Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Die erkenntnistheoretischerl Auffassungen <strong>Althusser</strong>s 933<br />
2. Exkurs: Bemerkungen von Marx und Engels zum Verhältnis<br />
von <strong>Theorie</strong> und Praxis<br />
Entscheidend ist die Art und Weise, wie <strong>Althusser</strong> die theoretische<br />
Aneignung der Wirklichkeit als eine besondere Form der Praxis<br />
heraus- und sie unterschiedslos anderen Praxisformen gleichsetzt.<br />
Wir haben zu zeigen versucht, wie er dies bewerkstelligt: über die<br />
Konstruktion der theoretischen Praxis als Prozeß ohne Subjekt. Indem<br />
er aber dem Denkprozeß diesen Status verleiht, abstrahiert er<br />
von den Bedingungen seiner Genesis und zugleich von seiner in dieser<br />
Genesis angelegten Bestimmung. Er abstrahiert vom wirklichen<br />
Gegenstand, den das Denken zu begreifen sucht, und zugleich von<br />
den wirklichen, sozialhistorischen Umständen, unter denen es ans<br />
Werk geht. Um das Problem der Erkenntnis zu lösen, löst <strong>Althusser</strong><br />
das Verhältnis von Denkprozeß und gesellschaftlichem Lebens- und<br />
Entwicklungsprozeß <strong>auf</strong>. Er trennt beide radikal voneinander und<br />
stellt sie dennoch als in ihrer formalen Struktur identisch — beides<br />
Praxisformen —, in ihrer Bestimmung jedoch autonom vor. Bevor<br />
wir <strong>auf</strong> die Konsequenzen eingehen, die diese Konstruktion impliziert,<br />
ist sie mit der Darstellung des Verhältnisses von <strong>Theorie</strong> und<br />
Praxis bei Marx und Engels zu konfrontieren, <strong>auf</strong> die <strong>Althusser</strong> sich<br />
ausdrücklich beruft. Ausgehend von der allgemeinsten Bestimmung<br />
dieses Verhältnisses sollen zwei Hauptaspekte desselben soweit verdeutlicht<br />
werden 48 , daß im Anschluß daran nach dem „Schicksal"<br />
dieser Aspekte einer dialektisch-materialistischen <strong>Theorie</strong> der Erkenntnis<br />
bei <strong>Althusser</strong> gefragt werden kann.<br />
2.1. Allgemeine Bestimmung<br />
Die Beziehung von Denken und Wirklichkeit, in welcher der denkende<br />
Mensch sich praktisch tätig bewegt, wird von Marx zunächst<br />
als organisches Verhältnis zweier Momente eines einheitlichen Prozesses,<br />
der Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur gefaßt.<br />
In dem bekannten Vergleich vom Baumeister und der Biene betont<br />
Marx als die spezifische Differenz zwischen der menschlichen und<br />
den tierischen Formen der Bewältigimg des Lebensprozesses die<br />
48 Wir beschränken uns dabei <strong>auf</strong> Hinweise. Eine systematische Entwicklung<br />
ist an dieser Stelle nicht möglich. Sie ist auch insofern nicht<br />
nötig, als die Leser dieser Zeitschrift in der mit dem Argument 81<br />
eingeleiteten und im letzten Heft vorläufig abgeschlossenen Diskussion<br />
über „Streitfragen materialistischer Dialektik" (vgl. Argument 81, 84,<br />
85, 90 und 92) unter den leitenden Gesichtspunkten der konstitutiven Bedeutung<br />
der Praxis <strong>für</strong> die und des zentralen Stellenwerts des Widerspiegelungs-Theorems<br />
innerhalb einer dialektischen und materialistischen<br />
<strong>Theorie</strong> der Erkenntnis eingehend auch mit den <strong>für</strong> unsere Fragestellung<br />
relevanten Äußerungen von Marx, Engels und Lenin vertraut gemacht<br />
worden sind. Trotz dieser Beschränkung — oder vielleicht gerade wegen<br />
ihr — tragen die folgenden Ausführungen im Lichte der gel<strong>auf</strong>enen Diskussion<br />
stellenweise Wiederholungscharakter; sie sind jedoch <strong>für</strong> den<br />
systematischen Gang unserer Analyse an dieser Stelle unverzichtbar.<br />
DAS ARGUMENT 94/1975 ©