisch zu fassen, die äußerlich gedrückte<br />
Lage ist nicht auszuschließen. Dann aber ist das Äußerliche zugleich Bild des innerlichen Gebrochenseins<br />
<strong>und</strong> der Demut; auch ihre Seelen sind zu erlösen, wie unser Vers sagt, sie sind aus der<br />
Enge (ר`צ) in die Weite zu versetzen (ע`שvי).<br />
V. 14 wird nun diese Enge des Weiteren ausgeführt <strong>und</strong> charakterisiert. ךות] hier plene geschrieben;<br />
es bedeutet das zu Boden getreten Sein, die Unterdrückung. Von derselben Wurzel ך`כdת ist der<br />
plur. םי[כdכrת abzuleiten (in Prov. 29,13): ein Mann voll Bedrückungen, ein zu Boden Getretener (so<br />
A. Esra), dem der Herr <strong>Licht</strong> machen muss in seiner Dunkelheit. סdמdח] verwandt mit ץ`מdח, es ist ein<br />
aus der Sintflutperiode bekanntes Wort, woselbst es (Gen. 6,11) den Gesamtzustand jener Zeit charakterisiert<br />
als denjenigen, wo Gewalt herrschte, <strong>und</strong> nicht das <strong>Recht</strong>. Schon V. 12 ward auf solche<br />
Gewalthaber geistlichen wie weltlichen Charakters angespielt. לאrג[י] von לאdג einer Radix dunkler<br />
Ableitung; im Arab. bedeutet gaala ivit venitque. Auf die gleiche Bedeutung fährt uns folgende<br />
Operation. Gemäß der Verwandtschaft der VV. med. א <strong>und</strong> med. ו ist es zusammenzubringen mit לוג<br />
= gâla in orbem ivit, woher לי[ג (Dan. 1,10) seine Bedeutung „Zeitgenossen“ erhält. ל^אÉג ist demnach<br />
Jemand, der bei Einem aus- <strong>und</strong> eingeht, um Einen beständig her <strong>und</strong> mit Einem zusammen ist: also<br />
ein Verwandter. 129 Das Verbum לאג nun ist denominativ <strong>und</strong> bedeutet „als ein Verwandter Etwas tun,<br />
sich als Verwandter erweisen durch Hilfeleistung jeglicher Art <strong>und</strong> mit Daransetzung von Gut <strong>und</strong><br />
Blut“. Indem nun Hiob (in Kap. 19,25) seinen Goel <strong>und</strong> Zeugen (16,19) anruft, so beweist er eben<br />
durch die Wahl dieses Wortes eine tiefe Erkenntnis des Verhältnisses, welches zwischen seinem Verwandten<br />
oder Bluträcher <strong>und</strong> ihm bestand. Der Goel kann nicht ein abstrakt Jenseitiger sein, sondern<br />
muss durch Banden des Bluts mit Hiob <strong>und</strong> überhaupt mit den Menschen in Verbindung stehen.<br />
Nach dem Protevangelium aber ist wirklich der uns am Satan rächende Goel des Weibes Same,<br />
also ein Glied der Menschheit, wenn auch ein w<strong>und</strong>erbares. In unserem V. ist der Goel König Salomo,<br />
<strong>und</strong> zwar sofern er den Messias repräsentiert. Auch hier also ist das Handeln des Goel als ein<br />
auf verwandtschaftlicher Basis geschehendes gesichert. Was der Goel Salomo nun einsetzen muss<br />
bei dieser seiner verwandtschaftlichen Tat wird hier als bekannt vorausgesetzt. Nach der Analogie<br />
der früheren Heilsverkündungen, mit denen die unsrige in festem gliedlichen Zusammenhange<br />
steht, ist es die Kraft seines einmal geschehenen Todes, die der erhöhte Messias fort <strong>und</strong> fort geltend<br />
macht zur Erlösung seiner armen <strong>und</strong> elenden Reichsgenossen. LXX übersetzt unser לאdג, mit<br />
λυτροῦν <strong>und</strong> ῥύεσθαι; ersteres kommt als Medium im N. T. vor (= für sich erkaufen) <strong>und</strong> letzteres<br />
medial <strong>und</strong> passivisch, wo es von Christo steht (= an sich ziehen, befreit werden). In לאdג sei die Dahingabe<br />
in den erlösenden Tod von Weitem angedeutet, sagt auch Stier.<br />
ר`קי^יrו] Fut. des intrans. ר`קdי; neben dieser Form kommt noch sowohl die Bildung ר`ק^י (Ps. 49,9), als<br />
auch die Bildung 1 ) ד`קי[י.<br />
Sam. 18,30) vor; ganz wie neben ר`ק^י ein ד`קי[י vorkommt (s. Ew. 139 a).<br />
Kostbar wird sein ihr (der Unterdrückten) Blut in seinen Augen besagt, dass er dasselbe zurückfordern<br />
wird von den Feinden, dass er das vergossene Blut rächen wird. „Blut“ steht typisch für Untergang<br />
<strong>und</strong> Tod überhaupt, wie z. B. auch Ps. 30,10 (vergl. Hupf. zu Ps. 9,13). Es braucht nicht not-<br />
129 Aus der Bedeutung solches häufigen Verkehrs, solches beständigen Kontakts, mag vielleicht auch die Bedeutung<br />
„sich gemein machen, sich verunreinigen durch diesen Kontakt“ geflossen sein: woraus לאג Il pollutus, impurus fuit<br />
entstanden sein dürfte.