Antworten auf Althusser - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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<strong>Althusser</strong>s „Selbstkritik" 983<br />
Denunziation der Gegner 18 , als Metapher, die sich zu einem heuristischen<br />
Instrument bzw. zu einem Mittel der Beschreibung/Wertung<br />
auswächst, greift sie in die je „gelesene" <strong>Theorie</strong> selbst ein terminiert<br />
damit Anfangsschwierigkeiten wie Aporien der „Lektüre" 20 ,<br />
transformiert also Inhalte nach ihrem Bilde. <strong>Althusser</strong> ist sich bewußt,<br />
daß er so verfährt, ja geht so weit, philosophische Arbeit ganz im Sinne<br />
Lacans als Spiel <strong>auf</strong> dem Sprachinstrument, als „nur metaphorisch"<br />
zu definieren 21 , d.h. als nach seinem eigenen Modus sich Fortzeugendes,<br />
womit dann der leiseste Gedanke an Widerspiegelung ausgelöscht<br />
ist. So ist es nicht verwunderlich, daß bei <strong>Althusser</strong> mit der<br />
Ausklammerung dieser Grundfrage auch wieder ein Kernstück der<br />
modernen bürgerlichen Philosophie, das Theorem des Zweifels/Irrtums,<br />
zu nicht unbeträchtlichen Ehren kommt. Doch zurück zu Spinoza,<br />
wo die Intrusion des „Lacanismus" am deutlichsten wird. Zwei<br />
Ebenen seiner Nutzung kann man unterscheiden: Spinoza selbst muß<br />
<strong>auf</strong> „lacanistische" Manier und <strong>auf</strong> bei Lacan (und bei <strong>Althusser</strong><br />
selbst) wiederkehrende Inhalte hin „gelesen" werden, um dann seine<br />
Mittlerrolle spielen zu können. Dazu stellt <strong>Althusser</strong> fest, dies sei<br />
keinesfalls ein Mißbrauch Spinozas (73), da dieser doch als einer der<br />
ersten einer richtigen Fassung der Ideologie nahegekommen sei, wobei<br />
„richtig" ein althusser-lacanistischer „matérialisme de l'imaginaire"<br />
genannt wird (72 f.), und außerdem habe er, ebenfalls wie <strong>Althusser</strong><br />
und Lacan, Abstand von jeglicher Subjekt-Gläubigkeit gehabt (70 f.,<br />
74) und jede Erkenntnistheorie, dort vor allem die Wahrheitsfrage<br />
(74 ff.), abgelehnt. Dieser „Spinoza" nun wird vordergründig zur Hegel-Kritik,<br />
darüber hinaus aber, es sei denn, man akzeptiert einen<br />
à la „Spinoza"-Lacan beschnittenen Marx, zur Marx-Kritik eingesetzt.<br />
Ähnlich dem Verhältnis <strong>Althusser</strong>-Bachelard-Marx hat auch<br />
die Spinoza-Vermittlung eine mehr formale Seite, die eigentlich nur<br />
vor dem Hintergrund der Lacanschen Psychoanalyse verstanden<br />
18 Für sie sei die „coupure" — und nun Lacan-Begriffe reinsten<br />
Wassers aus der Lehre vom „Unbewußten": „gommé, effacée, raturée,<br />
déniée", S. 17.<br />
19 Cf. etwa die Beschreibung des Verhältnisses einer Wissenschaft zu<br />
ihrer Vorgeschichte, 28 ff., die sich wie die Lacansche Fassung des Verhältnisses<br />
von „Bewußtem"/„Unbewußtem", von Sein und ewig mitgeschleppt<br />
„Verdrängtem" liest. Bei Schöttler wird aus dem lacanistischen<br />
„son Autre" (= „Unbewußtes"/,,Vater"/Analytiker, S. 31) „ihr anderes"<br />
(S. 46) und damit ein nicht mehr psychoanalytischer, einfacher phänomenologischer<br />
Ausdruck.<br />
20 Cf. etwa die Beschreibung des Kampfes, den zwei philosophische<br />
Richtungen nach dem Bilde psychoanalytischer „Instanzen" austragen,<br />
S. 91. Schüttler mißversteht das Psychoanalysewort „investir" („besetzen")<br />
als militärisches „occuper" und kommt zu dem Schluß: „<strong>Althusser</strong>s Metaphorik<br />
ist bewußt martialisch" ! (S. 26).<br />
21 „Car en philosophie on ne peut penser ... que sous des métaphores",<br />
S. 18 f. und Note.<br />
, DAS ARGUMENT 94/1975 ©