Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Sprach- und Literaturwissenschaft 1011<br />
Aspekts der Sprache als zentrale Aufgabe, der Semiotik gegenüber<br />
durch die Spezialisierung des Forschungsgegenstandes." (15)<br />
In diesem Sinn wird eine ; grundsätzliche Klärung dessen, was<br />
Sprache als wissenschaftlichen Gegenstand eigentlich ausmacht, in<br />
den meisten Beiträgen nicht weiter verfolgt, sondern vorausgesetzt:<br />
Zu bestimmen bleibt dann lediglich, welche Aspekte von Sprache<br />
welcher Wissenschaft zuzuordnen sind. Diese Wissenschaften haben<br />
darum häufig den Status einer Hilfswissenschaft <strong>für</strong> die Linguistik,<br />
so die Phonetik: Ihre wertvollste Funktion <strong>für</strong> die Linguistik liegt<br />
darin, „das linguistisch Festgestellte zu erklären." (Vennemann, 27).<br />
Mit diesem Gedankengang ist das Prinzip der wissenschaftlichen Erklärung<br />
vom Gegenstand abgelöst und zu einem Problem der Vereinbarkeit<br />
von Wissenschaftszweigen bzw. <strong>Theorie</strong>n geworden.<br />
Dagegen liefert Harry A. Whitacker mit seinem Beitrag „Linguistik<br />
und Neurologie" (45—57) den Beleg da<strong>für</strong>, daß dem nicht so<br />
sein muß: Er beschreibt — zur empirischen Stützung sprachwissenschaftlicher<br />
Aussagen und Urteile —, daß bei Patienten mit Schädigungen<br />
bestimmter Gehirnpartien zugleich auch bestimmte sprachliche<br />
Fertigkeiten dem Sprecher verlorengehen. Weit davon entfernt,<br />
die neurophysiologischen Korrelate dieser Fertigkeiten en detail bestimmen<br />
zu können, läßt sich als wichtiges Ergebnis festhalten:<br />
„Sprachbeeinträchtigungen zeichnen auch linguistische Kategorien<br />
aus und geben damit noch detailliertere Einsichten in das zentrale<br />
Sprachzentrum, während sie zugleich empirische Stützung <strong>für</strong> Hypothesen<br />
über linguistische Strukturen abgeben." (49) Linguistik und<br />
Neurologie befinden sich im Status gegenseitiger Abhängigkeit; Thésen<br />
der einen verweisen <strong>auf</strong> mögliche Belege oder Falsifikationen<br />
durch die jeweils andere. Für die Linguistik bietet sich somit die<br />
Möglichkeit, Informationen darüber zu erhalten, ob und weldie der<br />
oft hypostasierten linguistischen Strukturen tatsächlich als sprachliche<br />
Strukturen im Gehirn repräsentiert sind (vgl. 52).<br />
Die Beiträge zu „Linguistik und Psychologie" (Leuninger, 225—<br />
242) und „Linguistik und Spracherwerbsforschung" (Miller, 243—262)<br />
befassen sich ebenfalls mit dem Verhältnis von Sprache und psychischen<br />
Prozessen und Strukturen, versuchen aber, ausgehend von der<br />
generativen Transformationsgrammatik, letztere — wenn auch in<br />
modifizierter Form — als <strong>Theorie</strong> über Sprache mit psychischen Mechanismen<br />
in Einklang zu bringen. Bei Leuninger kommt im Fazit<br />
immer noch das Sprachsystem vor der Verwendung, der Gegenstand<br />
Sprache wird im Sinne der Transformationsgrammatik konstruiert:<br />
„Sicher ist es richtig, daß mit dem Erwerb von sprachlichen Regeln<br />
immer auch ihre Verwendungsmöglichkeiten mit erlernt werden<br />
müssen. Sicher ist es aber auch richtig, daß man überhaupt etwas,<br />
und das sind sprachliche Regeln, in Kontexten verwenden können<br />
muß." (239)<br />
Hinweise dar<strong>auf</strong>, wie eigentlich der reale Gegenstand Sprache beschaffen<br />
ist (erst im Anschluß daran scheint die Frage sinnvoll, weldie<br />
Wissenschaften zu seiner Analyse beitragen können), finden sich<br />
DAS ARGUMENT 94/1975 ©