Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Medizin 1039<br />
tistik meldepflichtiger Erkrankungen. Zusätzlich wurden epidemiologische<br />
Einzelstudien sowie die Ergebnisse von Reihenuntersuchungen<br />
herangezogen.<br />
Nur in einigen Bereichen ist die epidemiologische Forschung so<br />
entwickelt, daß detaillierte Aussagen zur Verbesserung medizinischer<br />
Versorgung gemacht und die nächsten Aufgaben gesundheitlicher<br />
Versorgung formuliert werden können. Man lernt jedoch auch die<br />
noch sehr deskriptiven und allgemeinen Aussagen zur Epidemiologie<br />
schätzen, wenn man Vergleiche zur BRD anstellen will und feststellen<br />
muß, daß dies in den allermeisten Fällen nicht möglich ist,<br />
weil hierzulande nicht einmal die entsprechenden epidemiologischen<br />
Ausgangsdaten vorhanden sind. Bei den Daten, die zu einem Vergleich<br />
herangezogen werden können — Daten der Erhebungen meldepflichtiger<br />
Infektionserkrankungen, der Säuglings- und der Müttersterblichkeit<br />
—, schneidet die DDR durchgehend besser als die<br />
BRD ab.<br />
Deutlich wird beim Lesen des Buches, daß die Epidemiologie in der<br />
DDR eine ganz andere Rolle bekommen hat, als dies in der BRD <strong>auf</strong>grund<br />
unterschiedlicher gesellschaftlicher Strukturen der Fall sein<br />
kann: Die Ergebnisse der Epidemiologie werden in der DDR zur<br />
Planung von Verbesserungen und des Bedarfes im Gesundheitswesen<br />
benötigt. Anhand regionaler Vergleiche oder anhand der Vergleiche<br />
unterschiedlicher Therapieverfahren mit Hilfe epidemiologischer<br />
Methoden können die Bereiche abgesteckt werden, in denen<br />
Fortschritte der Medizin schon mit dem jetzigen medizinischen Wissen<br />
möglich sind. Epidemiologie wird damit auch zu einer praktischen<br />
Wissenschaft, weil unter gesellschaftlicher Planung entsprechende<br />
Erkenntnisse umgesetzt werden können. So führt z. B. die<br />
Erfahhmg, daß die Sterblichkeit der operativ versorgten Patienten<br />
mit einem Schenkelhalsbruch weit geringer ist als die der konservativ<br />
behandelten Patienten, zu der planmäßigen sukzessiven Umstellung<br />
der Behandlungsmethoden. Bei der Bekämpfung der Mütterund<br />
Säuglingssterblichkeit sowie der der Tuberkulose dürfte die<br />
Epidemiologie ihre bisher bedeutendste Aufgabe gehabt haben; anhand<br />
der epidemiologischen Erfassung entsprechender Daten konnten<br />
erfolgreiche Maßnahmen eruiert werden.<br />
Aufgrund ständig geführter Vergleiche zur Morbidität zwischen<br />
den einzelnen Bezirken der DDR und zwischen den einzelnen <strong>Institut</strong>ionen<br />
innerhalb der Bezirke ist eine <strong>kritische</strong> Selbsteinschätzung<br />
medizinischer Arbeit möglich. So wird an einigen Beispielen gezeigt,<br />
daß z. B. bei besonders hohen Sterblichkeitsraten im Bezirk oder besonders<br />
hoher Komplikationsraten bei Operationen in einzelnen<br />
Krankenhäusern nach den Ursachen geforscht wird und entsprechende<br />
Veränderungen vorgenommen werden.<br />
Über einen Überblick hinausgehende Informationen können aus<br />
der vorliegenden Arbeit nicht gezogen werden; hierzu ist jedoch das<br />
ausführliche Literaturverzeichnis epidemiologischer Studien in der<br />
DDR hilfreich.<br />
Heinz-Harald Abholz (Berlin/West)<br />
DAS ARGUMENT 94/1975 ©