Zwölf Messianische Psalmen erklärt. - Licht und Recht
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Psalm 22. 43<br />
Hitzig hat sich bis an die Grube, des Jeremia Gefängnis nämlich, vorgewagt: <strong>und</strong> ist in dieselbe<br />
hineingefallen. Nun muss er natürlich, weil er nie aus seinen Gruben wieder herausgelangen kann,<br />
Alles im Psalme sehr übereinstimmend mit der Grube finden: <strong>und</strong> demnach wird der Psalm nun zurechtgelegt.<br />
Übrigens scheidet er V. 23 u. ff., also das Resultat des Leidens, klüglich aber höchst<br />
willkürlich aus.<br />
De Wette <strong>und</strong> Olshausen sehen hier mit Kimchi <strong>und</strong> Raschi das Israel des Exils. Gegen sie gilt,<br />
was wir oben gegen Kimchi geltend machten: dass der Psalm einen rein persönlichen Charakter trage,<br />
gemäß welchem er von Brüdern <strong>und</strong> der Gemeinde Israel neben sich redet.<br />
Hengstenberg endlich versteht unter dem Subjekt des Psalmes die Person des idealen Gerechten.<br />
Dieser ideale Gerechte ist aber ein trauriger Notbehelf für die konkrete, lebensvolle Persönlichkeit<br />
des Messias. Der Messias, schon im Paradiese als Einer (als אוה) verheißen, wurde nachmals zu<br />
wiederholten Malen durch eine Persönlichkeit reproduziert <strong>und</strong> repräsentiert. So war auch David<br />
ebenso als Einer berufen, wie einst schon Abraham, damit die Erwartung eines gottgesalbten Retters<br />
der Zukunft nicht als Idee in der Luft schweben bleibe, sondern herabkomme, vorbildlich Fleisch<br />
gewinne <strong>und</strong> unter Menschen wohne. Und nun stellt Hengstenberg auf: David habe sich durch eine<br />
allgemeine Idee des leidenden Gerechten, an der auch Er teilgehabt in seinem Leiden, – David habe<br />
sich dadurch begeistern lassen, zu besingen; wie der Gerechte viel leiden müsse – aber wie der Herr<br />
ihn herrlich errette. Also die Zugehörigkeit zu einer Kategorie, zu einer noch in der Luft schwebenden<br />
Idee – soll ihn begeistern; <strong>und</strong> der erhabene Messias muss sich die Subsumierung unter solche<br />
Kategorie gefallen lassen? Zu guter Letzt soll dann bei Hengstenberg der Messias doch wieder der<br />
Kern dieses idealen Gerechten gewesen sein. Warum aber erst zuletzt <strong>und</strong> warum nicht von vorne<br />
herein? Weil Hengstenberg die Steigerung <strong>und</strong> Hineinversetzung in die abstrakte Person des Gerechten<br />
für denkbarer hält, als das prophetische Sichhineinleben des ersten David in die Zukunft des<br />
anderen David. Dies nennt er ein Überschwanken von der eigenen Persönlichkeit zu einer anderen,<br />
welche ohne Störung des Seelenlebens nicht denkbar. Aber hinüberzuschwanken <strong>und</strong> sich hinaufzuschrauben<br />
in des Messias Stellung hatte David gemäß unserer Ansicht gar nicht nötig: denn der<br />
Messias, der von Gott verheißene Erretter, ist schon Kern <strong>und</strong> Stern seines Lebens. Ohne um eine<br />
von Gott bezweckte Vorausdarstellung der Schicksale Christi in Wort <strong>und</strong> Werk zu wissen, können<br />
wir uns, wie gesagt, David durchaus nicht vorstellen. Er, der Gottverordnete König – muss beständig<br />
Solches leiden? – Gerade erst dann, wenn er sich des im Protevangelium geweissagten Leidens<br />
des Erretters erinnerte – verstand er sein Leiden. Nur dann konnte er aushalten im Leiden; alsdann<br />
litt er nicht als ein Spielzeug seines Gottes, der ihn ja auf diese Höhe gestellt: sondern er duldete<br />
solches Alles als ein neuer, königlicher Repräsentant des Messias <strong>und</strong> lebte ganz diesem einen<br />
großen Zwecke. Somit haben wir an der Versetzung Davids in des Messias Persönlichkeit keinen<br />
Sprung über die Jahrh<strong>und</strong>erte hinweg, sondern wir sehen darin einfach eine Besinnung Davids auf<br />
seine Lebensbestimmung. Eben wenn er im Messias lebte, <strong>und</strong> des Messias Geist in ihm – dann entsprach<br />
David völlig seiner erhabenen Bestimmung. Wenn also David <strong>Psalmen</strong> singt – so meint Alles<br />
darin den Messias primo loco <strong>und</strong> es bezieht sich Alles zunächst auf den Messias; David selbst gibt<br />
nur den Stoff zur Einkleidung aus seinen Erlebnissen her <strong>und</strong> die so Großes auszusprechen erforderliche<br />
Stimmung.<br />
Wir können also den Inhalt des Psalmes kurz dahin angeben, dass er besinge: den leidenden<br />
Messias <strong>und</strong> Sein Reich.