Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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936 Hans Jörg Rheinberger<br />
die Vorstellung eines bloß passiven Abbildens der Dinge; der Weg<br />
des Denkens ist der einer Produktion. Zum anderen hat er sich als<br />
.Reproduktion auszurichten <strong>auf</strong> das Objekt, das dem Denken vorsteht<br />
und das es korrekt erfassen muß, um es seinen Gesetzmäßigkeiten<br />
entsprechend bewegen zu können. Begreifen heißt also Abbilden von<br />
gëgenstândlichen Eigenschaften und Gesetzmäßigkeiten, wofern Zugriff<br />
<strong>auf</strong> das sonst bloß in der Vorstellung Verbleibende überhaupt<br />
möglich sein soll. Von „objektiver Erkenntnis" zu sprechen 59 , impliziert<br />
über die Existenz subjektunabhängiger Realität hinaus zugleich<br />
den Primat des Seins über das Bewußtsein: als „objektive" ist es die<br />
Erkenntnis, die zunehmend ihrem Objekt „angemessen" wird, als<br />
„richtige" sich an ihm „auszurichten" hat, ihm zu „entsprechen", die<br />
aus Praxis, aus dem Verhältnis des Menschen zur Natur und zu seinesgleichen<br />
im Gesellschaftszusammenhang, also aus Tätigkeit herausprozessiert<br />
wird und sich durch Tätigkeit (Anwendung, Experiment)<br />
praktisch überprüfen lassen muß. Die philosophische Kategorie<br />
der Widerspiegelung bzw. des Abbilds spricht diesen grundlegenden<br />
Zusammenhang von Erkenntnis und Erkenntnisgegenstand in bestimmter<br />
— weil das praktische Verhältnis des „denkenden Kopfes"<br />
zur „Welt" bestimmender —, jedoch in allgemeiner Form aus; die<br />
Bestimmung von Struktur und Eigenschaften dieser Widerspiegelung<br />
ist Aufgabe empirischer Erforschung des Erkenntnisprozesses 80 .<br />
2.3. Zum Verhältnis von Erkenntnis und gesellschaftlich-ökonomischhistorischen<br />
Bedingungen<br />
Der in diesem Sinne objekt-determinierte Erkenntnisprozeß findet<br />
unter jeweils historisch bestimmten sozial-ökonomischen Verhältnissen<br />
statt, die ihn ebenfalls determinieren: „Aus der bestimmten Form<br />
der materiellen Produktion ergibt sich eine bestimmte Gliederung<br />
der Gesellschaft..., zweitens ein bestimmtes Verhältnis der Menschen<br />
zur Natur ... und ihre geistige Anschauung ist durch beides<br />
bestimmt. Also auch die Art ihrer geistigen Produktion." 61 Gegen<br />
eine bloß abstrakte Fassung des damit ausgesagten Primats des materiellen<br />
Lebensprozesses über den geistigen gewendet, die es als<br />
solche noch nicht erlaubt, bestimmte Aussagen über den wirklichen<br />
Zusammenhang beider zu machen, präzisiert Marx: „Um den Zusammenhang<br />
zwischen der geistigen Produktion und der materiellen<br />
Produktion zu betrachten, vor allem nötig, die letztere selbst nicht<br />
als allgemeine Kategorie, sondern in bestimmter historischer Form<br />
59 Das tut z. B. auch Zimmermann („Der Praxisbegriff bei Marx und<br />
die Elimination der Abbildtheorie", in Argument 92, S. 636 ff.), dem es<br />
andererseits, wie der Titel zeigt, gerade um die Eskamotierung dessen<br />
geht, was in „objektiver Erkenntnis" qua objektive beschlossen liegt!<br />
60 Vgl. dazu auch Lenins Bestimmung der philosophischen Kategorie<br />
der Materie, in: Materialismus und Empiriokritizismus, LW Bd. 13, S. 260.<br />
hebungen von mir.<br />
61 Marx, <strong>Theorie</strong>n über den Mehrwert, MEW Bd. 26.1, S. 275.<br />
DAS ARGUMENT 94/1975 ©