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Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Sprach- und Literaturwissenschaft 1017<br />

Hartwig, Helmut, und Karl Riha: Politische Ästhetik und<br />

Öffentlichkeit. 1848 im Spaltungsprozeß des historischen<br />

Bewußtseins. Anabas-Verlag, Gießen 1974 (228 S., br., 26,80 DM).<br />

Publikationen zur Revolution von 1848 haben in Ost und West —<br />

wenn auch unterschiedlich akzentuiert — zumeist die gleiche Funktion;<br />

sie unterstützen den Legitimationsprozeß des jeweiligen Systems. Hüben<br />

unter Berufung <strong>auf</strong> die Nationalversammlung in der Paulskirche<br />

„unsere parlamentarische Demokratie" und drüben mit besonderer<br />

Betonung der revolutionären Massenbewegungen 1848/49 die „Volksdemokratie".<br />

Auf diese Funktionalisierung der Historie, <strong>auf</strong> den Zusammenhang<br />

zwischen aktueller Politik und der Geschichtsdarstellung<br />

in der Publizistik heben H. Hartwig und K. Riba in ihren Beiträgen<br />

ab.<br />

Teils ausführlich, teils nur im Ansatz werden Darstellung und Bewertung<br />

der revolutionären Ereignisse von 1848 in Zeitungsberichten,<br />

Flugblättern, Gedichten, Romanen, Reden, Gedenkfeiern, Bildern<br />

und Karikaturen besonders aus den Erinnerungsjahren 1898,<br />

1918, 1948 und 1973 dokumentiert und in ihren bedeutsamen Tendenzen<br />

erhellt. Für die Autoren ist dabei evident, daß im Geschichtsbild<br />

der DDR die fortschrittliche bürgerliche Tradition bewahrt<br />

wird, während im Westen in der Abwehr des Sozialismus Stück <strong>für</strong><br />

Stück des liberalen bürgerlichen Bewußtseins modifiziert und die<br />

eigene demokratische Vergangenheit verdrängt wird (7). H. Hartwig<br />

weist in diesem Zusammenhang aber explizit dar<strong>auf</strong> hin. daß eine<br />

positive Würdigung der DDR-Geschichtsdarstellung nicht zugleich<br />

auch eine kritiklose Zustimmung zum Aufbau des Sozialismus, wie<br />

er sich konkret in der DDR vollzieht, bedeutet. An den westdeutschen<br />

Darstellungen der Revolution von 1848 wird der Versuch kritisiert,<br />

Parlamentarismus und Demokratie als identisch hinzustellen. Bereits<br />

eine Analyse von Kaiserreich und Weimarer Republik zeige, wie sich<br />

hinter den Kulissen des Parlaments feudale Interessen durchsetzten ,<br />

bzw. antidemokratische Gesellschaftsstrukturen erhielten.<br />

Den Leser erwartet in den beiden Beiträgen aber keine chronologisch<br />

geordnete und systematische Analyse unterschiedlicher Betrachtungsweisen<br />

der bürgerlichen Revolution, sondern vor allem<br />

eine Fülle von Anregungen, theoretischer Perspektiven, offengelassener<br />

Fragen und nicht zuletzt von Arbeitsmaterialien.<br />

Neben der Darstellung in der bildenden Kunst ist. auch die Rezeptionsgeschichte<br />

der Revolution von 1848 in der Literatur nachgezeichnet.<br />

K. Riha demonstriert, daß die Rezeption bis 1945 vorwiegend im<br />

Rahmen der bürgerlich-liberalen Tradition blieb und die Linie zurück<br />

zur Revolution allein <strong>für</strong> das Bürgertum, nicht aber <strong>für</strong> das<br />

Proletariat gezogen wurde. Die kleine Schar jener Demokraten, die<br />

den Idealen von 1848 treu blieb und auch die Arbeiterschaft an der<br />

allgemeinen Emanzipation teilnehmen lassen wollte, wurde, wie z. B.<br />

Weerth und Herwegh, verdrängt oder diffamiert. Neben den Bei-<br />

DAS ARGUMENT 94/1975 ©

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