Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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1022 Besprechungen<br />
Erziehungswissenschaften<br />
Gamm, Hans-Jochen: Einführung in das Studium der<br />
Erziehungswissenschaft. List Verlag, München 1974<br />
(265 S., br., 14,— DM>.<br />
In einer klassifizierenden Übersicht über die wichtigsten erziehungswissenschaftlichen<br />
Forschungsansätze in der BRD reiht sich<br />
Gamm in der vorliegenden Einführung selbst neben Heydorn, Baethge,<br />
Rolff u. a. in die „kritisch-materialistische Pädagogik" ein, deren<br />
Strategie darin bestehe, „das <strong>kritische</strong> Potential durch Lernprozesse<br />
in der Gesellschaft <strong>auf</strong>bauen zu helfen, emanzipatorische Erfahrungen<br />
zu ermöglichen, solidarisches Verhalten einzuüben, politisches Bewußtsein<br />
zu fundieren und zu stärken" (99). Diese Bestimmung des<br />
Selbstverständnisses gilt <strong>für</strong> die vorliegende Einführung. Hinzu<br />
kommt der <strong>für</strong> diesen Band erhobene Anspruch, die bisherige Einführungsliteratur<br />
in das Pädagogikstudium mit einem historischmaterialistischen<br />
Ansatz zu konfrontieren und „Voraussetzungen,<br />
Bedingungen und Prozesse der Erziehung in ihren Problemzonen<br />
vorzustellen, Um den Studienanfängern zu zeigen, wie wenig wissenschaftlich<br />
gesichert unsere pädagogischen Erkenntniszusammenhänge<br />
sind und wie die gesellschaftlichen Widersprüche auch im Bildungssektor<br />
<strong>auf</strong>treten müssen" (9). Diese Widersprüche sollen erkennbar<br />
gemacht werden „durch eine Erkenntnismethode, wie sie uns Karl<br />
Marx und Friedrich Engels durch ihre weitgefaßten sozialen Analysen<br />
erschlossen haben", was bedeutet, die „in der geschichtlichen<br />
Wirklichkeit einer Gesellschaft vorhandenen Lebensbedingungen<br />
zum Schlüssel auch ihrer erzieherischen Veranstaltungen zu machen"<br />
(12).<br />
Was Gamm von seinem programmatischen Ansatz her definiert,<br />
gerät ihm in der Durchführung zu einem weitgehend brauchbaren<br />
und widerspruchsfreien Referat von wissenschaftstheoretischen und<br />
-praktischen Ergebnissen und Erkenntnissen aus allen pädagogischen<br />
Disziplinen, deren Kennzeichen ein strikt durchgehaltener interdisziplinärer<br />
Bezug (vor allem zu Psychologie und Soziologie, Ökonomie<br />
und Geschichte) ist. Der Autor vertritt die Position, daß der<br />
zentrale Begriff der Bildung <strong>für</strong> eine humanitäre Gesellschaft universal<br />
sein müsse, d. h., nach einer Notiz von Marx in einem anderen<br />
Zusammenhang, der Abschaffung seiner bürgerlichen Form bedürfe,<br />
weil diese ihrer Natur nach faktisch nur Bildungsprivilegien und<br />
ihre undemokratische Verteidigung beinhalte und die arbeitende<br />
Klasse darum bringe, in den humanistischen Traditionen von Bildung<br />
ein Instrument ihrer Befreiung zu sehen. Zu kritisieren scheint<br />
mir allerdings,, daß Gamm es bei der Einführung in Wissensgebiete<br />
beläßt und nicht auch Formen eines Sozial- und Klassenbewußtseins<br />
miteinbezieht, wie es <strong>für</strong> Pädagogikstudenten typisch ist. Gerade<br />
von solchen klassenanalytischen Erkenntnissen im Umfeld einer<br />
psychologischen Soziologie, wie Heinz-Joachim Heydorn sie u. a. <strong>für</strong><br />
DAS ARGUMENT 94/1975 ©