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Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Soziologie 1021<br />

im Endeffekt doch bestimmen, wer emstgenommen werden soll"<br />

(10). Die Orientierung der Ausbildung an den Leistungsrichtlinien<br />

der Industrie („Konkurrenz" und „Leistungsansporn" als Schlüsselbegriffe)<br />

und die Schaffung von autoritären Verhaltensmustern<br />

(„Disziplinierung"), die der effizienten Produktion und Erhaltung des<br />

status quo dienen, werden kritisiert, ebenso Methoden der Stadtsanierung<br />

(Abriß von 400 000 Wohnungen — Neubau von 100 000, um<br />

die Mieten hochzutreiben), Wohnungsbauprogramme und Stadtutopien,<br />

die nur den Privatinteressen ganz bestimmter Kapitalgruppen<br />

entsprechen. Goodmann streift die Rolle des Monopolkapitals bei<br />

der Verkehrsplanung: Da sieben von zehn der größten US-Konzerne<br />

öl oder Autos produzieren, werden, ohne Rücksicht <strong>auf</strong> Interessen<br />

der Bevölkerung, <strong>für</strong> das „Interstate High-way"-System ganze Stadtteile<br />

abgerissen. — Die Rolle der Architekten im kapitalistisch organisierten<br />

Bau- und Bodenmarkt ist dar<strong>auf</strong> reduziert, akzeptable Entwürfe<br />

zu liefern, deren Form und Zweckbestimmung aber durch die<br />

Grundstücksspekulation schon vorher festgelegt sind. Der Autor<br />

wendet sich gegen die rein visuellen und ästhetischen Entscheidungskriterien,<br />

die bei Wettbewerben den Ausschlag geben. Statt die politischen<br />

Konsequenzen architektonischer Vorhaben <strong>auf</strong>zuwerfen, werden<br />

Diskussionen über die ästhetische Angemessenheit geführt. Wie<br />

aber Menschen die Architektur benutzen, Lebensstil und Bedürfnisse<br />

beschaffen sind, wird vom vorherrschenden Formalismus und seiner<br />

„poetischen Architektursprache" nicht berücksichtigt. Goodmann fordert<br />

demgegenüber Forschung und Planung nach politischen Postu-%<br />

laten, die sich an humanen und nicht an profitorientierten Kriterien<br />

zu orientieren hätte; eine genauere Erläuterung dieser Kriterien wird<br />

jedoch nicht gegeben. Die „interessengerechte Planung" (advocacy<br />

planning), bei der die von der Stadtplanung ausgeschlossenen Schichten<br />

und Klassen durch Planer vertreten werden, sieht er eher als<br />

Sackgasse an, da bei der angestrebten pluralistischen Gesellschaft die<br />

ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen unverändert<br />

sein würden. Der Autor verlangt eine Einschränkung der ökonomischen<br />

Freiheit, die nur Kapitalinteressen diene. Vom „Kommunalen<br />

Sozialismüs", der sich sowohl gegen das Übergewicht des privaten<br />

Unternehmertums als auch gegen das „zentralistische" und<br />

„repressive" sozialistische Wirtschaftssystem der Sowjetunion richten<br />

soll (132) — nach seiner Meinung sind individuelle Einflußmöglichkeiten<br />

in beiden Systemen nicht gegeben —, erhofft er sich eine<br />

Realisierung seiner Vorstellungen. „Kommunaler Sozialismus" soll<br />

primär ein genossenschaftliches Verwaltungssystem sein.<br />

Goodmann schildert überzeugend Symptome des kapitalistischen<br />

Städtebaus. Da jedoch eine materialistische Analyse fehlt, bleiben<br />

seine Alternativen („Guerilla-Architektur") praktisch unwirksam.<br />

Als Mangel wirkt sich auch aus, daß der Verfasser die theoretische<br />

Diskussion und das Planungs- und Baugeschehen in den sozialistischen<br />

Staaten (z. B. Arbeiterwohnurigsgenossenschaften in der DDR)<br />

nicht einmal erwähnt.<br />

Joachim Petsch (Bonn)<br />

DAS ARGUMENT 94/1975 ©

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