Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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<strong>Theorie</strong> der Geschichte: Geschichte der <strong>Theorie</strong>? 963<br />
machen S3 , fällt es ohnehin nicht bloß schwer, die Klassenkämpfe oder<br />
das Kollektivbewußtsein im realen Prozeß zu verfolgen; ebenso<br />
schwer fällt es, die proletarische Position nicht als eine bloß politisch-moralische<br />
Entscheidung zu begründen.<br />
Wie sieht das „Subjekt" aus, das seine Vergangenheit unter dem<br />
Aspekt seines zukünftigen Zieles interpretiert, das die Aufgabe der<br />
Kontinuität sozialer Bewegungen darstellt? Und akzeptiert, daß der<br />
materialistische Begriff der „Geschichte" eine theoretische Abstraktion<br />
von den (zufälligen) Ereignissen ist: um eine Abstraktion von<br />
den Subjekten, den Menschen und Klassen, die „Objekte" der Veränderungen<br />
sind, kann es sich nicht handeln. Denn: <strong>für</strong> die politische<br />
Ökonomie, der Grundlage der <strong>Theorie</strong> der Geschichte, stellen sich<br />
„die ökonomischen Verhältnisse einer gegebenen Gesellschaft ...<br />
zunächst dar als Interessen" 34 . Können wir dann, ohne in einen Determinismus<br />
zu verfallen, sagen, „daß das Subjekt der Entwicklung<br />
nichts anderes ist als das, was bestimmt wird durch die Abfolge der<br />
Organisationsformen der Arbeit und die Verschiebung, die sie hervorruft?<br />
38 Die Gesetze der gesellschaftlichen Entwicklung, die sich in<br />
den Produktivkräften/Produktionsverhältnissen zeigen, erscheinen<br />
als das eigentlich Strukturierende der geschichtlichen Determination.<br />
Der „kapitalistische Produktionsprozeß ... produziert ... nicht nur<br />
Ware, nicht nur Mehrwert, er produziert und reproduziert das Kapitalverhältnis<br />
selbst, <strong>auf</strong> der einen Seite den Kapitalisten, <strong>auf</strong> der<br />
andren den Lohnarbeiter" 36 . Es ist dann zwar richtig, sich vom<br />
juristisch-ideologischen Begriff des Subjektes, wie ihn nicht bloß die<br />
bürgerliche Philosophie produziert hat, abzusetzen. Es ist richtig, daß<br />
die dialektisch-materialistische <strong>Theorie</strong> mit der idealistischen Kategorie<br />
des Subjekts als Ursprung, Wesen und Ursache brechen muß;<br />
es ist richtig, daß es <strong>für</strong> die marxistische Philosophie kein Subjekt<br />
als absolutes Zentrum, als einzige Ursache geben kann. Aber lassen<br />
sich, als Antwort <strong>auf</strong> den in der Geschichtsphilosophie grassierenden<br />
Hegelianismus die Gesetzmäßigkeiten eines objektiven „Mechanismus"<br />
freilegen?<br />
<strong>Althusser</strong>s Antwort: Wir können „die Existenzform dieses Mechanismus<br />
in seinen Wirkungen begreifen: als Existenzweise einer Inszenierung,<br />
eines Theaters, das zugleich Text, Bühne und Schauspieler<br />
repräsentiert und dessen Zuschauer nur gelegentlich Zuschauer<br />
sein können, weil sie zunächst gezwungenermaßen Schauspieler sind,<br />
Gefangene von Texten und Rollen, deren Autoren sie nicht sein<br />
können. Denn dieses Theater ist seinem Wesen nach ein Theater<br />
ohne Autor" 37 .<br />
33 Vgl. RM, S. 59 ff.<br />
34 MEW 18, S. 274.<br />
35 KL II, S. 332.<br />
36 MEW 23, S. 604.<br />
22<br />
DAS ARGUMENT 94/1975 ©