Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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1,1044 Besprechungen<br />
Conert, Hansgeorg: Die politischen Grundrichtungen<br />
innerhalb der deutschen Sozialdemokratie vor<br />
dem Ersten Weltkrieg. Richtungskämpfe in der SPD,<br />
Heft 1. Verlag 2000, Offenbach 1973 (112 S., br., 5,— DM).<br />
Conerts Arbeit soll zeigen, „daß die deutsche Sozialdemokratie<br />
zwischen dem Fall des Sozialistengesetzes und dem Ausbruch des<br />
Ersten Weltkrieges (zuvor und danach ohnehin nicht!) keine marxistische<br />
Partei war, d.h. daß die Marxsche Gesellschafts- und Geschichtstheorie<br />
sowie Kritik der politischen Ökonomie 1. von den<br />
Theoretikern und Führern der Partei unangemessen ... rezipiert,<br />
2. nicht zur Grundlage der Entwicklung einer konsistenten Strategiekonzeption<br />
genutzt wurde und 3. erst recht nicht die praktische<br />
Politik der Partei bestimmte" (6). Für die Zeit bis 1905/06 kommt<br />
Conert mit Recht zu dem Ergebnis, daß bis dahin nur von zwei<br />
Hauptrichtungen in der SPD gesprochen werden kann: von der<br />
Mehrheitsrichtung des sogenannten „offiziellen Radikalismus" und<br />
der revisionistischen und reformistischen Richtung. Vom sogenannten<br />
„marxistischen Zentrum" und einer „Parteilinken" könne frühestens<br />
ab 1905/06 gesprochen werden (23). Conert weist <strong>auf</strong> den unpräzisen<br />
Gebrauch des Begriffes Zentrismus hin, der einmal die „vom PV<br />
(Parteivorstand — d. Verf.) repräsentierte, <strong>auf</strong> die unbedingte Wahrung<br />
der Parteieinheit ausgerichtete Position" (78) kennzeichne und<br />
andererseits zur Charakterisierung einer politischen Grundrichtung<br />
innerhalb der Sozialdemokratie gebraucht werde. In diesem letzteren<br />
Sinne verwendet Conert den Begriff.<br />
„Linke und Zentristen einerseits, Reformisten zum anderen unterschieden<br />
sich zunächst im Hinblick <strong>auf</strong> die grundsätzliche gesellschaftliche<br />
Zielkonzeption, ... in ihren Vorstellungen über die politischen<br />
Tages<strong>auf</strong>gaben und die Strategie der Sozialdemokratie" (27).<br />
Im Gegensatz zu den Revisionisten bildete der Marxismus <strong>für</strong> Zentristen<br />
— zumindest dem Anspruch nach — und Linke die gemeinsame<br />
theoretische Grundlage. Um die Gemeinsamkeit der Zielvorstellung<br />
„der sozialistischen Gesellschaft als einer von der bürgerlichen<br />
Gesellschaft wesensmäßig völlig verschiedenen" (31) zum Ausdruck<br />
zu bringen, spricht Conert von Reformsozialisten und revolutionären<br />
Sozialisten im Gegensatz zu den Sozialreformern (den Revisionisten<br />
und Reformisten). Die entscheidende Differenz zwischen den beiden<br />
sozialistischen Richtungen sieht Conert „in der aktivistischen Grundhaltung<br />
der Linken gegenüber dem politischen Fatalismus des Zentrismus"<br />
(41). Den „Kautskyanismus" begreift er als Deformation des<br />
Marxismus. Die entscheidenden Unterschiede zur Marxschen <strong>Theorie</strong><br />
bestünden in folgenden Momenten: 1) in der deterministischen, mechanistischen<br />
Ausdeutung der historischen Entwicklungsprognosen<br />
von Marx, 2) in dem willkürlichen Nebeneinander von <strong>Theorie</strong> und<br />
Praxis anstelle des Prinzips ihrer dialektischen Einheit und 3) in der<br />
Vernachlässigung des aktiven Elements des <strong>für</strong> die Durchsetzung<br />
sozialökonomischer Entwicklungstendenzen entscheidenden menschlichen<br />
Handelns (15). Als Beleg <strong>für</strong> seine Auffassung des Kauts-<br />
DAS ARGUMENT 94/1975 ©