Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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928 Hans Jörg Rheinberger<br />
eilen Praxis des Erkennens und anderen, materiellen Praxis-Arten<br />
zu unterscheiden. Was die Einheit in der Differenz stiftet, ist die<br />
strukturelle Identität der Praxis-Arten: ,,... in jedem Falle die<br />
Struktur einer Produktion..." 31 Was die Differenz in der Einheit<br />
ausmacht, ist die besondere Natur der Elemente, die in die je besondere<br />
Produktion eingehen. Der Weg zur Analyse der theoretischen<br />
Praxis als Prozeß der Erkenntnisgewinnung führt über die Analyse<br />
der einheitlichen formalen Struktur der Praxis als Produktion im<br />
•allgemeinen. Damit ist, wenn auch zunächst noch summarisch, die<br />
erkenntnistheoretische Grundposition <strong>Althusser</strong>s umschrieben.<br />
Wir können also folgende These formulieren: Die Konstruktion<br />
des Begriffs der „theoretischen Praxis" erlaubt es <strong>Althusser</strong>, das <strong>für</strong><br />
die marxistische <strong>Theorie</strong> zentrale Problem des Verhältnisses von<br />
Wirklichkeit und Erkenntnis in der Praxis des materiellen Lebensprozesses<br />
und das Problem des Verhältnisses von <strong>Theorie</strong> und Praxis<br />
in der <strong>Theorie</strong> als arbeitsteilig verselbständigten Bereich dieses Lebensprozesses<br />
zu eliminieren. Und wir werden anhand einer eingehenderen<br />
Untersuchung seiner Auffassung von der Praxis im allgemeinen<br />
und der theoretischen Praxis im besonderen nachzuweisen<br />
haben, daß diese elegante „Aufhebung" ihn zur Konstruktion einer<br />
<strong>Theorie</strong> des Erkenntnisprozesses führt, die, konfrontiert man sie mit<br />
den Positionen von Marx und Engels, zumindest fragwürdig erscheint.<br />
1.2. Die Struktur jeder Praxis<br />
<strong>Althusser</strong> rekurriert bei seinem Versuch, den Begriff der Praxis<br />
generell zu bestimmen, <strong>auf</strong> Marx' Analyse der einfachen und abstrakten<br />
Momente des Arbeitsprozesses. Er unterschlägt dabei Marx'<br />
grundlegende Bestimmung der Arbeit, nämlich „zunächst ein Prozeß<br />
zwischen Mensch und Natur" zu sein, „ein Prozeß, worin der Mensch<br />
seinen Stoffwechsel mit der Natur durch seine eigne Tat vermittelt,<br />
regelt und kontrolliert" 32 . Als „einfache Momente" dieses Prozesses<br />
nennt Marx die „zweckmäßige Tätigkeit oder die Arbeit selbst", den<br />
Arbeitgegenstand und das Arbeitsmittel 83 . Auf letzteres sich beziehend,<br />
definiert <strong>Althusser</strong>: „Unter Praxis im allgemeinen verstehen<br />
wir jeden Prozeß der Veränderung einer bestimmten gegebenen<br />
'Grundmaterie in eiA bestimmtes Produkt, eine Veränderung, die<br />
durch eine bestimmte menschliche Arbeit bewirkt wird, indem sie<br />
bestimmte (,Produktions'-)Mittel benützt. In jeder so verstandenen<br />
Praxis ist das bestimmende Moment (oder Element) des Prozesses<br />
weder die Grundmaterie noch das Produkt, sondern die Praxis im<br />
engeren Sinne: das Moment der Veränderungsarbeit selbst, das in<br />
einer spezifischen Struktur Menschen, Mittel und eine technische<br />
31 LLC I S. 70/DKL S. 77.<br />
32 Marx, Kapital, MEW Bd. 23, S. 192.<br />
33 ibid., S. 193.<br />
DAS ARGUMENT 94/1975 ©