Kaiserschnittgeburten – Entwicklung und regionale Verteilung
Kaiserschnittgeburten – Entwicklung und regionale Verteilung
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3 Bedarfsgerechte Versorgung <strong>und</strong> Evidenz<br />
Beckenendlage am Ende der regulären Schwangerschaftsdauer wird meist mit 3 % bis 5 % der<br />
Kinder angegeben. Nach den Daten des AQUA-Instituts wurden 5,5 % aller im Krankenhaus<br />
geborenen Kinder im Jahr 2010 aus Beckenendlage geboren, davon 87 % per Kaiserschnitt. Die<br />
Beckenendlage wurde 2010 bei 13 % der Kaiserschnitte als Indikation angegeben (AQUA 2011).<br />
Eine vaginale Geburt aus Beckenendlage birgt Risiken insbesondere für das Kind <strong>und</strong> sollte<br />
nach allgemeiner Meinung nur von entsprechend erfahrenen Geburtshelfern begleitet werden.<br />
Als Alternative kommt eine „äußere Wendung“ in Betracht, bei der durch manuelle äußere<br />
Eingriffe versucht wird, das Kind vor Geburtsbeginn in die Schädellage zu drehen. Der Versuch<br />
einer äußeren Wendung wird ab der 36./37. Schwangerschaftswoche empfohlen (NICE 2011);<br />
erfahrene Geburtshelfer haben eine Erfolgsquote zwischen 60 <strong>und</strong> 80 %, jedoch treten in 3 %<br />
der Fälle Komplikationen auf (Schneider & Husslein 2006).<br />
Die heutige geburtshilfliche Praxis bei Beckenendlage ist stark durch eine Studie beeinflusst<br />
worden, die mit Hilfe eines randomisierten Studiendesigns die Ergebnisse von geplanter vaginaler<br />
Entbindung <strong>und</strong> geplantem Kaiserschnitt bei reifen Einlingen verglichen hat (Term Breech<br />
Trial, Hannah et al. 2000). In der Studie wies die Kaiserschnittgruppe eine signifikant geringere<br />
peri- <strong>und</strong> neonatale Sterblichkeit <strong>und</strong> Morbidität auf. Aufgr<strong>und</strong> der Studienergebnisse wurden<br />
medizinische Leitlinien im Sinne der generellen Empfehlung zum Kaiserschnitt bei Beckenendlage<br />
angepasst. Der Term Breech Trial ist später methodisch stark kritisiert worden, bis hin zu<br />
der Schlussfolgerung, dass die beobachteten Todesfälle bzw. gravierenden Ges<strong>und</strong>heitsfolgen<br />
nicht dem jeweiligen Geburtsmodus kausal zugeordnet werden könnten (Glezerman 2006). Bei<br />
einer Nachuntersuchung der in der Studie erfassten Kinder zwei Jahre nach der Geburt konnten<br />
keinerlei Unterschiede in Bezug auf Sterblichkeit <strong>und</strong> neuropsychologische <strong>Entwicklung</strong> zwischen<br />
den vaginal bzw. per Sectio geborenen Kindern festgestellt werden (Whyte et al. 2004).<br />
In der 2011 aktualisierten Leitlinie des britischen NICE wird empfohlen, im Fall einer ansonsten<br />
komplikationsfreien Beckenendlage der Frau zunächst eine äußere Wendung anzubieten.<br />
Ist dies kontraindiziert oder nicht erfolgreich, soll ein geplanter Kaiserschnitt vorgeschlagen<br />
werden, weil dadurch die perinatale Mortalität <strong>und</strong> die neonatale Morbidität reduziert werden<br />
(NICE 2011).<br />
Fetale Makrosomie (Gewicht des Kindes über 4.500 g)<br />
Bei Kindern mit einem Gewicht oberhalb von 4.000 g <strong>–</strong> insbesondere oberhalb von 4.500 g <strong>–</strong><br />
steigt bei einer vaginalen Entbindung das Risiko einer Verletzung von Nervenbündeln, die den<br />
Arm versorgen, die zu einer dauerhaften neurologischen Schädigung führen kann (Parese das<br />
Plexus brachialis). Bei Verdacht auf ein sehr großes Kind sollte die Möglichkeit eines Kaiserschnitts<br />
erörtert werden (Weltrich & Beck 2005). Von den im Jahr 2010 geborenen Kindern hatten<br />
8,7 % ein Geburtsgewicht von 4.000 bis unter 4.500 g, 1,2 % hatten ein Gewicht von 4.500 g <strong>und</strong><br />
höher (AQUA 2011). Im Jahr 2005 lagen beide Anteilswerte noch etwas höher (9,1 % <strong>und</strong> 1,4 %).<br />
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