Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Dutschkes Leninismus-Kritik 997<br />
rung einer einfachen Rechenschaftslegung, über die Kontrolle durch<br />
die Arbeiterverbände usw." (Lenin, Werke, Bd. 25, S. 345). Dutschke<br />
zitiert diesen Satz, schreibt aber statt „revolutionär-demokratisch"<br />
„revolutionär-bürokratisch" und notiert dann in einer Anmerkung<br />
ganz richtig: „das anti-emanzipative Moment der Bürokratie wird<br />
nicht dadurch überwunden, daß man ihr das Wort Revolutionär' zufügt"<br />
(161).<br />
Nach Dutschkes asiatischen Enthüllungen und seinen oberflächlichen<br />
Äußerungen gegen die Sowjetunion verwundert es nicht, wenn als<br />
Kriterium <strong>für</strong> die „Krummheit" der nichtrussischen Kommunisten<br />
ihr solidarisches Verhältnis zur Sowjetunion angeführt und der Ein- 1<br />
druck erweckt wird, als seiend die ohne Zweifel zahlreichen Fehler<br />
und Fehleinschätzungen von Kommunisten wesentlich <strong>auf</strong> diese Solidarität<br />
zurückzuführen (vgl. 227). Tatsächlich handelt es sich bei dem<br />
Wort von den „gekrümmten Kommunisten" hier um eine bloße Infamie,<br />
die davon ablenkt, daß der „<strong>auf</strong>rechte Gang in Richtung Freiheit"<br />
sich nicht gegen die Sowjetunion, sondern gegen den Imperialismus<br />
zu bewähren hat; Beispiele solch <strong>auf</strong>rechten Gangs haben<br />
Hunderttausende Kommunisten in den KZ's gegeben. Die Arbeit<br />
Dutschkes steckt voll von Konfusion, von Allerweltsäußerungen über<br />
das „Projekt Klassenanalyse" ebenso wie über Solschenizyn, es<br />
konnte daher nur die Kritik einiger wesentlicher Linien geleistet<br />
werden. Die Arbeit umfaßt neben dem Besprochenen Teile über<br />
Georg Lukâcs, über die Anfänge der Kommunistischen Internationale,<br />
über Weltmarkt und Weltrevolution. Tatsächlich leisten diese<br />
Abschnitte, die zusammen den Hauptumfang des Sammelsuriums<br />
ausmachen, keinerlei Beitrag zum „Versuch, Lenin <strong>auf</strong> die Füße zu<br />
stellen". Sie sind Zugaben, die sich qualitativ nicht wesentlich vom<br />
Besprochenen unterscheiden.<br />
Dutschke hat sich mit diesem Buch viel vorgenommen. Er hat versucht,<br />
einen wirren Antikommunismus <strong>auf</strong> eine materialistische<br />
Grundlage zu stellen. Dieses Unterfangen ist gescheitert. Die Veröffentlichung<br />
des Machwerks ist nicht wissenschaftlichem oder auch<br />
nur propagandistischem Wert zu verdanken, sondern hauptsächlich<br />
dem zugkräftigen Namen des Autors, der einen gehörigen Absatz<br />
verspricht. Dies dürfte aber die letzte Schrift Dutschkes mit breiter<br />
Resonanz sein; politisch spielt der Verfasser keine Rolle mehr, bei<br />
dem Versuch, sich als marxistischer Theoretiker zu profilieren, hat<br />
er zu hoch gereizt und damit seine rechten wie auch seine linken<br />
Leser zumeist enttäuscht. — Das zeigen auch die ausführlichen Rezensionen<br />
in der Tagespresse. Georg Wolff („Spiegel" Nr. 38 vom<br />
19. 8. 74), Osssip K. Flechtheim („Zeit" Nr. 42 vom 11. 10. 74) und<br />
Hans-Dietrich Sander („Welt" Nr. 232 vom 5. 10. 74) nehmen die<br />
Intention Dutschkes zwar beifällig <strong>auf</strong>, leugnen jedoch klar eine<br />
Weiterentwicklung marxistischer <strong>Theorie</strong>, wie Dutschke sie mit seinem<br />
Titel verspricht. Ernest Mandel („Frankfurter Rundschau" Nr.<br />
261 vom 9. 11. 74) hat sein Urteil über den Verfasser dahin zugespitzt,<br />
Dutschkes Thesen seien zwar grundfalsch, aber immerhin<br />
DAS ARGUMENT 94/1975 ©