Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Jochen Steffens „Strukturelle Revolution" 989<br />
Manier das Kürzel „Stamokap" zum wiederholten Aufhänger <strong>für</strong><br />
eine Polemik, die von den Ansatzpunkten berechtigter Problematisierung<br />
dieser Variante aktueller Kapitalismusanalyse meilenweit<br />
entfernt ist. In diesem Kontext verschwimmt bei Steffen die Problemstellung:<br />
der Leser muß sich fragen, ob der Autor die Hauptgefahr<br />
<strong>für</strong> eine humane Perspektive der gesellschaftlichen Entwicklung<br />
in der ungezügelten Entfaltung des von der Kapital verwertungsmaxime<br />
angetriebenen „totalen Prozesses" mit all' seinen<br />
Widersprüchen und restriktiven Konsequenzen sieht oder in der<br />
Existenz kommunistischer Parteien in den spätkapitalistischen Ländern.<br />
Die notwendigen Machtpositionen, um dem Selbstl<strong>auf</strong> des „totalen<br />
Prozesses" einen humanitären, emanzipativen „Entwurf" (257/58)<br />
entgegenzusetzen und zu realisieren, sieht Steffen also nicht im<br />
Privateigentum an den Produktionsmitteln. Obgleich kaum klar expliziert,<br />
geht es ihm vielmehr um die <strong>Institut</strong>ionen des bürgerlichparlamentarischen<br />
Staates (201, 272/73, 275/76, 388/89). Wesentlich<br />
sind also zunächst parlamentarische Mehrheiten. Was Steffen dabei<br />
von der praktizierten Politik der SPD unterscheidet, ist die Einsicht,<br />
daß Wahlerfolge, die durch Stimmungsmanipulation und Anpassung<br />
an Massenemotionen und Vorurteile 4 er Wähler Zustandekommen,<br />
keine tragfähige Basis <strong>für</strong> eine Politik sozioökonomischer Strukturreformen<br />
sind. Er verlangt dagegen Aufklärung über Inteiressen,<br />
Probleme und Zusammenhänge, Entwicklungstendenzen und Alternativen.<br />
Die Zustimmung der Lohnabhängigen zu einer entsprechenden<br />
Reformpolitik soll nicht erschwindelt, sondern durch Vermittlung<br />
von Einsichten erworben werden. Soweit gut. Theoretische und<br />
praktische Kernfragen gesellschaftlicher Transformation ausschließlich<br />
mittels der <strong>Institut</strong>ionen und Regeln des bürgerlichen Staates<br />
werden aber von Steffen gar nicht erörtert. Diese Problematik zu<br />
negieren, wird ihm durch ein zentrales Mißverständnis erleichtert.<br />
Er behauptet wiederholt (z. B. 147/48, 162 ff., 178), der ökonomische<br />
Produktions- und Reproduktionsprozeß verl<strong>auf</strong>e im Spätkapitalismus<br />
nicht mehr naturwüchsig (was er durch den falschen oder<br />
pleonastischen Begriff „vergesellschafteter Kapitalismus" ausdrücken<br />
will), sondern er werde dualistisch gesteuert (188 f.), durch den Staat<br />
einerseits, durch private wirtschaftliche Machtgruppen zum anderen.<br />
Die aktuelle Dominanz der letzteren konzediert und beschreibt<br />
^Steffen (z. B. 175), sie ist <strong>für</strong> ihn aber keine systemnotwendige. Erforderlich<br />
ist, die private wirtschaftliche Macht zurückzudrängen zugunsten<br />
der Erweiterung und Änderung der inhaltlichen Ausrichtung<br />
staatlicher „Steuerungskapazität". Sie ist in den Dienst eines umfassenden<br />
„Entwurfs" humaner, demokratischer und sozialistischer<br />
Gesellschaftsgestaltung zu stellen.<br />
Nach Steffen verfügt der Staat schon heute weitgehend über den<br />
ökonomischen Reproduktionsprozeß (316), das Eigentum an den<br />
Produktionsmitteln ist also sekundär. Es kommt nur dar<strong>auf</strong> an, in<br />
wessen Interesse er verfügt (273 ff.). Werden sich die abhängig Be-<br />
DAS ARGUMENT 94/1975 ©