Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Zur Diskussion gestellt<br />
Hansgeorg Conert<br />
Jochen Steffens „Strukturelle Revolution"<br />
Kritik einer linken sozialdemokratischen Position *<br />
Das Buch interessiert vorab, durch den Autor, dem der Ruf des<br />
linken Flügelmannes der SPD — je nach Sichtweise — gebührt oder<br />
anlastet. Dürfte es eine Absicht Steffens sein, sich mit diesem Buch<br />
als Theoretiker der SPD-Linken zu profilieren, so scheint mir doch<br />
fraglich, ob seine hier breit entfaltete Position kennzeichnend und<br />
verbindlich <strong>für</strong> diese ohnehin schwer abgrenzbare und in sich alles<br />
andere als politisch homogene Gruppierung ist. Es ist kaum zu übersehen,<br />
daß sich der Autor wie in der politischen Praxis, so auch bei<br />
seinen theoretischen Ambitionen in der Rolle des enfant terrible gefällt.<br />
Bei aller Inkonsistenz des Ganzen ist Steffen in Teilen <strong>kritische</strong>r<br />
und „linker" als die SPD-Linke, und in dem ganzen Buch überzeugt<br />
am wenigsten das realitätsenthobene Bemühen, die SPD <strong>für</strong> die Rekonstruktion<br />
einer sozialistischen Arbeiterbewegung in der BRD zu<br />
vereinnahmen. Die folgende Besprechung beschränkt sich <strong>auf</strong> eine<br />
gedrängte Darstellung und Kritik der allgemeinen und grundlegenden<br />
analytischen und konzeptionellen Positionen des Autors. Eine<br />
Rezension, die seinen recht weitschweifigen Ausführungen ins Detail<br />
folgen wollte, würde viel Raum beanspruchen, denn die ständige<br />
Aufeinanderfolge zutreffender, fragwürdiger und falscher Aussagen<br />
ist geradezu kennzeichnend <strong>für</strong> das Buch. Ein weiterer <strong>auf</strong>fallender<br />
Grundzug — das sei noch vorweggenommen — ist Steffens Eklektizismus.<br />
Im Konglomerat der <strong>Theorie</strong>ansätze und Teilanalysen hat die<br />
Marxsche Entfremdungskonzeption einen hervorgehobenen Platz<br />
(mit Tendenz zu den verbreiteten Fehldeutungen der Anthropologisierung<br />
und einer normativen Ethik, z. B. 144/45). Weiter finden sich<br />
hier Elemente der Marxschen Kritik der Politischen Ökonomie, des<br />
Lassalleanischen Staatsverständnisses, des traditionellen Reformismus,<br />
der Gorzschen Strategiekonzeption, aber auch der Disparitätentheorie<br />
(z. B. 192), der Dahrendorfschen <strong>Theorie</strong> sozialer Konflikte,<br />
von Funktionalismus und Systemtheorie, von ökologischer Wachstümskritik<br />
nach Vorbild des „Club of Rome" sowie von liberaler USamerikanischer<br />
Politologie. Durchgängig ist weiter Steffens Kommunismuskritik,<br />
die häufig in antikommunistische Polemik umschlägt.<br />
In dieser Hinsicht fügt sich das Buch in die politische Szenerie der<br />
* Steffen, Joachim: Strukturelle Révolution. Von der Wertlosigkeit der<br />
Sachen. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1974 (399 S., br., 25,— DM).<br />
DAS ARGUMENT 94/1975 ©