Kaiserschnittgeburten – Entwicklung und regionale Verteilung
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3 Bedarfsgerechte Versorgung <strong>und</strong> Evidenz<br />
Im Folgenden sollen einige dieser Hypothesen beleuchtet werden, die im Kontext der steigenden<br />
Sectiorate als Einflussfaktoren diskutiert werden. Nicht alle Argumente halten einer empirischen<br />
Überprüfung stand. Der folgende Vergleich nimmt dabei (teilweise) Veränderungen in den vergangenen<br />
zehn Jahren in den Blick. In diesem Zeitraum (2000 bis 2010) stieg die Kaiserschnittrate<br />
in Deutschland um 10,4 Prozentpunkte (von 21,5 % auf 31,9 %). Es ist davon auszugehen, dass die<br />
Ursachen für diesen Anstieg in wechselseitiger Beziehung zueinander stehen <strong>und</strong> nicht losgelöst<br />
von gesellschaftlichen <strong>und</strong> kulturellen Veränderungen zu betrachten sind. Bei der Vorstellung der<br />
Hypothesen wird darauf hingewiesen, ob bzw. welche empirischen Analysen der vorliegende Faktencheck<br />
in Kapitel 5 zu dem betreffenden Kontext bietet. In den Fällen, in denen keine eigenen<br />
Analysen möglich waren, erfolgt eine Diskussion auf Basis der bestehenden Literatur.<br />
… um 10 Prozentpunkte<br />
bzw. um 31 Prozent in<br />
den letzten zehn Jahren?<br />
3.4.1 Verändertes Risikoprofil der Schwangeren oder des Kindes<br />
Von medizinischer Seite wird vor allem das veränderte Risikoprofil der Schwangeren sowie eine<br />
veränderte Einstellung der Mütter (Stichwort „Wunschkaiserschnitt“; DGGG 2010a) hervorgehoben.<br />
Einige der am häufigsten genannten medizinischen Risiken werden im Folgenden kurz<br />
beleuchtet.<br />
3.4.1.1 Zunahme des Alters der Mutter<br />
In der Diskussion um die <strong>Entwicklung</strong> der Kaiserschnittrate wird häufig als ein wichtiger<br />
Begründungsansatz auf das deutlich gestiegene Durchschnittsalter der Mütter verwiesen. Da die<br />
Kaiserschnitthäufigkeit mit zunehmender Altersgruppe steigt, führe dies zwangsläufig zu einer<br />
Erhöhung der Kaiserschnittrate.<br />
Das Durchschnittsalter der Mutter bei der Geburt des ersten Kindes ist seit den 1960er Jahren kontinuierlich<br />
gestiegen. Es liegt heute bei 27,4 Jahren für Frauen aus den ostdeutschen <strong>und</strong> bei 29,2<br />
Jahren für Frauen aus den westdeutschen B<strong>und</strong>esländern; in den vergangenen zehn Jahren ist es<br />
um 1,2 Jahre in den alten B<strong>und</strong>esländern <strong>und</strong> 1,5 Jahre in den neuen B<strong>und</strong>esländern gestiegen 10<br />
(Statistisches B<strong>und</strong>esamt 2012b). Entsprechend liegt der Anteil der Frauen, die im Alter von über<br />
35 Jahren ein Kind bekommen, mittlerweile bei nahezu 20 % (Statistisches B<strong>und</strong>esamt 2012b).<br />
Im Mutterpass wird neben einem Alter unter 18 ein solches über 35 Jahre als Risikofaktor dokumentiert,<br />
da mit höherem Alter das Risiko für einige angeborene Fehlbildungen, Bluthochdruck<br />
<strong>und</strong> Diabetes mellitus steigt (Cleary-Goldman et al. 2005; Huang et al. 2008; Luke & Brown 2007).<br />
Fast 20 % der<br />
werdenden Mütter<br />
über 35 Jahre<br />
Das Alter der Mutter per se wird in keiner relevanten Quelle als Indikation zur Schnittentbindung<br />
genannt. Ausschlaggebend sollte nur das tatsächliche Auftreten konkreter Risiken sein, aber nicht<br />
das kalendarische Alter.<br />
Aber Alter per se<br />
kein Risikofaktor<br />
10<br />
Diese Zahlen beziehen sich in den verfügbaren Statistiken allerdings nur auf verheiratete Mütter („Mütter in bestehender Ehe“).<br />
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