Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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1,1036 Besprechungen<br />
Indem die Verfasser dabei zwischen verschiedenen Partialinteressen<br />
differenzieren, können sie auch anschaulich zeigen, wie sich die<br />
Politik des ständischen Teils der Ärzteschaft in diese Gesamtstrategie<br />
zur Senkung des Gesundheits<strong>auf</strong>wandes einzupassen versucht. Die<br />
Analyse bleibt jedoch unfertig. Zwar wird deutlich, daß beim Bündnis<br />
der Standesorganisationen mit dem großen Kapital die Patienteninteressen<br />
zwangsläufig <strong>auf</strong> der Strecke bleiben (157 ff.). Wie die<br />
Standespolitik aber auch und gerade der Ärzteschaft selbst die<br />
Perspektive verstellt, wird nicht herausgearbeitet.<br />
Ebenso verzichten die Autoren dar<strong>auf</strong>, die Widersprüche zu untersuchen,<br />
die objektiv mit der Durchsetzung rückschrittlicher Tendenzen<br />
im Gesundheitswesen einhergehen. Daher verkümmert die Dimension<br />
der Entwicklung, woraus sich auch erklärt, daß die im<br />
Schlußteil angeführten „Perspektiven" (176 ff.) recht voluntaristisch<br />
angehängt sind. Obwohl die Schrift noch mit vielen Merkmalen linker<br />
„Traktatliteratur" behaftet ist, können ihr doch in einigen Teilen<br />
wertvolle Anregungen <strong>für</strong> die gesundheitspolitische Diskussion in der<br />
Bundesrepublik entnommen werden. Die Realitätsnähe solcher noch<br />
in den Kinderschuhen steckender Arbeiten ist allemal schon jetzt<br />
größer als die eines erheblichen Teils der „seriös" sich nennenden,<br />
meist mehr der Apologie als wissenschaftlicher Redlichkeit verpflichteten<br />
sozial- und gesundheitspolitischen Universitätsliteratur.<br />
Hagen Kühn (Marburg)<br />
Kocher, Gerhard: Verbandseinfluß <strong>auf</strong> die Gesetzgebung.<br />
Ärzteverbindung, Krankenkassenverbände und die Teilrevision<br />
1964 des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes.<br />
Francke Verlag, Bern 2 1972 (268 S., br., 28,— DM).<br />
Die Untersuchung Kochers schildert die fast fünf Jahre dauernden<br />
Auseinandersetzungen um die Reform der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
in der Schweiz. Die Reformwünsche gingen von den Krankenkassen<br />
aus. Neben Leistungserhöhungen und größeren staatlichen<br />
Subventionen forderten die Kassen eine einheitliche Regelung der<br />
Honorarschuldnerfrage. Nicht der einzelne Versicherte, sondern die<br />
Kassen sollten gegenüber den Ärzten die Honorarschuldner sein. Die<br />
Ärzte lehnten diese Regelung als Einmischung der Kassen in die<br />
„höchstpersönliche Arzt-Patient Beziehung ab". Hinter dieser offenkundig<br />
ideologischen Begründung stand die Be<strong>für</strong>chtung der Ärzte,<br />
die wirtschaftlichen Vorteile ihrer mit den 1000 verschiedenen<br />
Krankenkassen geschlossenen Einzelverträge einzubüßen.<br />
Eine weitere Forderung der Krankenkassen war die Beseitigung<br />
der Staffeltarife, die eine unterschiedliche Behandlung der Patienten<br />
je nach Einkommensverhältnissen zur Folge hatten. Ferner forderten<br />
die Kassen eine gesetzliche Ermächtigung <strong>für</strong> die Kantonsregierungen,<br />
um niedergelassene Ärzte, die bis dahin nur Privatpatienten be-<br />
DAS ARGUMENT 94/1975 ©