Zwölf Messianische Psalmen erklärt. - Licht und Recht
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Psalm 69. 63<br />
seiner unschuldigen Leiden Gotte zuschreibt (V. 27). Ja, die Feinde ziehen eben dadurch alle jene<br />
schrecklichen Flüche auf sich herab, dass sie diese Leiden als ein gerechtes Gericht Gottes ansehen.<br />
Solche Misskennung des Sachverhältnisses war aber allein deshalb so strafbar, weil die Feinde in<br />
David zugleich den Messias verkannten. Weil sie den Messias, den Gott als Unschuldigen leiden<br />
lässt, verkennen: darum trifft die Verfolger solche Flut von Verwünschungen.<br />
Die äußeren Beweise für die Messianität des Ps. liegen deutlich vor. Zunächst ist auch hier wieder<br />
das N. T. zu berücksichtigen. Wir müssen hier dankbar auf Delitzsch aufmerksam machen, der<br />
angesichts des Verhältnisses, in welchem das N. T. zu diesem Ps. steht, an der Autorschaft Davids<br />
festzuhalten geneigt ist: obgleich er in der Einleitung Hitzig vielfach beistimmte. Die Berührungspunkts<br />
unseres Ps. mit dem N. T. legt derselbe Gelehrte ansprechend dar. „Die dav. Leidenspsalmen<br />
sind der im N. T. am häufigsten zitierte Teil der alttest. Schrift <strong>und</strong> nächst Ps. 22 wird keiner im<br />
N. T. so häufig zitiert, als Ps. 69: 1) Ohne Ursache hassten Jesum seine Feinde, dies ist nach Joh.<br />
15,25 in V. 5 geweissagt. Es ist wahrscheinlicher, dass das joh. Zitat auf 69,5, als dass es auf 35,19<br />
zurückgeht. 2) Als Jesus die Verkäufer aus dem Tempel hinaustrieb, da hat sich V. 10 a laut Joh. 2,17<br />
erfüllt: die Glut des Eifers gegen Entweihung des Hauses Gottes verzehrt ihn, <strong>und</strong> um dieses Eifers<br />
willen wird er gehasst <strong>und</strong> geschmäht. 3) Willig trug er, uns ein Vorbild, diese Schmach, indem sich<br />
laut Röm. 15,3. V. 10 b unseres Ps. an ihm erfüllte. 4) Die Verwünschung V. 26 a hat sich nach Act.<br />
1,20 an Judas Ischarioth erfüllt; die Suff. des Psalmworts sind pluralisch, der Sinn des Zitats kann<br />
also nur der von J. H. Michaelis angegebene sein: quod ille primus et prae reliquis huius maledictionis<br />
se fecerit participem. 5) In der derzeitigen (?) Verwerfung Israels haben sich nach Röm. 11,9 f.<br />
V. 23 f. des Ps. erfüllt; der Ap. gibt diese Verwünschungen nicht geradezu Jesu in den M<strong>und</strong>, er sagt<br />
nur, dass was dort David in der Eifermacht proph. Geistes seinen Feinden anwünscht, sich vollauf<br />
an denen erfüllt hat, die sich an dem anderen David frevelhaft vergriffen haben. – – Man muss sich<br />
bei V. 13 an die Verhöhnung Jesu durch die Kriegsknechte im Prätorium Mt. 27,27-30 erinnern; bei<br />
V. 22 an die Darreichung von Essig <strong>und</strong> Galle, welchen Jesus ausschlägt, vor der Kreuzigung Mt.<br />
27,34. Wenn Johannes 19,28 sagt, dass Jesus frei <strong>und</strong> bewusst sich zum Sterben anschickend, nur<br />
noch einen Labetrunk verlangte, damit nach Gottes Fügung die Schrift zur vollen Verwirklichung<br />
komme, so deutet er damit auf Ps. 22,16 <strong>und</strong> 69,22 zurück. Und welches neutestamentliche <strong>Licht</strong><br />
fällt auf V. 27 a des Ps., wenn man damit Jes. 53 <strong>und</strong> Sach. 13,7 vergleicht!“ Und wenngleich in der<br />
näheren Ausführung mannigfach abweichend, so können wir doch nur das Prinzip, welches Delitzsch<br />
bei Ergründung dieses mess. Psalmes leitet, billigen. Er sagt im Anschluss an seine eben vernommenen<br />
Worte: „Der ganze Ps. ist typisch-prophetisch, inwiefern er Aussage einer von Gott zur<br />
Tatweissagung auf Jesum Christum gestalteten Lebens- <strong>und</strong> Leidensgeschichte ist, <strong>und</strong> inwiefern<br />
der Geist der Weissagung auch diese Aussage selbst zum Wort der Weissagung auf Jesum Christum<br />
gestaltet hat. Die Vermittlung dieser typischen <strong>und</strong> prophetischen Seite liegt darin, dass der Geist<br />
Christi in David war, vorausbezeugend die Leiden, die Christum treffen sollten, <strong>und</strong> die Herrlichkeitsfülle<br />
danach 1. Petr. 1,11. Der Geist des Sohnes Gottes, zu dessen Menschwerdung sich alle<br />
hervorragende heilsgeschichtliche Personen nach dem Ausdrucke der Alten wie παροίμια oder praeludia<br />
verhalten, wohnte diesen inne <strong>und</strong> steigerte die Selbstaussage des Vorbilds zur Weissagung<br />
des Gegenbilds.“ Möchte doch die Ergründung der <strong>Psalmen</strong> aufgr<strong>und</strong> solcher Prinzipien immer<br />
mehr um sich greifen in der heutigen theol. Wissenschaft!<br />
Aufgr<strong>und</strong> dieser neutestam. Anführungen hat der Ps. bei den älteren Auslegern vor <strong>und</strong> nach der<br />
Reformation als messianisch gegolten (nicht aber bei Calv.). Wir heben von Vielen hier nur einen<br />
wenig Genannten hervor. Der treffliche reform. Theologe W. Musculus nennt in seiner explanatio<br />
Psalmi LXIX Folgendes als argumentum des Ps. „Habet hic Psalmus haud obscuram imaginem pas-