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Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Erziehungswissenschaften 1025<br />

Zum anderen — und dieser Aspekt der gesellschaftlichen Formbestimmung<br />

der Lehrerarbeit kommt in der vorliegenden Studie zu<br />

kurz — vermittelt der Lehrer Inhalte nicht in einem abstrakten Vakuum,<br />

sondern in der Art, wie er es tut, und unter welchen institutionellen<br />

Bedingungen und Zwängen, übt er die Schüler zugleich in<br />

entfremdetes Arbeiten ein, also in Qualifikationen und Verhaltensweisen,<br />

wie sie in der gegenwärtigen Klassengesellschaft benötigt<br />

werden. Das macht die Schule so funktional, auch wenn die Reformeiferer<br />

in Sachen „Curriculum" das nicht wahrhaben wöllen. Sie verdrängen<br />

ständig, daß die Inhalte, an denen sie herumkonstruieren,<br />

so wichtig gar nicht sind; vielleicht sogar weniger wichtig als die eingeübten<br />

Verhaltensmuster (wor<strong>auf</strong> schon Bernfeld hinwies). Hier<br />

hätte der Autor, selbst ehemaliger Lehrer, der die Schulpraxis aus<br />

eigener Erfahrung kennt, <strong>auf</strong> die Diskrepanz hinweisen müssen zwischen<br />

den zum großen Teil folgenlosen theoretischen Gefechten der<br />

Curriculumkonstrukteure einerseits und der Schulwirklichkeit andererseits.<br />

Denn hier steckt das grundlegende Problem jeglicher<br />

Curriculumkonstruktion. Eine Curriculumforschung, die das reale<br />

Unterrichtsgeschehen konstruktiv in den Griff zu bekommen sucht<br />

und ihre Konstrukte durch die Schulbürokratie auch realisiert<br />

sehen möchte, kann das nur um den Preis der Affirmation bestehender<br />

Verhältnisse, d. h. nur, indem sie den repressiven Charakter<br />

der sozialen Situation „Unterricht", dem beide, sowohl Lehrer als<br />

auch Schüler, unterworfen sind, aus ihrem Konstruktionszusammenhang<br />

ausblendet. Dieses Dilemma curricularer Entwicklung<br />

analysiert der Autor nicht, obwohl er die Folgen, Beschränkung curricularer<br />

Forschung <strong>auf</strong> Unterrichtsinhalte, zu Recht kritisiert. Die<br />

Alternative bestünde darin, die repressive, <strong>für</strong> die Klassengesellschaft<br />

durchaus funktionale Unterrichtssituation selbst zu ändern.<br />

Das aber ist nicht (nur) ein Problem von Schule, sondern ein gesellschaftliches,<br />

d. h. wissenschaftlich allein nicht zu lösen. Ohne die gesellschaftlichen<br />

Bedingungen zu analysieren, die <strong>für</strong> das Elend der<br />

Curriculumforschung letztlich verantwortlich sind, dämmert dem<br />

Autor gleichwohl, daß es um die Chance zur Realisierung seiner<br />

Vorschläge wohl nicht zum besten bestellt ist (112, 117).<br />

Arno Bammé (Berlin/West)<br />

Swetz, Frank: Mathematics Education in China: its<br />

Growth and Development. The MIT Press, Cambridge<br />

(Ma.) 1974 (364 S., geb., $ 15.—).<br />

Die Anfänge der Mathematik in China gehen <strong>auf</strong> 2700 Jahre,<br />

schriftliche Überlieferungen <strong>auf</strong> 300 Jahre vor unserer Zeitrechnung<br />

zurück. Eine allmähliche Hinwendung zur abstrakten Denkweise,<br />

wie sie im Westen Euklids „Elemente" mustergültig vorführten, fand<br />

nicht statt. Mitte des 19. Jahrhunderts konnte das mathematische<br />

Wissen in China mit dem europäischen Wissen am Ausgang des<br />

Mittelalters verglichen werden. Technik und Wissenschaft boten<br />

DAS ARGUMENT 94/1975 ©

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